Dass Angehörige, Freunde oder man selbst einmal auf Pflege angewiesen sein könnte, daran will wohl kaum jemand denken. Trotzdem sollte ein möglicher Pflegefall nicht außer Acht gelassen werden, denn Pflege ist teuer. Die Pflegeversicherung übernimmt zwar einen Teil der Kosten, jedoch längst nicht alles. Dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) zufolge fallen insbesondere für die Pflege in Pflegeheimen "hohe zusätzliche, privat zu tragende Kosten an". Bei fehlender privater Vorsorge könne demnach "eine finanzielle Überforderung im Pflegefall drohen".
Wie kann man also privat vorsorgen? Und muss es sich dabei um eine Pflegezusatzversicherung handeln oder kann die Vorsorge auch unspezifisch sein, um auch in anderen Notlagen genutzt werden zu können?
Übrigens: Im Januar 2024 ist der Eigenanteil im Pflegeheim erneut gestiegen - obwohl die staatlichen Zuschläge für Pflegeheim-Bewohnerinnen und Bewohner zuletzt erhöht wurden. Aktuell liegt der Eigenanteil im Bundesdurchschnitt laut einer Auswertung des Verbands der Ersatzkassen (VDEK) bei 2783 Euro - davon wird je nach Aufenthaltsdauer noch der Entlastungszuschlag in Höhe von 15, 30, 50 oder 75 Prozent des Eigenanteils abgezogen. Im Januar 2023 war die finanzielle Belastung um 315 Euro geringer und lag bei im Schnitt 2468 Euro.
Private Vorsorge für den Pflegefall: Wie ist die Lage in Deutschland?
Da die Pflegeversicherung in Deutschland nur einen Teil der Pflegekosten übernimmt, hat das IW in einer Befragung untersucht, wie die Deutschen für den Pflegefall vorsorgen. Dabei stammen die aktuellsten Zahlen des Instituts, die im Oktober 2019 veröffentlicht wurden, aus dem Jahr 2017. Wie damals mit dem Pflegekostenrisiko umgegangen wurde, dürfte dennoch übertragbar sein. Dem IW zufolge ergibt sich folgendes Bild:
Ein Teil der Bevölkerung unterschätzte das Pflegekostenrisiko und ging von deutlich zu geringen Pflegekosten aus. Nur etwa fünf Prozent der gesetzlich Pflegeversicherten waren privat zusatzversichert. Außerdem schien für den Pflegefall eine unspezifische Vorsorge mittels Ersparnissen und Vermögenswerten bevorzugt zu werden. Einige der untersuchten Haushalte hätten sich die Pflege zum Beispiel in einem Pflegeheim nicht leisten können.
Dem IW zufolge verfügten im Untersuchungszeitraum 45 Prozent aller Haushalte anhand des Nettovermögens nicht über ausreichende Mittel, um die durchschnittlichen Kosten für die stationäre Pflege aufbringen zu können. Anhand des Nettoeinkommens wären 50 Prozent aller Haushalte nicht dazu in der Lage gewesen. Eine kombinierte Analyse von Einkommen und Vermögen zeigte, dass rund 34 Prozent aller Haushalte die durchschnittlichen Pflegeheimkosten nicht hätten leisten können.
Private Vorsorge in der Pflege: Welche Möglichkeiten gibt es?
Bei der privaten Vorsorge für den Pflegefall geht es darum, eine mögliche Finanzierungslücke zu schließen. Ziel ist es, nicht alle Ersparnisse aufbrauchen zu müssen oder irgendwann auf Hilfe zur Pflege angewiesen zu sein. Laut dem Pflegeportal pflege.de gibt es verschiedene Möglichkeiten, um das Pflegekostenrisiko zu mindern. Dazu kann etwa eine private Pflegezusatzversicherung oder eine Pflege-Bahr-Versicherung abgeschlossen werden. Außerdem besteht die Möglichkeit über Rücklagen selbst für eine finanzielle Absicherung für den Pflegefall zu sorgen.
Private Vorsorge für den Pflegefall: Welche Pflegezusatzversicherungen gibt es?
