Wenn die Kosten schnell und stark steigen und das Geld so schnell durch die Hände rinnt wie Sand, wird von den Unternehmen gern der Begriff der Kostenexplosion verwendet. Genau genommen dürfte das in den seltensten Fällen tatsächlich eingetreten sein, auch wenn die Rohstoffe ohne Frage sehr teuer geworden sind. Im Ries ist aus den oberen Etagen der großen Brauereien die Rede von "schwierigen Zeiten" und "Herausforderungen". Und ja, auch die Kostenexplosion wird genannt. Bei Maierbier in Nördlingen klingt die ganze Lage jedoch irgendwie anders.
Maierbier in Nördlingen: Energiepreise sind stabil
Zu den Zahlen: Die Kosten für Kronkorken haben sich mehr als verdoppelt, Strom- und Gaspreise waren im November 2022 mehr als siebenmal so hoch als ein Jahr zuvor. Das geht aus einer Mitgliederbefragung des Deutschen Brauer-Bunds hervor. Bierkisten, Bierfässer, Braumalz – 40, 60 und sogar 90 Prozent mehr gaben die befragten Brauereien an. Doch nicht überall wirken sich die Kosten im selben Umfang aus. Christian Maier von Maierbier in Nördlingen, quasi ein Ein-Mann-Unternehmen vor den Toren der Altstadt, kann zwar die beinahe Verdopplung der Malzpreise bestätigen. Hätte man ihn jedoch zu Gas- und Strompreisen befragt, hätte er von einer "tollen Sache" berichten können.
Als "tolle Sache" bezeichnet Maier, dass der bayerische Brauerbund erfolgreich verhandelt hat und seinen Mitgliedern faire Gas- und Strompreise anbieten kann. "Das hat uns gut durchgebracht", sagt Maier. Noch dazu habe er von den Holz- auf Kunststoffbierkästen umgestellt, was sich bei ihm auch finanziell bemerkbar mache, auch wenn der Bierabsatz noch nicht ganz auf dem Niveau vor der Pandemie sei.
Starkbierfest und Kraterbeben in Megesheim, Nördlinger Mess', Stadtmauerfest und Weihnachtsmarkt – im Maier'schen Bierjahr zählen ebendiese Veranstaltungen zu den Höhepunkten. Wie viel Bier er genau umsetzt, soll sein Geheimnis bleiben. Nur so viel verrät Christian Maier: Seinem Betrieb gehe es sehr gut. Nach vielen Jahren ohne Preisanpassung werde aber auch er in nächster Zeit nicht ohne auskommen, die sei jedoch wenn überhaupt "minimal".
Während sich Christian Maier nicht mal in die Nähe des Wörtchens Kostenexplosion wagt, gibt es bei der Brauerei Oettinger sogar eine Grafik mit dem Begriff in blauer Farbe und das weiße X eindrucksvoll mit einem mehrzackigen roten Stern versehen. Die Brauerei stellt dort die erwarteten Preise 2023 den Branchenpreisen von 2021 gegenüber, die auch der Deutsche Brauer-Bund heranzog. Demnach prognostiziert die Gruppe eine Verdoppelung der Malzpreise und der Gesamtkosten am Strom. Um 68 Prozent sollen die Kosten für Kohlensäure zunehmen und um 119 Prozent die für Zucker. Mehr Geld muss Oettinger vermutlich auch für Kronkorken (52 Prozent), Kartonagen (52), Dosendeckel (35) und Etiketten (35) ausgeben.
Bei der Oettinger Brauerei wird der Haustarifvertrag verhandelt
Einer der größten Posten steht aber vermutlich noch ins Haus. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-GaststättenHamburg (NGG) verhandelt in diesen Tagen den Haustarifvertrag bei Oettinger. In einem Schreiben der NGG, das unserer Redaktion vorliegt, werden elf Prozent gefordert. "Die Nullrunde war unser solidarischer Beitrag, da die Abwendung der Schließung des Standortes Gotha für uns Vorrang hatte", heißt es weiter. Die Gewerkschaft fordert eine Erhöhung über alle Entgeltgruppen bei Oettinger von 400 Euro brutto. Außerdem sollen die Ausbildungsvergütung um 150 Euro brutto in allen Ausbildungsjahren erhöht und die Azubis für mindestens zwölf weitere Monate übernommen werden. Letztlich setzt sich die Gewerkschaft dafür ein, dass der Manteltarifvertrag wieder in Kraft gesetzt wird.
Keine Kostenexplosion, dafür überproportionale Mehrkosten bei Energie, Malz und Kronkorken – davon ist die Rede beim Fürst Wallerstein Brauhaus. Wie berichtet, wird unter anderem auch deshalb das Bier auf den Nördlinger Festen teurer. Bemerkbar mache sich nicht nur die Inflation, sondern auch der Nachfrage-Rückgang. "Den Verbrauchern rinnt das Geld durch die Finger. Wo früher zwei Kisten Bier gekauft wurden, ist es heute nur noch eine", sagt Geschäftsführer Reinhard Holz. Das seien jedoch Herausforderungen, denen sich die Branche stellen müsse. Für das Brauhaus gesprochen sei er sich sicher, dass das auch gelinge.