Pflegebedürftige Menschen entscheiden sich in Deutschland häufig für die häusliche Pflege durch Angehörige. Über die Pflegeversicherung erhalten sie je nach Pflegegrad unterschiedliche finanzielle Leistungen sowie Sachleistungen. Auch wer sich für die Pflege in einem Pflegeheim entscheidet, wird von der Pflegekasse unterstützt. Egal ob ambulant oder stationär, in beiden Fällen müssen die Pflegebedürftigen einen Eigenanteil beziehungsweise Zuzahlungen selbst übernehmen.
Aber: Menschen, die in einem Pflegeheim wohnen, mussten 2023 deutlich tiefer in die Tasche greifen, als zu gleichen Zeit 2022. Wie eine Auswertung des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK) vom 1. Juli 2023 zeigt, sind die Zuzahlungen für Bewohnerinnen und Bewohner erneut stark angestiegen. Alles, was Sie dazu wissen müssen, lesen Sie hier.
Update: Inzwischen gibt es neue Zahlen vom 1. Januar 2024. Auch diese hat der VDEK ausgewertet.
Zuzahlung im Pflegeheim stark angestiegen: Wie hoch ist sie?
Die Auswertung des VDEK hat gezeigt, dass Pflegebedürftige besonders im ersten Jahr ihres Aufenthalts in einem Pflegeheim von den gestiegenen Kosten betroffen sind. Die monatliche Eigenbeteiligung war für diese Gruppe innerhalb eines Jahres im bundesweiten Durchschnitt um 348 Euro angestiegen. Während Betroffene 2022 noch 2.200 Euro pro Monat selbst zahlen mussten, waren es 2023 bereits 2.548 Euro.
Je länger die pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner bereits in einem Pflegeheim wohnten, desto geringer fielen die Mehrkosten laut dem VDEK im bundesweiten Durchschnitt aus:
- Pflegebedürftige im ersten Jahr: 348 Euro mehr (2022: 2.200 Euro; 2023: 2.548 Euro)
- Pflegebedürftige ab 12 Monaten Aufenthalt: 292 Euro mehr (2022: 2.007 Euro; 2023: 2.299 Euro)
- Pflegebedürftige ab 24 Monaten Aufenthalt: 236 Euro mehr (2022: 1.814 Euro; 2023: 2.050 Euro)
- Pflegebedürftige ab 36 Monaten Aufenthalt: 165 Euro mehr (2022: 1.573 Euro; 2023: 1.738 Euro
Dauer im Pflegeheim: Warum zahlen manche Pflegebedürftige mehr?
Die höchste finanzielle Belastung durch die gestiegenen Zuzahlungen hatten laut dem VDEK Pflegebedürftige, die weniger als 12 Monate in einem Pflegeheim untergebracht waren. Die geringste Belastung hatten Pflegebedürftige, die bereits drei Jahre oder länger in einem Pflegeheim gewohnt haben. Doch warum ist das so?
Dem Verband zufolge liegt das an dem gestaffelten Zuschuss, den die Pflegekassen seit 2022 zu den pflegerischen Kosten beisteuern.
Die pflegerischen Kosten meinen den sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil, der über die Leistungsbeträge der Pflegekasse hinausgeht und von den Bewohnerinnen und Bewohnern selbst bezahlt werden muss. Der Eigenanteil variiert laut dem VDEK je nach Einrichtung, ist aber für die Pflegebedürftigen in einer Einrichtung unabhängig vom Pflegegrad einheitlich.
Seit 1. Januar 2022 beteiligen sich die Pflegekassen mit einer zusätzlichen Leistung an den Pflegekosten von Pflegebedürftigen in einem Pflegeheim. Abhängig ist dieser Zuschlag von der Bezugsdauer vollstationärer Pflegeleistungen - also von der Aufenthaltsdauer. Der Eigenanteil sinkt also mit der Zeit.
Geregelt ist das in § 43c SGB XI. Demnach erhalten Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 folgende Zuschläge von der Pflegekasse, abhängig von der Aufenthaltsdauer:
- Pflegebedürftige bis 12 Monate Aufenthalt: 5 Prozent des Eigenanteils
- Pflegebedürftige ab 12 Monaten Aufenthalt: 25 Prozent des Eigenanteils
- Pflegebedürftige ab 24 Monaten Aufenthalt: 45 Prozent des Eigenanteils
- Pflegebedürftige ab 36 Monaten Aufenthalt: 70 Prozent des Eigenanteils
Aus diesem Grund ist die finanzielle Mehrbelastung von 2022 auf 2023 für Pflegebedürftige mit einer geringen Aufenthaltsdauer höher als für diejenigen, die schon länger in einem Pflegeheim wohnen. Die gute Nachricht ist aber, zum 1. Januar 2024 steigen die Zuschläge im Pflegeheim. So hoch ist der Prozentsatz dann:
- Pflegebedürftige bis 12 Monate Aufenthalt: 15 Prozent des Eigenanteils
- Pflegebedürftige ab 12 Monaten Aufenthalt: 30 Prozent des Eigenanteils
- Pflegebedürftige ab 24 Monaten Aufenthalt: 50 Prozent des Eigenanteils
- Pflegebedürftige ab 36 Monaten Aufenthalt: 75 Prozent des Eigenanteils
Zuzahlungen: Warum ist der Eigenanteil im Pflegeheim gestiegen?
Grund für die stark angestiegenen Pflegeheim-Zuzahlungen ist laut dem VDEK insbesondere die seit September 2022 geltende Tariftreue-Regelung. Danach muss das Pflegepersonal mindestens nach Tarif bezahlt werden und die Mehrkosten werden eins zu eins in den Pflegesatz eingepreist. Dieser steigt also.
Aufgrund der aktuellen Tarifentwicklung geht der VDEK davon aus, dass der Eigenanteil in Pflegeheimen bis zum Jahresende noch weiter ansteigen wird. Hintergrund ist die neue Vorgabe zur Personalbemessung in der Pflege, die am 1. Juli 2023 in Kraft getreten ist.
Übrigens wurde in diesem Jahr die Pflegereform 2023 beschlossen, die viele Änderungen mit sich bringen wird.