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Modellversuch
Bedingungsloses Grundeinkommen statt Bürgergeld? Gericht schreitet ein
In Hamburg ist ein Modellversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen geplant. Per Gericht erhält dieses Vorhaben einen Rückschlag. Es gibt jedoch eine gute Nachricht.
Geldscheine.jpeg       -  Viele Menschen befürworten ein bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland.
Foto: Monika Skolimowska, dpa (Symbolbild) | Viele Menschen befürworten ein bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland.
Patrick Freiwah
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:11 Uhr

Das Thema Grundeinkommen kursiert bereits seit geraumer Zeit durch die Informationslandschaft. Es würde sich dabei um eine Alternative zum Bürgergeld handeln. Beispielsweise gehört der Philosoph Richard David Precht zu den Befürwortern eines derartigen Vorhabens, als Antwort auf die Herausforderungen eines sich wandelnden Arbeitsmarktes. Die Absicht hinter dem bedingungslosen Grundeinkommen: Nicht mehr der Zwang zur Arbeit soll im Vordergrund stehen, sondern die Selbstverwirklichung.

Es gibt bereits Menschen in Deutschland, die Erfahrungen mit einem Grundeinkommen sammeln. In Hamburg ist nun ein geplantes Volksbegehren für einen Modellversuch gerichtlich gestoppt worden, zumindest vorerst. Das dortige Verfassungsgericht untersagte am Mittwoch (12. Juli) nach einem Antrag des Senats (SPD und Grüne), das Volksgesetzgebungsverfahren fortzusetzen. Doch die Initiatoren wollen einen weiteren Versuch wagen.

Grundeinkommen als Testballon: Gericht sieht Lücken bei Umsetzung

Vor dem Gericht wird dem Plan für ein Grundeinkommen nämlich nicht prinzipiell der Riegel vorgeschoben, stattdessen wurde in dem Verfahren (Aktenzeichen: HVerfG 12/20) auf inhaltliche Probleme hingewiesen: Die Angaben der Initiatoren seien teilweise widersprüchlich, unklar und lückenhaft, so das Gerichtsurteil. Demzufolge würden Abstimmende bei dem Volksbegehren "nicht ausreichend" über Pro und Contra informiert, wie sich ein bedingungsloses Grundeinkommen auswirkt. 

Dabei hatte das Hamburgische Verfassungsgericht bereits im April auf ein Problem hingewiesen: Die Höhe des Grundeinkommens und sein Verhältnis zu anderen Sozialleistungen wird nicht ausreichend deutlich, wenn einerseits Sonder- und Mehrbedarfe im Einzelfall durch Leistungen nach dem SGB II und SGB XII abgedeckt werden sollen und andererseits die Vorgabe gelte, dass neben dem Grundeinkommen zusätzliche Ansprüche auf Sozialleistungen nach Bundesrecht nicht bestehen sollten." Darüber hinaus sei für die Abstimmenden der Begriff "bedingungsloses Grundeinkommen" unklar, wenn die Höhe abhängig von anderweitigem (Erwerbs-)Einkommen gekürzt werden soll. Für den finanziellen Rahmen sieht das Vorhaben folgende Eckpunkte vor:

  • Das Grundeinkommen soll so hoch sein, dass keine weiteren Sozialleistungen nötig sind.
  • Mindestens 1000 Erwachsene sollen einen Betrag von mindestens 1120 Euro erhalten.
  • Minderjährige Personen erhalten mindestens 560 Euro im Monat.

Modellversuch Grundeinkommen in Hamburg: Darum geht es

Das Anliegen der Organisatoren beinhaltet, dass in der Hansestadt mindestens 2000 Personen monatlich eine bestimmte Geldzahlung zur Verfügung gestellt wird - ohne bestimmte Voraussetzungen (zum Beispiel Bedürftigkeitsprüfung) und über einen Zeitraum von drei Jahren. In dem vorliegenden Gesetzesentwurf steht laut laut Deutscher Presse-Agentur (dpa), wie das bedingungslose Grundeinkommen umgesetzt werden solle, das Budget für den angestrebten Testversuch ist mit bis zu 40 Millionen Euro angestrebt. Ziel des Anliegens ist eine Untersuchung im Hinblick auf Wirkung, Akzeptanz und Umsetzbarkeit von möglichen Varianten.

Gegründet wurde die Initiative „Expedition Grundeinkommen“ ursprünglich in Berlin, mit dem Anliegen, wissenschaftlich begleitete Modellversuche durchzuführen. Daraufhin hatte sich auch in Hamburg eine Gruppe von Unterstützern ("Hamburg soll Grundeinkommen testen!") gebildet, führt die dpa aus. Relativ schnell konnten im Jahr 2020 genug Unterschriften (10.000) für einen entsprechenden Gesetzesentwurf gesammelt werden. Seitens der Bürgerschaft wurde dieser jedoch nicht verabschiedet, weshalb die Initiative im Herbst dieses Jahres ein Volksbegehren beantragte. Der Senat rief daraufhin das Landesverfassungsgericht an, um sich der Sache anzunehmen.

Bedingungsloses Grundeinkommen: Gericht entscheidet wichtige Frage

Jedoch hat das Verfassungsgericht eine wichtige Frage geklärt: Denn in der Urteilsbegründung hat die Judikative dem Argument des rot-grünen Hamburger Senats widersprochen, dass die Gesetzgebungskompetenz auf Länderebene nicht vorhanden sei und stattdessen der Bund zuständig ist. „Das Gericht hat festgestellt: Ein Modellversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen ist prinzipiell mit Landesrecht vereinbar“, so der Wortlaut. Dabei führt taz.de aus, dass die Berliner Senatskanzlei zuvor bereits zu dem Schluss kam, dass ein derartiges Volksbegehren zulässig und mit höherrangigem Recht vereinbar sei. Allerdings fanden sich in der Hauptstadt dem Vernehmen nach nicht genügend Unterschriften.

Modellversuch Grundeinkommen: Wie es nun dennoch dazu kommen soll

"Verloren, aber trotzdem gewonnen", lautet die Erkenntnis der Organisatoren. Die Initiative „Expedition Grundeinkommen“ beabsichtigt, auf Basis eines überarbeiteten Gesetzentwurfs einen neuen Anlauf zu starten. Die Initiative betonte nach der Niederlage, das Gericht habe ausdrücklich klargestellt, dass ein Modellversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen in die Zuständigkeit des Landes Hamburg falle und daher grundsätzlich zulässig sei. „Für Hamburg hat uns das Gericht einen guten und detaillierten rechtlichen Rahmen vorgegeben. Es ist positiv, dass das Gericht die Anforderungen an die Ausgestaltung des Gesetzes präzisiert hat“, wird Rainer Ammermann, Sprecher der Organisation, in der taz zitiert.

 
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