Wer eine Pflegezusatzversicherung abschließen möchte, hat laut der Verbraucherzentrale die Wahl zwischen drei verschiedenen Produkten mit unterschiedlichen Vereinbarungen:
- Pflegetagegeld-Versicherung: Mit der Versicherung wird laut dem Finanzratgeber Finanztip ein fester Tagegeld-Betrag für den Pflegefall vereinbart. Die Höhe der Leistung hängt dabei vom Pflegegrad ab und ist ähnlich wie das Pflegegeld an keinen bestimmten Zweck gebunden.
- Pflegekosten-Versicherung: Die Versicherung übernimmt anhand von eingereichten Rechnungen den Eigenanteil der Pflegekosten oder erhöht die Leistung der Pflegekasse. Unter Umständen bleiben Pflegebedürftige also trotz Zusatzversicherung auf einem Teil der Kosten sitzen.
- Pflege-Rentenversicherung: Während die Versicherungsbeiträge bei den beiden zuvor genannten Modellen mit der Zeit steigen können, sind sie bei der Pflege-Rentenversicherung für die gesamte Lauzeit festgelegt. Tritt der Pflegefall ein, zahlt die Versicherung eine monatliche Pflege-Rente aus - meist nach Pflegegrad gestaffelt.
Bei allen drei Modellen hängt der Beitrag vom Alter und dem Gesundheitszustand der versicherten Person ab. Nur vom Alter abhängig sind hingegen Pflege-Bahr-Versicherungen. Laut pflege.de handelt es sich dabei um eine staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung. Die Versicherung in Form einer Pflegetagegeld-Versicherung wird mit fünf Euro pro Monat, also 60 Euro pro Jahr, bezuschusst und darf im Gegenzug keine Gesundheitsprüfung voraussetzen. Laut dem Bundesgesundheitsministerium handelt es sich bei den Versicherungsleistungen um Geldleistungen, die in ihrer Höhe an den Pflegegrad angepasst sind. Bei Pflegegrad 5 müssen mindestens 600 Euro pro Monat ausgezahlt werden. Wie bei der Pflegekosten-Versicherung, kann es also auch bei diesem Modell passieren, dass Pflegebedürftige einen Teil der Pflegekosten trotzdem selbst zahlen müssen.
Je später im Leben eine Pflegezusatzversicherung abgeschlossen wird, desto höher sind in der Regel die Beiträge, die meist über Jahre oder Jahrzehnte gezahlt werden müssen. Auch das muss man sich leisten können. Die Verbraucherzentrale rät daher zunächst zu prüfen, ob sich eine Versicherung lohnt, oder ob ausreichend Vermögen vorhanden ist, das im Pflegefall genutzt werden könnte.
Unspezifische Vorsorge für den Pflegefall: Wer kann sich über Rücklagen finanziell absichern?
Pflege, insbesondere eine langjährige Pflege ist teuer. Darüber muss man sich im Klaren sein, wenn man für die Vorsorge auf finanzielle Rücklagen zur Absicherung setzt. Laut pflege.de muss eine pflegebedürftige Person mit Pflegegrad 3 aktuell pro Jahr im Durchschnitt mit Kosten in Höhe von rund 20.000 Euro rechnen, die selbst gezahlt werden müssen. Je nach Intensität und Art der Pflege sowie je nach Bundesland können die Kosten abweichen und höher oder geringer ausfallen.
Geht man von einer Unterbringung im Pflegeheim - die teuerste Form der Pflege - aus und zieht den vom VDEK errechneten bundesdurchschnittlichen Eigenanteil von 2783 Euro heran, würden die jährlichen Kosten im Durchschnitt bei 33.396 Euro liegen. Davon wird je nach Aufenthaltsdauer noch der Zuschlag in Höhe von 15, 30, 50 oder 75 Prozent des Eigenanteils abgezogen. So würden sich jährliche Kosten in Höhe von durchschnittlich 30.912 Euro, 28.440 Euro, 25.140 Euro oder 21.000 Euro ergeben.
Aber: Die Kosten für die Pflege steigen immer wieder. Laut dem Verbraucherschutzverband BIVA-Pflegeschutzbund werden Kostensteigerungen im "aktuellen Pflegesystem fast ausschließlich durch die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen getragen". Es sei daher unmöglich genau vorauszusagen, wie teuer die Pflege einer Person einmal sein werde.
Zu den verschiedenen Möglichkeiten zur privaten Vorsorge für einen möglichen Pflegefall kann man sich zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale beraten lassen. Auch der BIVA-Pflegeschutzbund bietet Beratung an.