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Pflege: Was ist das Haftungsrecht?
Das Haftungsrecht in der Pflege hat im Umgang mit Pflegebedürftigen eine große Bedeutung. Erfahren Sie hier, was Sie über die zivilrechtlichen Aspekte wissen müssen.
Eine pflegende Person mit einer Seniorin.jpeg       -  Pflege ist ein rechtlich heikles Pflaster.
Foto: Tom Weller, dpa/dpa-tmn (Symbolfoto) | Pflege ist ein rechtlich heikles Pflaster.
Ann-Katrin Hahner
 |  aktualisiert: 24.04.2024 08:52 Uhr

Die Pflege spielt in unserem Gesundheitssystem eine zentrale Rolle, wodurch auch das Thema Haftungsrecht immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die Frage der Haftung in der Pflege betrifft nicht nur Pflegekräfte und Pflegedienstleister, sondern auch die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen. Sie wirft wichtige Fragen auf: Wer trägt die Verantwortung, wenn etwas schiefgeht? Wie wird der Schutz der Pflegebedürftigen gewährleistet, und wie wird gleichzeitig sichergestellt, dass Pflegekräfte fair behandelt werden? In den folgenden Abschnitten gehen wir dieser Frage nach und behandeln die zivilrechtlichen Aspekte des Haftungsrechts in der Pflege. Die strafrechtlichen Aspekte wie fahrlässige Körperverletzung, spielen in diesem Artikel keine Rolle.

Übrigens: Wer sich mit dem Thema Pflege beschäftigt, sollte sich vor allem über die Pflegegrade informieren. Insgesamt unterscheiden sich Pflegegrad 1, 2, 3, 4, und 5 sehr stark in ihrem Leistungsumfang. Die Pflegegrade bestimmen unter anderem auch die Höhe des Pflegegeldes. Dieses ist im Jahr 2024 noch einmal steigen.

Pflege: Was ist das Haftungsrecht in der Pflege?

Das Haftungsrecht in der Pflege ist ein komplexes Thema, welches sowohl Pflegekräfte als auch Pflegebedürftige und ihre Angehörigen betreffen kann. Im Kern geht es bei der zivilrechtlichen Haftung der Pflege sowohl um die Beschädigung oder Verluste von Eigentum, als auch die Verletzung von Personen und darum, die rechtliche Verantwortung für solche Schäden zu regeln. Zivilrechtliche Verfahren haben zum Ziel, den Geschädigten für erlittene Schäden zu entschädigen und können dadurch finanzielle oder auch nicht-finanzielle Konsequenzen für den Haftenden haben, schreibt die Kanzlei Kotz über Haftungsarten im Zivilrecht.

Rechtlich wird laut dem Versicherer Allianz hierbei zwischen Sachschäden und Personenschäden unterschieden. Sachschäden beziehen sich auf die Beschädigung oder Zerstörung von Eigentum, also beispielsweise wenn eine Pflegekraft versehentlich ein Familienerbstück des Pflegebedürftigen beschädigen würde. In solchen Fällen können der Pflegebedürftige oder die Angehörigen Schadenersatz für materiellen Verlust verlangen. Bei Personenschäden hingegen geht es um körperliche oder psychische Verletzungen, die der Pflegebedürftige erleidet. Dazu würden leichte Verletzungen aber auch schwerwiegende Gesundheitsschäden zählen, beispielsweise durch unzureichende Pflege oder Behandlungsfehler. Auch hier können Schadenersatz oder gegebenenfalls Schmerzensgeld gefordert werden.

Im Pflegerecht sind dabei sowohl die vertragliche Haftung nach Paragraf 280 Abs. 1 BGB als auch die deliktische Haftung nach den Paragrafen 823 ff. BGB relevant. Die vertragliche Haftung greift laut der IHK Dortmund, wenn eine Vertragspartei ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt und dadurch Schäden entstehen. Die Haftung beziehe sich dann auf die Einhaltung der vereinbarten Leistung. Wer den Schaden verursacht habe, sei dann verpflichtet für die Schlecht- oder Nichtleistung aufzukommen.

Im Kontext der Pflege wäre dies beispielsweise der Pflegevertrag zwischen einem Pflegedienst und einem Patienten oder dessen Angehörigen. Hingegen werde die deliktische Haftung durch eine unerlaubte Handlung ausgelöst, also beispielsweise einem Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften. Sie kann auch Personen betreffen, die in keiner vertraglichen Beziehung zueinander stehen. Die deliktische Haftung beziehe sich auf das Verhalten, das nicht vom Vertrag erfasst werde und könne beispielsweise bei Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen auftreten. Im Pflegekontext wäre dies beispielsweise der Fall, wenn eine Pflegekraft einen Patienten fahrlässig verletzt.

