Rekordverdächtig viele Krankheitstage haben die Menschen im Landkreis Augsburg im Jahr 2022 auf ihrem Arbeitskonto zu verzeichnen. Darin sind sich die Krankenkassen einig: Der Krankenstand war im vergangenen Jahr überall in Deutschland so hoch wie lange nicht. Häufigste Ursache für das Fehlen am Arbeitsplatz waren Atemwegserkrankungen. Andere Krankheiten haben 2022 jedoch längere Fehlzeiten verursacht.
So berichtet die Barmer, dass ihre Versicherten aus dem Landkreis Augsburg im vergangenen Jahr im Schnitt fast 21 Tage lang krankgemeldet gewesen seien. Gut eineinhalb Tage länger blieben die benachbarten Barmer-Kunden in der Stadt Augsburg krank zu Hause. In ganz Deutschland kamen die Barmer-Versicherten auf etwas mehr als 22 Krankentage. AOK-Versicherte meldeten sich im Landkreis ebenfalls etwas mehr als 22 Tage krank, womit sie bayernweit im AOK-Durchschnitt liegen. Etwas schneller saßen die Versicherten der Techniker Krankenkasse aus dem Augsburger Land wieder im Büro. Sie fehlten im vergangenen Jahr etwas mehr als 19 Tage im Job.
Atemwegserkrankungen haben sich im Landkreis Augsburg fast verdreifacht
Die Zahlen sind rekordverdächtig hoch. Ein Blick in die Statistik der Techniker Krankenkasse zeigt: In den Jahren 2020 und 2021 lag der Krankenstand bei etwas weniger als 15 Tagen. Damals blieben die Versicherten meist knapp über zwei Tage wegen Atemwegserkrankungen daheim. Ein Mitarbeiter der Techniker Krankenkasse erklärt dazu: "Da ging es noch von Lockdown zu Lockdown." Außerdem hätten alle noch Masken getragen, und es herrschten strenge Hygieneregeln. Mit den Lockerungen hätten sich die Atemwegserkrankungen dann mehr als verdoppelt, fast sogar verdreifacht, rechnet der Mitarbeiter der Techniker Krankenkasse vor. 2022 fehlten die Menschen im Landkreis schließlich etwa fünf bis sechs Tage am Arbeitsplatz wegen Atemwegserkrankungen.
Es war der Hauptgrund für eine Krankschreibung. Der Bezirksvorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes, Dr. Stefan Gramlich, bestätigt den Verdacht: Mit dem Ende der Maskenpflicht sei die Zahl der Infekte angestiegen. Das Immunsystem habe einen gewissen Nachholbedarf gehabt. Es habe die zirkulierenden Viren quasi erst wieder neu kennenlernen müssen, erklärt der Facharzt für Allgemeinmedizin. Ob die Krankmeldungen wegen Atemwegserkrankungen 2023 wieder sinken? "Für eine Prognose ist es noch zu früh", sagt Dr. Stefan Gramlich. "Aber ich hoffe, dass sich die Situation jetzt über den Sommer verbessert."
Die längsten Fehlzeiten im Landkreis Augsburg durch andere Erkrankungen
Die längsten Fehlzeiten im Job haben ohnehin nicht Husten und Schnupfen verursacht. Die AOK hat ausgerechnet, dass statistisch gesehen jeder berufstätige AOK-Versicherte 2022 im Landkreis Augsburg volle sechs Tage, und damit am längsten, wegen Muskel- und Skeletterkrankungen nicht gearbeitet hat. Genau 5,8 Fehltage ergaben sich bei der AOK statistisch wegen Atemwegserkrankungen. Mehr als drei Fehltage verursachten psychische Erkrankungen.
Covid-19 kostete weitere eineinhalb Arbeitstage. Allerdings rät die Techniker Krankenkasse dazu, diese Zahl mit Vorsicht zu genießen, da der Diagnose-Code für Covid-19, der auf den Krankmeldungen steht, erst im Laufe der Pandemie eingeführt wurde. Es sei daher möglich, dass manche Hausarztpraxen die Erkrankung noch einige Zeit beispielsweise als Atemwegserkrankung deklariert haben könnten.
Krankschreibungen belasten die Unternehmen
Insgesamt sei die Zahl der Krankmeldungen im Augsburger Land im Vergleich zum Vorjahr bei der AOK um fast 63 Prozent gestiegen, erklärt der Vorsitzende der AOKAugsburg, Alfred Heigl. Das hat auch Auswirkungen auf die Unternehmen im Landkreis. Die bezahlen den Lohn im Krankheitsfall häufig noch für sechs Wochen weiter. Das Institut der Deutschen Wirtschaft geht davon aus, dass den Unternehmen im Durchschnitt sechs Prozent der Beschäftigten gefehlt hätten. 2021 hätten die Firmen deutschlandweit geschätzte 77 Milliarden Euro für die Lohnfortzahlung der kranken Mitarbeiter ausgegeben. Vorsichtig geschätzt dürften sie dafür 2022 zusätzlich einen zweistelligen Milliardenbetrag bezahlt haben, erklärt das Institut.