![Pflegekraft.jpeg - Pflegebedürftige haben die gleichen Rechte wie jeder andere Mensch. Mit der Pflege-Charta sollen sie gestärkt werden. Pflegekraft.jpeg - Pflegebedürftige haben die gleichen Rechte wie jeder andere Mensch. Mit der Pflege-Charta sollen sie gestärkt werden.](/storage/image/0/6/8/4/10344860_pflegekraft-jpeg_app-article-teaser-large_1BOUsY_VQmbcA.jpg)
Wer in Deutschland pflegebedürftig wird, kann einen Pflegegrad beantragen und so für die häusliche oder stationäre Pflege finanzielle Unterstützung von der Pflegeversicherung erhalten. Insgesamt gibt es fünf Pflegegrade, deren Berechnung auf der Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen beruht. Selbst mit Pflegegrad 5 und erheblichen Einschränkungen ist es wichtig, dass Menschen mit Hilfe- und Pflegebedarf nicht in ihren Rechten eingeschränkt werden. Dafür gibt es die deutsche Pflege-Charta.
Was ist die Pflege-Charta? Und welches Ziel hat sie?
Wie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) auf wege-zur-pflege.de erklärt, wurde die Pflege-Charta von Vertreterinnen und Vertretern aus allen Bereichen der Pflege und Selbsthilfe erarbeitet, um sicherzustellen, dass sich die Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen in ihrem Alltag widerspiegeln.
Der Pflege-Charta zufolge hat jeder Mensch - ob pflegebedürftig oder nicht - uneingeschränkt Anspruch darauf, dass "seine Würde und Einzigartigkeit respektiert werden". Ziel ist es daher, die Rechte Pflegebedürftiger zu stärken, damit sie "in ihrer besonderen Lebenssituation in keiner Weise benachteiligt werden". In diesem Punkt komme dem Staat und der Gesellschaft eine besondere Verantwortung zu, da Menschen, die auf Hilfe und Pflege angewiesen sind, sich häufig nicht selbst vertreten können.
Was steht in der Pflege-Charta?
In der Pflege-Charta sind laut dem BMFSFJ in acht Artikeln grundlegende Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen zusammengefasst und erklärt. Zugleich werden außerdem Qualitätsmerkmale einer guten Versorgung aufgezeigt, die sowohl professionelle wie auch private Pflegepersonen beachten sollten.
Aus diesen acht Artikeln besteht die Pflege-Charta:
Artikel 1: Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe - Gemeint ist, dass jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch das Recht auf Hilfe zur Selbsthilfe sowie auf Unterstützung hat, um ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges Leben führen zu können. Dazu zählen:
- Pflegebedürftige haben das Recht, dass ihr Wille und ihre Entscheidungen beachtet werden sowie auf Fürsprache und Unterstützung.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Ziele und Wünsche sollten unter den rechtlichen und praktischen Möglichkeiten verwirklicht werden.
- Pflegebedürftige haben das Recht, Leistungen und Anbieter für ihre Pflege, Betreuung und Behandlung selbst zu wählen.
- Pflegebedürftige haben das Recht, dass ihre Lebensweise, ihre geschlechtliche Identität sowie ihre Sexualität respektiert wird und sie aufgrund dieser nicht diskriminiert werden.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf Beratung und Unterstützung, um weitgehend unabhängig von der Hilfe anderer zu sein. Dabei geht es insbesondere um Gesundheitsförderung und Prävention.
- Pflegebedürftige haben das Recht, finanzielle, behördliche oder rechtsgeschäftliche Angelegenheiten selbst zu regeln. Dabei sollten sie die erforderliche Unterstützung erhalten.
- Für den Fall, dass Pflegebedürftige ihren Willen später nicht mehr äußern können, haben sie das Recht, Vollmachten und Verfügungen zu erstellen, die berücksichtigt werden müssen.
- Die Selbstbestimmung Pflegebedürftiger hat ihre Grenzen, zum Beispiel, wenn Rechte anderer berührt oder verletzt werden.
Artikel 2: Körperliche und seelische Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit - Gemeint ist, dass jede hilfe- und pflegebedürftige Person das Recht hat, vor Gefahren für Leib und Seele geschützt zu werden. Das bedeutet:
- Pflegebedürftige haben das Recht, vor Gewalt geschützt zu werden. So dürfen sie etwa nicht gegen ihren Willen gepflegt oder behandelt werden, sie dürfen nicht grob angefasst, geschubst, geschlagen, verletzt oder missbraucht werden. Auch dürfen sie nicht herabgesetzt, beleidigt, bedroht oder missachtet werden.
- Pflegebedürftige haben das Recht, vor körperlicher oder seelischer Vernachlässigung geschützt zu werden.
- Pflegebedürftige haben das Recht, vor unsachgemäßer Pflege und Behandlung geschützt zu werden, durch die sie zu Schaden kommen könnten.
- Pflegebedürftige haben das Recht, vor freiheitseinschränkenden Maßnahmen durch Einschließen, Angurten oder Verabreichen ruhigstellender Medikamente ohne medizinische Notwendigkeit geschützt zu werden.
- Pflegebedürftige müssen Gewalt, Vernachlässigung, unsachgemäße Pflege und Behandlung sowie freiheitseinschränkende Maßnahmen nicht dulden und können erwarten, dass Pflegende, Ärztinnen, Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten auf Anzeichen achten und ihnen helfen.
