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Neu-Ulm
Brand in Kleingartenanlage: "Da geht einem der Trichter runter"
Bis zu zehn Hütten sind in der Neu-Ulmer Kleingartenanlage Jakobsruhe zerstört worden. Der Großbrand wirft die Frage auf: Wie steht es um Brandschutz in Schrebergärten?
Thomas Heckmann, Michael Kroha
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:19 Uhr

Seit 43 Jahren ist Dieter Kammerer Kleingärtner, seit 18 Jahren im Vorstand des Kleingartenvereins Neu-Ulm und seit 15 Jahren der Vorsitzende. Einen solchen Großbrand wie an diesem Montag habe er in dieser Zeit noch nicht erlebt. "Da geht einem der Trichter runter", sagt er. Neun Hütten, berichtet er, sind zum Teil bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Den Schaden schätzt er auf eine sechsstellige Summe. Die Feuerwehr war mit einem Großaufgebot im Einsatz. Doch die mehr als 50 Kräfte hatten vor allem auf dem Weg zum Brandort mit Hindernissen zu kämpfen. Das wirft die Frage auf: Wie steht es um den Brandschutz in Schrebergärten?

Um 8.08 Uhr erreichte die Leitstelle der erste Notruf. Gemeldet wurde eine dunkle Rauchsäule. Vermutet wurde zunächst, dass ein Feuer am Illerholzweg in Ludwigsfeld ausgebrochen war. Doch bereits auf der Anfahrt stellten die Einsatzkräfte der Feuerwehr fest: Der Anrufer muss sich geirrt haben. Tatsächlich wurde der Brand hinter dem Muthenhölzle in der KleingartenanlageJakobsruhe zwischen B28 und Illerkanal lokalisiert.

Brand in Kleingartenanlage: Feuerwehr muss Umweg über Ludwigsfeld fahren

Der Umweg über Ludwigsfeld aber erwies sich im Nachhinein als goldrichtig. Denn der eigentliche direkte Weg in den Schrebergartenüber die Straße Am Langen Weg ist für Feuerwehrfahrzeuge nicht passierbar. Die Unterführung der Bundesstraße ist nur für Fahrzeuge bis 2,80 Meter geeignet. Daher hätte die Feuerwehr ohnehin einen Umweg über Ludwigsfeld fahren müssen.

Doch vor Ort eingetroffen, standen Löschfahrzeuge nach den Worten von Feuerwehr-Einsatzleiter Michael Haitchi gleich vor dem nächsten Problem: Die Zufahrt zum Schrebergarten-Parkplatz war durch Schranken versperrt. Die Durchfahrt war nur für Autos, nicht für Feuerwehrautos konzipiert. Während erste Feuerwehrleute den Brandort zu Fuß erkundeten, bauten andere einen Schrankenpfosten aus. Zu diesem Zeitpunkt brannten bereits mindestens drei Hütten lichterloh und sorgten für eine große Rauchsäule, die auch vom Ulmer Kuhberg und aus Illerkirchberg sichtbar war.

Feuerwehr hat bei Brand in Schrebergartenanlage Jakobsruhe mit Hindernissen zu kämpfen

Die Feuerwehr aber hatte mit weiteren Hindernissen zu kämpfen: ein verschlossenes Tor zwischen Parkplatz und Hauptzufahrtsweg sowie die schmalen Wege zwischen den Parzellen. Das Aussteigen aus den Einsatzfahrzeugen endete in den Hecken. Die letzten 100 Meter mussten zu Fuß zurückgelegt werden.

Zahlreichen Löschschläuche wurden ausgelegt. Löschwasser wurde aus dem Illerkanal herausgepumpt. Um die Schläuche regelmäßig auf Dichtheit zu kontrollieren, hatte die Feuerwehr aus Reutti ein Fahrrad dabei. Verschlossene Gartentore mussten mit dem Bolzenschneider geöffnet werden. Weil einige Gebäude direkt aneinander angrenzten, konnte nicht verhindert werden, dass sich das Feuer auf weitere Hütten ausdehnte. Nach Polizeiangaben wurden acht Hütten zerstört, die Feuerwehr zählte zehn. Es ließ sich wohl nicht eindeutig festzustellen, was einmal eine Hütte war oder wo es zwei getrennte Hütten waren.

Gefährlich war der Einsatz insbesondere durch Gasflaschen, die in den Gartenhütten vermutet wurden. Explodiert ist davon keine. Sicherheitsventile sorgten dafür, dass das Gas kontrolliert ausströmte – auch wenn es dadurch dem Feuer weitere Nahrung gab. Insgesamt waren 52 Feuerwehrleute mit elf Fahrzeugen im Einsatz. Die PolizeiNeu-Ulm sperrte das Gelände weiträumig gegen Gaffer ab, die KriminalpolizeiNeu-Ulmübernahm die Ermittlungen zur Brandursache. Die ist noch unklar.

Wie steht es um den Brandschutz in Kleingartenanlagen?

Die KleingartenanlageJakobsruhe mit ihren 124 Gärten existiert seit genau 70 Jahren. Der Brand und vor allem Hindernisse, die die Feuerwehrüberwinden musste, werfen die Frage auf: Wie steht es um den Brandschutz in Schrebergärten? Laut Neu-Ulms Kreisbrandrat Bernhard Schmidt hätten die Probleme auf der Anfahrt eine Verzögerung von 30 bis 40 Minuten zur Folge gehabt. "Das ist allerhand", sagt er. Weil Kleingartenanlagen nicht dauerhaft bewohnt werden dürfen, überwiege hier der "Sachschutz" und weniger der "Personenschutz". Anders als bei Wohngebieten würden daher keine konkreten Vorgaben gelten. So sei beispielsweise keine Breite der Wege oder ein Hydrantennetz vorgeschrieben.

Kleingarten-Vorstand Kammerer berichtet, dass es erst vor vielleicht zwei Wochen eine Begehung der zweitgrößten Anlage in Neu-Ulm zusammen mit Feuerwehr und Polizei hinsichtlich Brandschutz gegeben habe. Dabei seien die Probleme mit der Unterführung und der Schranke genannt worden. Ein Brandschutzkonzept aber sei noch nicht entworfen worden. Kammerer aber betont: "Man kann aus einem Alten keinen Neuen machen." Mindestens die Hälfte der Anlage sei mit einem Löschfahrzeug nicht zugänglich. "Da muss man aus solchen Fällen Lehren ziehen", so der Vorsitzende. Denkbar wären zum Beispiel zusätzliche Hydranten, die im Notfall nur noch anzuschließen wären. Die Besitzer jener Hütten seien zum Teil am Montag vor Ort gewesen. Kleingärtner verfügen in der Regel über eine sogenannte Laubenversicherung. Je nachdem, was alles versucht wurde, wird der entstandene Schaden ersetzt. Kammerer geht von einem Gesamtschaden von weit über 200.000 Euro aus.

 
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