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Kissing
Schließung nach Wallraff-Reportage: Träger der Kita Alte Schule wehrt sich
Nachdem die Kita Alte Schule in Kissing wegen Personalmangel geschlossen hat, kündigt Kissing dem Träger. Ist das rechtmäßig? Die Meinungen gehen auseinander.
Anna Katharina Schmid
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:30 Uhr

Die Entscheidung in der Krisensitzung war einstimmig. Nach allem, was im Kindergarten Alte Schule vorgefallen war, wollten die Kissinger Gemeinderätinnen und -räte eine schnelle Veränderung: dem alten Träger kündigen, einen neuen finden und die Kita rasch wieder öffnen. In den vergangenen Jahren hat der Ruf der Einrichtung stark gelitten, zuletzt durch die Investigativ-Reportage "Undercover in Kitas" des Journalistenteams um Günter Wallraff. Zum 1. Januar schloss die einzige Gruppe des Kindergartens, in der 18 Kinder betreut wurden. Untragbar für die Eltern, wie Bürgermeister Reinhard Gürtner sagt. Nun äußerte sich der Träger, die St.-Simpert-Stiftung. Die Kündigung werde man nicht ohne Weiteres hinnehmen. 

Kita Alte Schule in Kissing hat einen schlechten Ruf

Mehrmals hatte das Landratsamt die Kita auf Elternbeschwerden hin untersucht. Das Team klagte über andauernden Personalmangel und musste des Öfteren auf mobile Reserven des Trägers zurückgreifen. Im September wurde die Alte Schule dann in einer deutschlandweiten Fernsehsendung gezeigt, zwar anonym, doch schnell wurde im Ort bekannt, um welche Kita es sich handelte. Auf den Aufnahmen sah man eine Erzieherin, die ein Integrationskind scharf zurechtwies und derb über Eltern herzog. Die Fachkraft blieb nach Informationen der Einrichtungsleiterin Christina Schnegans nur vier Monate, dennoch richtete sich die Kritik auch gegen das verbliebene Personal. Das kündigte - und die St.-Simpert-Stiftung sah sich gezwungen, die Gruppe zum 1. Januar zu schließen. 

In diesem Vorgehen sieht Kissing eine Verletzung der Pflichten des Trägers. Daher traf sich der Gemeinderat noch in den Weihnachtsferien zu einer nicht öffentlichen Krisensitzung. Zum einen wurde beschlossen, der Stiftung zu kündigen. Zum anderen, die Johanniter zu beauftragen, die Einrichtung zu übernehmen. Doch ob die Augsburger Stiftung diese Reaktion akzeptiert, bleibt abzuwarten.

Träger St.-Simpert-Stiftung: Kündigung nicht rechtmäßig

Wie der Personalvorstand der St.-Simpert-Stiftung, Robert Bläß, sagt, habe man die Kündigung der Betriebsträgervereinbarung von Kissing erhalten. "Wir möchten an dieser Stelle nochmals betonen, dass wir die Einrichtung nicht endgültig geschlossen haben", so Bläß. Es handle sich lediglich um eine vorübergehende Gruppenschließung, da die Betreuungsleistung nicht erbracht werden kann. Zu diesem Schritt sei man in derartigen Situationen in Rücksprache mit den Aufsichtsbehörden gezwungen. Wie er sagt, nicht nur, weil das die rechtlichen Rahmenbedingungen vorgeben, sondern weil man der Betreuungsqualität und der Sicherheit der Kinder höchste Priorität einräume. 

"Somit wurde die Betriebsträgervereinbarung nicht verletzt", heißt es von der Stiftung. Die Kündigung der Gemeinde sei nicht rechtmäßig. Bürgermeister Gürtner reagiert stoisch auf diese Nachricht. "Wir sind weiterhin der Meinung, dass die Kündigung rechtmäßig ist", sagt er. Allerdings handle es sich um ein laufendes Verfahren und er könne daher keine weiteren Informationen geben. Wie es weiter vom bisherigen Träger heißt, kläre man aktuell intern sowie mit der beteiligten Kirchenstiftung vor Ort, ob man die Kündigung dennoch hinnehmen wird.

Eltern und Personal kritisieren Träger der Alten Schule

In den vergangenen Wochen hat es starke Kritik am Träger gegeben, sowohl von der bisherigen Einrichtungsleitung als auch von den Eltern. Nach der Ausstrahlung der Reportage, für die sich eine Reporterin als Praktikantin eingeschleust hatte, habe man das Personal völlig allein gelassen, berichtete Leiterin Christina Schnegans. Personalvorstand Bläß widerspricht: Man habe, wie üblich bei Konflikt- und Krisensituationen, Einzel- und Teamcoachings angeboten, mit externen Partnern und Fachberatungen. "In diesem Fall haben wir das alles angeboten", sagt Bläß. "Da die Einrichtung so klein ist, waren wir gezwungen, behutsam damit umzugehen, um die Betreuungszeiten nicht zu gefährden." Somit beschränkte sich die Unterstützung in erster Linie auf Begleitung durch eine Außendienstmitarbeiterin. 

Auch die Eltern sind mit dem Träger nicht zufrieden. Nicht wegen der Einrichtung selbst; für diese beziehungsweise das Team fanden die meisten der Redaktion gegenüber nur lobende Worte. Zuerst kam die Kündigung der Betreuung ihrer Kinder - dann Stille, lautet der Vorwurf. Man lasse sie völlig in der Luft hängen. Nur für wenige Kinder wurden bisher Kitaplätze gefunden, in Kissing und Mering. Wie eine Mutter sagt, hoffe man inständig darauf, dass der neue Träger den Kindergarten in Alt-Kissing bald übernimmt. Bürgermeister Gürtner gab am Montag bekannt, dass man sich um eine neue Betriebsträgervereinbarung mit den Johannitern bemühe. Momentan laufen die Gespräche noch. 

 
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