Vier kleine Welpen erkunden neugierig den Waldweg, schnuppern herum und laufen dann weg. Zu sehen ist all das auf einem Video, das eine Frau am Montag vergangener Woche in einem Wald im westlichen Landkreis Eichstätt gefilmt hat. Was so drollig aussieht, hat allerdings für einige Aufregung gesorgt. Denn bei den vier Jungtieren handelt es sich um kleine Wölfe. Das hat das Landesamt für Umwelt (LfU) bestätigt. Damit steht fest: Im Kreis Eichstätt gibt es das fünfte Wolfsrudel in Bayern.
Wolfswelpen entdeckt: Wird es im Altmühltal mehr gerissene Schafe geben?
Nicht nur bei den Haltern von Weidetieren, sondern auch bei manchem Spaziergänger ist nun die Verunsicherung gewachsen. Wird es nun in der Region mehr gerissene Tiere geben? Wie kann ich mein Vieh auf der Weide schützen? Und wie soll ich mich verhalten, wenn ich beim Joggen im Wald einem Wolf begegne?
All das sind Fragen, die auch Willi Reinbold immer wieder gestellt werden. Er ist Wolfsbeauftragter des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) und für ihn ist es keine Überraschung, dass es im Raum Eichstätt jetzt Welpen gibt. Die Mutter der Tiere, die Wolfsfähe, wurde erstmals im Mai 2020 in einem Waldgebiet namens Saupark bei Eichstätt gesichtet und stammt ursprünglich aus dem Veldensteiner Forst. Im vergangenen Jahr hat sich dann auch ein Rüde dazugesellt - und jetzt ist der Nachwuchs da.
Im Landkreis Eichstätt sind immer mal wieder Wölfe gesichtet worden
Bei den beiden Elterntieren handelt es sich laut Reinbold um die einzigen standorttreuen Tiere im Landkreis. Zwar seien immer mal wieder Wölfe gesichtet worden, doch dabei habe es sich immer um Wanderwölfe gehandelt.
Genau ein solcher Wanderwolf aus Brandenburg - und nicht der Rüde, der jetzt für Nachwuchs gesorgt hat - war auch verantwortlich für gerissene Schafe in der Region. In Haunsfeld im Kreis Eichstätt waren im vergangenen Oktober sieben Schafe von einem Wolf gerissen worden, bei Adelschlag waren es im April fünf gewesen und in der Nähe von Bergheim im Januar eines. "Wanderwölfe sind nicht berechenbar", sagt Reinbold. Im Gegensatz zu den beiden Wölfen, die hier sesshaft geworden sind: "Das sind Profis, wenn es um das Erlegen von Rehen und Wildschweinen geht."
Landwirte können mit Herdenschutzzäunen ihre Tiere vor dem Wolf schützen
Reinbold appelliert an die Landwirte in der Region, entsprechende Herdenschutzzäune zu bauen. Inzwischen sind weite Teile des Kreises Eichstätt und auch der nördliche Landkreis Neuburg-Schrobenhausen als "Wolfsgebiet im Sinne des Schandensausgleichs" ausgewiesen, wie das im Behördendeutsch heißt. Das ist Voraussetzung, damit die Kosten beispielsweise für einen Zaun übernommen werden. Allerdings - und das bemängelt Reinbold - müssen die bayerischen Landwirte im Gegensatz zu anderen Bundesländern die Kosten für deren Unterhalt selbst übernehmen. Und auch an einer entsprechenden fachkundigen Beratung für die Landwirte mangle es.
Die Freude über den Wolf in der Region kann Martin Wendl nicht teilen. Der Karlskroner ist Obmann des Bayerischen Bauernverbands im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Er sagt: "Der Wolf passt nicht hierher." Im Bayerischen Wald oder auch auf Truppenübungsplätzen, dort sei genügend Platz vorhanden, nicht aber hier. Die umfassende Wirkung von Herdenschutzzäunen bezweifelt er. Hinzu kommt: "Dort können sich auch andere Wildtiere wie Rehe verfangen." Als "wenig begeistert" bezeichnet er deshalb auch die Stimmung unter den Landwirten. "Wir sind am Rätseln, wie eine Koexistenz funktionieren soll", sagt Wendl.
Christine Liepelt ist Vorsitzende der Neuburger Jäger. Selbst hat sie zwar noch keinen Wolf gesehen, berichtet worden sind ihr aber schon einige Sichtungen. Aus Baring beispielsweise, wo der Wolf gefilmt worden ist. Und auch bei Mauern ist wohl schon einer durch die Landschaft gestreift. "Wir beobachten, wie sich das entwickelt", sagt sie. Ihr sei bislang keine Reh oder Wildschwein in der Region bekannt, dass nachweislich von einem Wolf gerissen worden ist. Sollten sich aber deutlich mehr Wölfe in der Region ansiedeln, dann sei die Politik gefordert, so Liepelt.
Wer auf einem Spaziergang oder auf seiner Joggingrunde einem Wolf begegnet, der solle sich so verhalten wie einem freilaufenden Hund gegenüber, rät Reinbold. Man soll stehenbleiben, sich bewegen und dann den Rückzug antreten. In einem Wolfsgebiet sollten Hunde zudem immer an die Leine.