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Augsburg
Augsburger Imam beklagt Einseitigkeit bei Beurteilung des Nahostkriegs
Der Imam der Ahmadiyya-Gemeinde in Oberhausen, Mohammad Luqman Shahid, verurteilt die Hamas. Er fürchtet, dass Muslime unter Generalverdacht gestellt werden.
Bait-un-Naseer Moschee in Augsburg.jpeg       -  Der Augsburger Imam Mohammad Luqman Shahid leitet seit 2019 die Bait-un-Naseer-Moschee in Augsburg-Oberhausen.
Foto: Silvio Wyszengrad | Der Augsburger Imam Mohammad Luqman Shahid leitet seit 2019 die Bait-un-Naseer-Moschee in Augsburg-Oberhausen.
Jonas Klimm
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:01 Uhr

Mohammad Luqman Shahid ist kein Lautsprecher. Der Imam der 2017 eröffneten Bait-un-Naseer-Moschee in der Donauwörther Straße wägt seine Worte. "Es ist mir ein Anliegen, in diesen unfriedlichen Zeiten die Haltung meiner Gemeinde darzustellen", sagt er. Shahid spielt auf den seit einem Monat fortdauernden Krieg in Nahost an. "Wir verurteilen die militante Hamas für ihre Taten aufs Schärfste." Vieles habe sich seit dem 7. Oktober aber auch zuungunsten seiner Gemeindemitglieder verändert. Der Imam beklagt eine vermeintliche Einseitigkeit in den Medien und der Politik zu dem Thema - und fordert mehr Differenzierung.

Shahid sagt, er spreche vom Standpunkt der Muslime aus. Die Ahmadiyya-Gemeinde ist aber vergleichsweise klein, in Augsburg hat sie nach eigenen Angaben aktuell 203 Mitglieder. Zum Vergleich: Der wirkmächtigste muslimische Verband in Deutschland, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religionen (DITIB), hat mehr als doppelt so viele Mitglieder in Augsburg und unterhält im Stadtgebiet drei Moscheen. Innerhalb des Islam nimmt die Ahmadiyya-Gemeinde eine Sonderrolle ein. Sie fand ihren Ursprung in den 1880er-Jahren in Britisch-Indien und versteht sich heute als Reformbewegung. Das führt dazu, dass ihre Mitglieder in zahlreichen muslimisch geprägten Ländern als Angehörige einer Sekte verfolgt werden. Auch in Pakistan, dem Land, aus dem Shahid ursprünglich stammt

Imam der Ahmadiyya-Gemeinde Augsburg plädiert für Friedenslösung

In Augsburg sei der Austausch der unterschiedlichen muslimischen Gemeinschaften aber herzlich, so Shahid. So deutlich wie er äußert sich sonst jedoch kein Augsburger Imam zum Nahostkrieg in der Öffentlichkeit. "Die islamische Theologie erlaubt nicht, dass Kinder, Frauen, Männer ermordet werden", sagt er. Die Ahmadiyya-Gemeinde hatte bereits unmittelbar nach dem Angriff der Hamas auf Israel ein Pressestatement herausgegeben, in dem sie die Terrororganisation kritisierte. "Wir plädieren für eine Friedenslösung, damit das Sterben der Zivilisten auf beiden Seiten aufhört", sagt Shahid.

Gleichzeitig wirft der Imam den Medien und der Politik vor, sich einseitig auf die Seite Israels zu stellen. Er bedauere, dass Menschenleben gegeneinander aufgerechnet würden. "Im Gaza-Streifen sterben jeden Tag kleine Kinder", sagt Shahid. Zudem führe die Debatte in Deutschland dazu, dass Muslime unter Generalverdacht gestellt würden. Konkrete Attacken habe es zwar auf seine Gemeindemitglieder nicht gegeben. Zudem begrüße er es, dass Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) kürzlich alle muslimischen Verbände an einen Runden Tisch eingeladen habe. Die allgemeine Stimmung sei aber zunehmend antimuslimisch, so der Imam. Besonders störe ihn, dass sich vorgeblich alle Muslime von den Hamas-Taten distanzieren müssten. "Es gibt aus der islamischen Lehre heraus keinen Antisemitismus", sagt Shahid. Er selbst habe sofort nach den Angriffen vom 7. Oktober mit dem Vorsitzenden der Israelischen Kultusgemeinde (IKG) in Augsburg telefoniert und ihm sein Beileid ausgesprochen. 

Antisemitismus gibt es auch unter zahlreichen Muslimen in Augsburg

Zweifelsohne gibt es jedoch antisemitische Einstellungen unter zahlreichen Muslimen - auch in Augsburg. Hört man sich dieser Tage bei türkisch- und arabischstämmigen Muslimen um, wird die Militanz der Hamas regelmäßig als "Befreiungskrieg" gerechtfertigt. Dann heißt es schnell mal, die Palästinenser würden sich nur gegen Israel verteidigen. Auch die Presse ist nicht gerne gesehen, so erhielt unsere Redaktion zuletzt keinen Zutritt in die Cargi-Moschee in der Pilgerhausstraße. Diese ist der Milli-Görüs-Bewegung zuzuordnen und wird vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. DITIB äußerte sich zudem bis Redaktionsschluss nicht zu unserer jüngsten Anfrage.

Shahid von der Ahmadiyya-Gemeinde will es anders machen. Er verteidigt das Verhältnis zwischen Muslimen und Juden in Augsburg. Eine seiner ersten Amtshandlungen als Imam sei das Putzen von Stolpersteinen mit Jugendlichen aus seiner Gemeinde gewesen. "Ich wollte ihnen damit den Schrecken des Holocausts näherbringen", erklärt er die Idee. Diese Aktion habe er am Dienstag anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht vor 85 Jahren wiederholt. Nach dem antisemitischen Attentat in Halle im Oktober 2019 habe er zudem den Kontakt mit der IKG Augsburg gesucht. Diese hätten die Ahmadiyya-Gemeinde wiederum zum gemeinsamen Frühstück eingeladen. Die Botschaft "Nie wieder" wolle er weiterhin mit Leben erfüllen, so Shahid.

 
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