In beiden Fällen müsste zunächst eine Verletzung von vertraglichen Pflichten oder von Rechtsgütern (Gesundheit, Freiheit, Eigentum) nachgewiesen werden, um Schadenersatzansprüche geltend machen zu können. Würde keine Einigung erreicht werden, wäre der nächste Schritt ein gerichtliches Verfahren. Sowohl bei der vertraglichen als auch der deliktischen Haftung spielt die Fahrlässigkeit eine große Rolle.

Fahrlässigkeit und ihre Rolle beim Haftungsrecht in der Pflege

Im Zivilrecht bezieht sich Fahrlässigkeit auf das Außerachtlassen der im Verkehr objektiv erforderlichen Sorgfalt, heißt es im Gabler Wirtschaftslexikon. Es wird zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit unterschieden, wobei die einfache Fahrlässigkeit vorliegt, wenn eine Person die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Grobe Fahrlässigkeit tritt auf, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße nicht hinreichend berücksichtigt wird.

In Fällen, in denen Fahrlässigkeit eine Rolle spielt, haftet der Pflegedienst für Schäden, die durch seine Mitarbeiter verursacht werden, selbst wenn er selbst nicht fahrlässig gehandelt hat. Dies gilt auch für Schäden, die durch die Auswahl unqualifizierten Personals entstehen oder wenn beispielsweise Pflegestandards nicht eingehalten werden. Für Pflegekräfte hat der "innerbetriebliche Schadensausgleich" allerdings eine große Bedeutung, den der Arbeitgeber als einen Ersatz für den Haftungsanteil von der betroffenen Pflegekraft, also dem Arbeitnehmer, verlangen kann. Dabei spielt laut der Verrechnungsstelle PVS Reiss der Grad der Fahrlässigkeit eine entscheidende Rolle:

  1. Leichte Fahrlässigkeit: Bei leichter Fahrlässigkeit, die kleine, leicht entschuldbare Fehler oder Unachtsamkeiten umfasst (wie das versehentliche Herunterwerfen eines Wasserglases), haftet der Arbeitnehmer nicht. In solchen Fällen übernimmt der Arbeitgeber, beispielsweise der Pflegedienst oder das Altenheim, die volle Haftung.
  2. Mittlere Fahrlässigkeit: Liegt mittlere Fahrlässigkeit vor, die sich zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit bewegt, wird die Haftung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt. Die genaue Aufteilung hängt von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab.
  3. Grobe Fahrlässigkeit/Vorsatz: Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz, also wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße missachtet wurde, haftet der Arbeitnehmer in der Regel selbst. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn offensichtliche Überlegungen nicht angestellt wurden und das, was jedem einleuchten müsste, nicht beachtet wurde.

Zum Unterschied zwischen grober Fahrlässigkeit und dem Vorsatz: Im Gegensatz zu der groben Fahrlässigkeit bezieht sich Vorsatz laut der Deutschen Schadenshilfe (DSH) darauf, dass die schädigende Handlung wissentlich und aktiv erfolgt, wobei der Schaden nicht das Ziel des Handelns war, sondern in Kauf genommen wurde.

Das Portal medirocket.de weist daraufhin, dass in dem Fall der mittleren oder groben Fahrlässigkeit meist die Betriebshaftpflichtversicherung beziehungsweise die Berufshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers greift. Das Portal weist allerdings darauf hin, dass nicht immer alle Arten von Fahrlässigkeiten abgedeckt sind. Es lohne sich daher, sich vorab zu informieren, um sich im Fall der Fälle vor Schadensersatzforderungen zu schützen.

Übrigens: Ganz gleich ob sie eine Ausbildung haben oder nicht - der Lohn für Pflegekräfte wird von 2023 bis 2025 noch einmal ansteigen. Weil das Pflegegeld aber zunächst nicht merklich steigt, profitieren pflegende Angehörige finanziell in den kommenden Jahren eher weniger.



Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Die Inhalte erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Aktualität. Für rechtliche Fragen empfehlen wir, sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt zu wenden. Der Autor und Herausgeber übernehmen keine Haftung für Handlungen, die auf Basis der hier bereitgestellten Informationen unternommen werden.

 
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