Angesichts der dramatischen klimatischen Entwicklungen in vielen Regionen der Welt will auch Deutschland lieber heute als morgen weg von den fossilen und hin zu erneuerbaren Energien. Neben der derzeit alles überstrahlenden Wärmepumpe als Ersatz für Gas- oder Ölheizungen sollen dabei unter anderem auch Photovoltaik-Anlagen helfen, mit denen aus Sonnenlicht Strom erzeugt werden kann.
Doch wie soll der für die Natur und damit auch alle Lebewesen so wichtige Umschwung gelingen? In diesem Text geht es um die Photovoltaik-Strategie der Bundesregierung und um eine Petition zu Vereinfachungen von Balkonsolaranlagen.
Photovoltaik: Was steckt hinter dem Begriff?
Das Umweltbundesamt schreibt: "Photovoltaik nutzt die Sonnenenergie, indem die Strahlung der Sonne direkt in elektrische Energie umgewandelt wird." Zum Einsatz kommen demnach in erster Linie mono- und polykristalline Solarzellen. Diese "bestehen aus einem Halbleitermaterial, das unter dem Einfluss von Sonnenlicht Elektronen in Bewegung setzt und damit Strom erzeugt". Über einen Wechselrichter wird dieser Gleichstrom schließlich in Wechselstrom umgewandelt.
Neue Photovoltaik-Strategie der Bundesregierung: Was ist geplant?
Das Bundeswirtschaftsministerium von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sieht die Photovoltaik wegen ihrer geringen Kosten als "eine der wichtigsten Stromerzeugungsquellen in Deutschland und weltweit" an. Zudem gebe es weiterhin erhebliches Wachstumspotenzial. Dabei sei zu bedenken: Im Jahr 2012 lag der Zubau bei 30 Gigawatt (GW), Schätzungen zufolge könnte dieser Wert im Jahr 2023 bereits 300 GW betragen.
Für Deutschland sieht das Zubauziel demnach so aus: neun GW im Jahr 2023, 13 GW im Jahr 2024 und 18 GW im Jahr 2025. Ab 2026 werden 22 GW angestrebt, das hohe Niveau soll stabilisiert werden. Jeweils zur Hälfte soll der Zubau auf Dach- und auf Freiflächenanlagen verteilt werden.
Die Bundesregierung schaut auch bereits auf das Jahr 2030. Dann soll der Bruttostromverbrauch zu mindestens 80 Prozent aus erneuerbaren Energien bezogen werden. Für die Photovoltaik wird dann eine installierte Leistung von 215 GW anvisiert.
Geplant sind zwei aufeinanderfolgende Gesetzespakete, die auf die Namen Solarkpaket I und Solarpaket II hören. Ersteres soll dem Bundeskabinett noch vor der parlamentarischen Sommerpause zum Beschluss vorgelegt werden. Das Solarpaket II wird dann nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zum Solarpaket I in Angriff genommen.
Bereits im Jahr 2035 will sich Deutschland nahezu klimaneutral mit Strom versorgen. Dazu haben sich die G7-Staaten bekannt. Laut der Internationalen Energieagentur IEA ist dieser Zeitplan nötig, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.
Elf Schritte der Photovoltaik-Politik
Dafür nennt das Habeck-Haus elf wichtige Schritte:
- Freiflächenanlagen stärker ausbauen
- Photovoltaik auf dem Dach erleichtern
- Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung vereinfachen
- Nutzung von Balkon-Photovoltaik erleichtern
- Netzanschlüsse beschleunigen
- Akzeptanz stärken
- wirksame Verzahnung von Energie- und Steuerrecht sicherstellen
- Lieferketten sichern und wettbewerbsfähige, europäische Produktion anreizen
- Fachkräfte sichern
- Technologieentwicklung voranbringen
- den schnellen Photovoltaik-Ausbau auch mit europapolitischen Instrumenten vorantreiben
Freiflächenanlagen und Photovoltaik-Anlagen auf Dächern
Hinsichtlich der Freiflächenanlagen sollen ab 2026 pro Jahr rund elf GW zugebaut werden. Dabei sollen bereits vorbelastete oder versiegelte Flächen erschlossen werden, ebenso für die Landwirtschaft weniger geeignete Flächen. Genutzt werden intelligente Konzepte zur Reduzierung der Flächenkonkurrenz.
Zum Ziel setzt sich das Wirtschaftsministerium Anpassungen bei den benachteiligten Gebieten. Besondere Solaranlagen wie schwimmende Photovoltaik-Anlagen oder Agri-Photovoltaik-Anlagen sollen weiter gestärkt, Industrie- und Gewerbegebiete deklaratorisch geöffnet und Biodiversitäts-Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen, die temporär nicht mehr bewirtschaftet werden, ermöglicht werden. Zudem müssten "Fertigungskapazitäten in nationaler oder europäischer Produktion" geschaffen werden.
Auch bei den Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern sollen ab 2026 jährlich elf GW zugebaut werden. Durch den Abbau von Hemmnissen sollen diese einfach und schnell errichtet werden. Hier ist unter anderem geplant, die Anlagenzusammenfassung bei Dachanlagen zu lockern, Bürokratie beim Parallelbetrieb von zwei Anlagen auf einem Dach abzubauen oder Garten-Photovoltaik zu vereinfachen.
Das Wirtschaftsministerium will zudem die Vermarktung und Nutzung von Photovoltaik-Strom durch Wohnungs- und Gebäudeeigentümer sowie Mieter "ohne große Bürokratie" möglich machen. Somit soll auch die Option, auf Mehrfamilienhäusern Photovoltaik-Anlagen zu errichten und zu betreiben, verbessert werden.
