
Weder Ärger noch Streit waren Gründe, warum zwei 19-jährige Auszubildende Desinfektionsmittel in die Trinkflasche einer Arbeitskollegin mischten. Sie wollten einfach nur sehen, was passiert. So schilderten es die beiden jungen Männer jetzt vor Gericht. Die beiden mussten sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Die Folgen für die Frau waren heftig.
Die ahnungslose 29-Jährige griff zu ihrer Flasche, die eigentlich Mineralwasser mit Fruchtgeschmack enthalten sollte. Sie nahm einen kräftigen Zug. Noch während sie das Getränk herunterschluckte, habe sie ein heftiges Brennen im Hals gespürt, sagte die Frau vor Gericht. Den Hals habe sie sich verätzt, übel sei ihr geworden, sie habe Kopfschmerzen bekommen und sie befinde sich bis heute in psychiatrischer Behandlung. Knapp drei Wochen sei sie nicht arbeitsfähig gewesen, danach wieder in die Firma gegangen. Nachdem die 29-Jährige die Polizei eingeschaltet hatte, räumten die beiden 19-Jährigen den Vorfall mit dem Desinfektionsmittel ein.
Gerichtshelfer stellt "Reifeverzögerung" fest
Die jungen Männer erhielten sofort die Kündigung. Beide entschuldigten sich zunächst über ihre Anwälte, vor Gericht auch persönlich bei ihrer ehemaligen Kollegin. Vor dem Prozess hatten sie der ehemaligen Kollegin bereits ein Schmerzensgeld von insgesamt 1600 Euro überwiesen. Für den Vertreter der Jugendgerichtshilfe war es nicht sonderlich schwierig, angesichts des Vorfalls auf eine "Reifeverzögerung" hinzuweisen. Damit wurden die beiden 19-Jährigen juristisch nach dem Jugendstrafrecht behandelt. Das allein, so erklärte es Richter Bernhard Kugler, bewahre sie vor einer Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten, die das Erwachsenenstrafrecht für gefährliche Körperverletzung vorsehe.
Staatsanwältin Judith Keller und die Rechtsanwälte Werner Ruisinger und Johannes Tretter waren sich einig, dass die beiden Angeklagten beim Verein Die Brücke mit mehreren Terminen aufarbeiten sollen, was sie der Frau angetan haben. Weiter auseinander gingen die Meinungen, was eine Geldstrafe anbelangt. Der eine der beiden Angeklagten blieb außen vor, da er seit dem Verlust seiner Lehrstelle keiner Beschäftigung mehr nachgeht. Ihm erlegte Richter Bernhard Kugler 80 Stunden Hilfsdienste auf – und er ordnete an, ihn für sechs Monate bei der Jugendberufsagentur anzubinden.
Sozialstunden und Geldstrafe
Teurer wurde es für seinen Kompagnon, der sich unmittelbar nach dem Verlust seiner Stelle in Schwabmünchen erfolgreich bemüht hatte, seine Ausbildung fortzusetzen. Er muss anstelle von Sozialstunden 1000 Euro Strafe bezahlen. Die beiden Rechtsanwälte hatten darum gebeten, ihre Mandanten möglichst von üppigen Strafzahlungen zu verschonen. Im Hintergrund des Gerichtsverfahrens zeichneten sich schon Regressforderungen der Krankenkasse der Geschädigten und des ehemaligen Arbeitgebers ab. Beide Angeklagten nahmen das Urteil unmittelbar nach dem Richterspruch an, wodurch es bereits rechtskräftig ist.