Mit 1,06 Promille Alkohol im Blut geriet ein Mann aus dem Landkreis Dillingen im Juni 2021 in eine nächtliche Polizeikontrolle. Weil er knapp unter der Grenze von 1,1 Promille lag, hatte die Fahrt keine strafrechtlichen Konsequenzen. Vor Gericht führt sie ihn nun, zwei Jahre später, dennoch. Allerdings nicht als Angeklagter, sondern als Kläger.
Denn die Polizeibeamten fanden bei ihrer Kontrolle im Auto des Mannes unter ein paar Jacken in einem Futteral auch dessen ungeladene Jagdwaffe und getrennt davon auch die Munition. Wie sich herausstellte, war er ein paar Stunden zuvor auf der Jagd gewesen und hatte noch einen kurzen Abstecher zu einem Jugendtreff gemacht, um dort mit einem Bekannten über anstehende Handwerkerarbeiten zu sprechen. Dort genehmigten er sich dann auch einige alkoholische Getränke. Als ihn die Beamten später anhielten, gab er an, auf dem Weg zu einer Freundin zu sein. Außerdem soll er versucht haben, sich der Kontrolle zu entziehen und erzählte den Polizisten zunächst, er selbst sei gar nicht gefahren.
Alkoholisiert mit einer Waffe im Auto im Kreis Dillingen erwischt
All das zusammengenommen wertete das Landratsamt als Zeichen, dass bei ihm nicht die erforderliche Zuverlässigkeit für den Besitz und das Führen einer Waffe gegeben war. Schließlich habe er die Waffe ohne sachlichen Grund und im alkoholisierten Zustand transportiert. Die Behörde entzog ihm in der Folge den Jagdschein und widerrief seine Waffenbesitzkarte. 15 Monate nach dem eigentlichen Vorfall. Der Jäger aus dem Kreis Dillingen wollte das so nicht hinnehmen und klagte dagegen nun vor dem Verwaltungsgericht in Augsburg.
Der Anwalt des Klägers, Karl Würth, erklärte in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, es sei unverständlich warum das Landratsamt erst so später reagiert habe. "Wenn jemand unzuverlässig ist, muss man das dem sofort entziehen", so seine Argumentation. Durch die lange Verfahrensdauer habe sein Mandant nicht mehr damit gerechnet, dass seine nächtliche Fahrt noch waffenrechtliche Konsequenzen haben würde. Zudem sei die Autofahrt sehr wohl in Zusammenhang mit der Jagdausübung zu werten. Er habe auf dem Heimweg lediglich einen kurzen Stopp an dem Jugendtreff einlegen wollen. Würde man der Sichtweise des Landratsamtes folgen, dann "wäre jeder, der im Schützenheim als Sportschütze zwei Bier trinkt und dann heimfährt praktisch dran". Zudem müsse man sehen, dass der Jäger mit 1,06 Promille knapp unter der Grenze von 1,1 Promille gelegen habe, die quasi den Grenzwert für die Zuverlässigkeit im Straßenverkehr darstelle. Und die Gefahr, die von einer ungeladenen Waffe im Auto ausgehe, sei wesentlich geringer als das Gefahrenpotenzial der Autofahrt an sich. Doch selbst diese habe keine rechtlichen Konsequenzen gehabt.
Dillinger Landratsamt: Waffe birgt zusätzliches Gefahrenpotenzial
Der Vertreter des beklagten Landratsamtes dagegen erklärte, wenn man alkoholisiert mit einer Waffe unterwegs sei, handle es sich um zusätzliches Gefahrenpotenzial. Die Rechtssprechung hierzu sei in den vergangenen Jahren eindeutig in Richtung einer Null-Toleranz-Sichtweise gegangen. Der Mann habe nicht weit von seinem Zwischenstopp entfernt gewohnt. "Es wäre sachgerecht gewesen, seine Waffe erst nach Hause zu bringen." Außerdem bestünden Zweifel daran, ob der Mann sein Auto und damit auch die Waffe jederzeit im Blick gehabt habe. Zumal er nicht, wie in solchen Fällen empfohlen, ein wesentliches Teil der Waffe entfernt hatte.
Der Vorsitzende RichterAlex Glaser ließ in der Verhandlung durchblicken, dass er den Klagen des Jägers in der Gesamtschau wenig Erfolgsaussichten einräumt. Die Alkoholisierung allein würde für einen Entzug des Jagdscheins und der Waffenbesitzkarte sicherlich nicht reichen. Hinzu käme aber, dass der Abstecher zu dem Jugendtreff auch aus Sicht des Gerichts nicht vom Jagdzweck umfasst war. Ein kurzer Halt am Bankautomat oder eine Teilnahme am traditionellen Schüsseltreiben nach der Jagd seien nach der gültigen Rechtssprechung davon gedeckt. Doch selbst das nicht in allen Fällen. Abgesehen davon seien die Gesetze, wann eine Waffe transportiert werden darf, relativ streng, weil der Gesetzgeber das Risiko nicht eingehen wolle. Insgesamt zog deshalb auch das Gericht die Zuverlässigkeit des Mannes und dessen sachgemäßen Umgang mit der Waffe in Zweifel. Der Jäger zog die Klagen gegen den Entzug des Waffenscheins und den Widerruf der Waffenbesitzerlaubnis schließlich zurück, nachdem ihm das Landratsamt in Aussicht gestellt hatte, dass er beides im November 2025 wieder beantragen kann.