Artikel 3: Privatheit - Gemeint ist, dass hilfe- und pflegebedürftige Personen das Recht auf Wahrung und Schutz ihrer Privat- und Intimsphäre haben. Das bedeutet:
- Pflegebedürftige haben das Recht, dass ihrem persönlichen Lebensbereich mit Achtsamkeit und Respekt begegnet wird.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf eine Rückzugsmöglichkeit.
- Pflegebedürftige haben das Recht, ihren persönlichen Lebensbereich mit privaten Gegenständen und privater Einrichtung auszustatten - auch in einer Pflegeeinrichtung.
- Pflegebedürftige haben das Recht, dass Pflegepersonen und Menschen, die sie behandeln, einfühlsam und diskret sind sowie ihr Schamgefühl beachten.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf die Wahrung des Briefgeheimnisses und dürfen selbst eine Person ihres Vertrauens bestimmen, die sie, wenn nötig, beim Schreiben oder Versenden unterstützt.
- Pflegebedürftige haben das Recht, dass mit ihren Daten und Dokumenten vertraulich umgegangen wird.
- Je nach Ausmaß der Pflegebedürftigkeit kann der Schutz der Privatheit Grenzen haben.
Artikel 4: Pflege, Betreuung und Behandlung - Gemeint ist, dass jede hilfe- und pflegebedürftige Person das Recht auf eine am persönlichen Bedarf ausgerichtete, gesundheitsfördernde und qualifizierte Pflege, Betreuung und Behandlung hat. Das bedeutet:
- Pflegebedürftige haben das Recht auf eine fachlich kompetente und zugewandte Pflege, Betreuung und Behandlung.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf eine individuelle Pflege.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf eine geplante, mit ihnen angestimmte und zielgerichtete Pflege.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf eine feste Ansprechperson, die mit ihrer Situation vertraut ist.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf eine aktivierende Pflege, die sie dabei unterstützt, ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf eine bedürfnisgerechte Ernährung.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf fachgerechte Linderung von Beschwerden.
- Alle an der Pflege, Betreuung und Behandlung einer pflegebedürftigen Person Beteiligten sollten im Interesse dieser miteinander kommunizieren und kooperieren.
- Auch mit Angehörigen und ehrenamtlichen Helfern sollte zusammengearbeitet werden.
- Pflegebedürftige haben das Recht, sich zu beschweren sowie auf eine angemessene Reaktion.
Artikel 5: Information, Beratung und Aufklärung - Gemeint ist, dass jede hilfe- und pflegebedürftige Person das Recht auf umfassende Informationen über Möglichkeiten und Angebote der Beratung, der Hilfe und Pflege sowie der Behandlung hat. Das bedeutet:
- Pflegebedürftige haben das Recht auf eine umfassende, individuelle, unabhängige und fachlich kompetente Beratung.
- Pflegebedürftige können die zuständige Ansprechperson für die Beratung selbst wählen.
- Pflegende Angehörige haben Anspruch auf kostenfreie Anleitung und Schulung zur Pflege.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf umfassende und verständliche Informationen über Kosten und Leistungen von Pflegeangeboten.
- Pflegebedürftige haben das Recht auf medizinische und pflegerische Aufklärung sowie Beratung.
- Pflegebedürftige haben das Recht, jederzeit in sie betreffende Dokumente Einsicht zu nehmen.
Artikel 6: Kommunikation, Wertschätzung und Teilhabe an der Gesellschaft - Gemeint ist, dass jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch das Recht auf Wertschätzung, den Austausch mit anderen Menschen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hat. Das bedeutet:
- Pflegebedürftige können erwarten, dass ihre Bedürfnisse und Erfordernisse zur Verständigung beachtet werden.
- Pflegebedürftige haben das Recht, ihren Alltag so zu gestalten, wie es ihren Interessen und Fähigkeiten entspricht und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
- Wohnen Pflegebedürftige in einem Pflegeheim, haben sie das Recht, an Entscheidungen, die das Leben in der Einrichtung betreffen, mitzuwirken.
- Pflegebedürftige haben das Recht, an allgemeinen politischen Wahlen teilzunehmen.
Artikel 7: Religion, Kultur und Weltanschauung - Gemeint ist, dass hilfe- und pflegebedürftige Personen das Recht haben, ihrer Kultur und Weltanschauung entsprechend zu leben und ihre Religion auszuüben. Das bedeutet:
- Pflegebedürftige können eine kultursensible Pflege, Betreuung und Behandlung erwarten, die ihre kulturellen, weltanschaulichen und religiösen Werte, Gewohnheiten und Bedürfnisse berücksichtigt.
Artikel 8: Palliative Begleitung, Sterben und Tod - Gemeint ist, dass jede hilfe- und pflegebedürftige Person das Recht hat, in Würde zu sterben. Das bedeutet:
- Pflegebedürftige haben das Recht auf eine individuelle Sterbebegleitung.
- In die Sterbebegleitung sollten der pflegebedürftigen Person nahestehende Menschen einbezogen und professionell unterstützt werden.
- Pflegebedürftige haben das Recht zur Selbstbestimmung am Lebensende und können über das Ausmaß einer Behandlung oder lebensverlängernde Maßnahmen angesichts des nahenden Todes selbst entscheiden. In Deutschland darf der Tod allerdings auch auf Verlangen nicht von einer anderen Person herbeigeführt werden.
- Auch Verstorbene haben das Recht auf Respekt. So muss Nahestehenden etwa ausreichend Zeit gegeben werden, um Abschied zu nehmen. Außerdem können Pflegebedürftige schon vorher festlegen, was nach dem Tod mit ihrem Körper passieren soll.