Eine deutliche Vereinfachung soll es hinsichtlich der Vorschriften für den Anschluss von Balkon-Photovoltaik geben. Wichtig dabei: Betreiber können die Anlage selbst anschließen und müssen nicht auf die Hilfe von Fachkräften warten.
Netzanschluss und Fertigung in Deutschland
Auch der Netzanschluss soll beschleunigt werden – abhängig von den verfügbaren Fachkräften. Dabei sind den Plänen zufolge keine Abstriche bei Netzsicherheit und Bilanzierung zu befürchten. Massentaugliche Verfahren machen demnach eine zügige Bearbeitung trotz hohen Antragsaufkommens möglich. Weiter heißt es: Die Prozesse werden flächendeckend standardisiert und digitalisiert, das Zertifizierungsverfahren, das die Sicherheit des Stromsystems sicherstellt, wird vereinfacht und Fristen für den Netzanschlussprozess wirken beschleunigend.
Die große Anzahl an Akteuren und Projekten sowie die gute Integrationsmöglichkeit in Gebäude und Landschaft sollen für eine hohe Akzeptanz bei Photovoltaik-Anlagen sorgen. Zudem soll die Teilhabe von Kommunen und Bürgern an der Energiewende durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen gefördert werden.
Weiter erhofft sich das Wirtschaftsministerium, dass Photovoltaik-Module, Wechselrichter und weitere Komponenten in Deutschland und Europa gefertigt werden. Diese Unternehmen sollen die innovativen Technologien auch exportieren und somit zur globalen Energiewende beitragen. Zugleich soll die Photovoltaik-Industrie international wettbewerbsfähig sein, der Ausbau der Photovoltaik soll kosteneffizient dazu beitragen, dass die Ausbauziele erreicht werden.
Fachkräfte und das EEG
Die Zahl der Fachkräfte zur Herstellung, Planung, Installation und Wartung von Photovoltaik-Anlagen soll den Plänen zufolge steigen. Auch Ausbildungsangebote und Fortbildungen sollen zunehmen, das Angebot an Fachkräften im Einklang mit dem deutschen Photovoltaik-Markt wachsen. Dazu soll die Einwanderung modernisiert und die Abwanderung reduziert werden, gezielte Weiterbildung gewährleistet und die Arbeitsqualität verbessert werden.
Entscheidend sind für die Entwicklung der Photovoltaik zudem Forschung und Entwicklung, wie das Habeck-Ministerium betont. Der Plan sieht vor, dass Deutschlands Forschungsinstitute und Unternehmen in die Rolle der "Technologieführer entlang der Wertschöpfungskette der Photovoltaik" schlüpfen.
Dank des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird die Solarenergie bereits als "überragend öffentliches Interesse" eingestuft, wodurch ein schnellerer Ausbau ermöglicht wird. Das EEG trat am 1. Januar 2023 in Kraft. Es verfolgt die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens konsequent.
Neue Photovoltaik-Strategie der Bundesregierung: Was sagt Habeck?
Bei der Vorstellung der neuen Photovoltaik-Strategie betonte Habeck: "Photovoltaik ist einer der günstigsten Energieträger überhaupt und gehört zu den wichtigsten Stromerzeugungsquellen der Zukunft." Es gehe darum, den Ausbau der Solarenergie deutlich zu beschleunigen: "Wir wollen alle Bremsen lösen, die ein höheres Tempo beim Zubau bislang verhindert haben."
Photovoltaik-Anlagen: Worin geht es in der Petition?
In einer Petition vom 17. Februar 2023 forderte der YouTuber Andreas Schmitz Vereinfachungen von Balkonsolaranlagen. Diese wurde binnen gut zwei Monaten mehr als 100.000 Mal mitgezeichnet, weshalb sich der Bundestag mit dem Antrag zu beschäftigen hatte. Konkret forderte Schmitz "Änderungen durch den Bundesgesetzgeber, um die Installation von Balkonsolaranlagen für möglichst viele Personen zu erleichtern, ihnen die Möglichkeit zu geben, von der Energiewende zu profitieren und sie von unnötiger Bürokratie zu entlasten".
Dem Petenten zufolge sollen mehrere Gesetze und Verordnungen geändert werden, darunter die Nationale Verordnung zum Nachweis von elektrotechnischen Eigenschaften von Energieanlagen (NELEV) und das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Schmitz bezeichnet die Erleichterungen bei Mini-Photovoltaik-Anlagen als "vertrauensbildende Maßnahme für die erneuerbaren Energien".
Er mutmaßt: "Sie können den härtesten Klimawandel-Skeptiker damit überzeugen, wenn er sieht, dass sich sein Zähler nicht mehr dreht." Schmitz zufolge entsteht ein Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit, weil den hohen Strompreisen etwas entgegengesetzt werden könnte.
Laut Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium von Habeck, stimmt die Bundesregierung mit den Forderungen weitgehend überein, wie aus dem Bericht aus dem Petitionsausschuss hervorgeht. Demnach verwies der Grünen-Politiker auf den zweiten Photovoltaik-Gipfel am 5. Mai und betonte: "Wir wollen die Anmeldeverfahren vereinfachen, den Schuko-Stecker ganz normal nutzen sowie für die Privilegierung in Miethäusern und Eigentumsgemeinschaften sorgen."
Des Weiteren soll die installierte Leistung erhöht und eine schnelle Inbetriebnahme ermöglicht werden. Wenzel erklärte auch, dass übergangsweise rücklaufende Zähler zugelassen werden sollen. Demnach soll der entsprechende Gesetzesentwurf erstellt und "unverzüglich" dem Bundestag vorgelegt werden.