Nachdem es in den USA zu Todesfällen durch Meerwasser-Keime gekommen ist, fragen sich auch hierzulande immer mehr Menschen, ob auch für die heimischen Gewässer eine Ansteckungs-Gefahr mit dem Bakterium Vibrio Vulnificus besteht. Doch blanke Panik ist unangebracht, wichtiger ist eine erste Kenntnis und Einschätzung über tatsächliche Gefahren der Meerwasser-Keime.
Worum es sich bei dem gefährlichen aber seltenen Erreger eigentlich handelt, wo Meeres-Keime am häufigsten vorkommen, welche Symptome nach einer Infektion auftreten, wer als Risikogruppe gilt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, lesen Sie in diesem Artikel.
Meerwasser-Keime in der Ostsee: Was ist das Bakterium Vibrio Vulnificus?
Eine Infektion mit einem Meerwasser-Keim geht auf das sogenannte Bakterium Vibrio Vulnificus zurück. Es gehört laut tropeninstitut.de zur Vibrio-Erregerfamilie, unter die man über hundert verschiedene Bakterien fasst, darunter auch den Cholera-Erreger (Vibrio cholerae).
Gemeinsam haben die umgangssprachlich auch Vibrionen genannten Erreger, dass sie sich im Wasser aufhalten und vermehren, und bei Kontakt von dort in den menschlichen Körper gelangen können.
Anders allerdings als das Cholera-Bakterium geht der Meerwasser-Keim Vibrio Vulnificus den Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) zufolge nicht auf fäkalverunreinigtes Wasser zurück, sondern vermehrt sich vor allem bei einem Salzgehalt von 0,5-2,5 Prozent und ab einer Temperatur von über 20 Grad Celcius. Bedingungen, die in warmen Sommern auch an Teilen der deutschen Nord- und Ostseeküste gegeben sind.
Meerwasser-Keime: Todesfälle in den USA - Ausbreitung und Vorkommen auch in der Ostsee?
Grundsätzlich gilt: Geschützt ist man vor Vibrio-Erregern nirgendwo. Die Bakterien treten laut tropeninstitut.de weltweit in warmen Salz- und auch in Süßwassern auf, und zwar vor allem in flachen und ruhigen Gewässern. Die Keime breiten sich also nicht nur an der Küste Floridas aus, wo die jüngsten offiziellen Todesopfer von Meerwasser-Keimen zu beklagen sind.
Auch in der Ostsee wurden sie in diesem Jahr bereits nachgewiesen, wie das Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern (LAGuS) im Juli mitteilte. Ebenso wurden an Badestellen an der Nordsee laut dem RKI bereits Vibrio-Erreger nachgewiesen. Bei einer Wassertemperatur ab etwa 20 Grad müsse generell mit einem vermehrten Vorkommen gerechnet werden, so das Institut.
Eine Infektion bei Menschen nach einem Kontakt in der Ostsee wurde in diesem Jahr bislang aber noch nicht gemeldet. Im vergangenen Jahr ist es insgesamt zu zehn Infektionen gekommen, wie das LAGuS schreibt.
Haben Sie dennoch Sorgen mit Blick auf den geplanten Ostsee-Urlaub, lohnt ein Blick auf die interaktive Karte der Webseite des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC), mit der sich verfolgen lässt, wie günstig die aktuellen Bedingungen in den jeweiligen europäischen Küstengewässern für die Vibrionenvermehrung sind.
Nekrotisierende Fasziitis durch Meerwasser-Keime: Wie gelangt der Erreger in den Körper?
Vibrionen-Erreger können insbesondere durch Wundinfektionen in den Körper gelangen und zu einer schwerverlaufenden Sepsis, also einer Blutvergiftung führen, die sofort behandelt werden muss. Auch die sogenannten "fleischfressenden Bakterien" können durch den Vibrio Vulnificus über eine Wundinfektion in den Körper gelangen, und dort zwar kein Gewebe im eigentlichen Sinn "fressen", sondern vielmehr ein Toxin absondern, durch das Gewebe abstirbt. Der Fachbegriff für diese nicht selten schwerwiegende Infektion lautet nekrotisierende Fasziitis.
Besonders tückisch: Durch eine Wunde, die man sich erst im Wasser zuzieht, kann es im Falle eines vibrionen-belasteten Gewässers zu einer Infektion kommen, für die es kaum Vorsorge gibt.
Wichtig ist daher, das Wasser nach dem Zuziehen einer blutenden Wunde oder eines tiefen Kratzers zunächst umgehend zu verlassen. Auch mit einer erst jüngst verheilten, womöglich noch eiternden Wunde sollte beim Sprung ins Wasser aufgepasst werden.
Doch nicht nur durch Wundinfektionen können die Bakterien in den Körper gelangen. Auch durch den Verzehr von unzureichend gegarten Meeresfrüchten wie Austern oder Shrimps und rohem Seefisch sind Infektionen in den USA und Israel, aber auch vereinzelt in Deutschland aufgetreten, wie das RKI schreibt.
Meerwasser-Keime: Symptome, Inkubationszeit und Risikogruppen - wie gefährlich sind die fleischfressenden Bakterien?
Nicht alle Menschen haben ein gleichhohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit Vibrio Vulnificus. Zu den typischen Risikogruppen zählen laut RKI vor allem ältere sowie immungeschwächte Personen. Menschen also mit Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, Lebererkrankungen, Krebserkrankungen sowie schweren Herzerkrankungen.
Das LAGuS rät zudem älteren und immungeschwächten Personen, die Hautverletzungen haben, den Kontakt mit Meer- oder Brackwasser zu vermeiden.
Die Inkubationszeit einer Infektion mit Vibrio Vulnificus beträgt laut RKI zwischen 12 und 72 Stunden. Das heißt, in dieser Zeitspanne treten die ersten Symptome auf.
Erstes und typisches Symptom einer nekrotisierende Fasziitis ist der Ärzte-Plattform deximed.de zufolge ein schnell auftretender starker Schmerz im infizierten Bereich sowie eine Rötung, Schwellung oder Blasenbildung um die betroffene Stelle. Auch Fieber und Schüttelfrost sind typische Symptome. Spätestens in diesem Stadium sollte schnell ein Krankenhaus aufgesucht werden.
Bei fortschreitender nekrotisierender Fasziitis kann es dagegen zu schwarz-blauer Verfärbung im entzündeten Bereich kommen sowie zu einer Schockentwicklung, Bewusstseinsstörung, kaltem Schweiß und Schwindel oder geistiger Verwirrung.
Meerwasser-Keime: Behandlung und Therapie - was ist nach einer Infektion zu tun?
Vorausgesetzt sie stehen im Zusammenhang mit einem möglichen Infektionsherd, sollten bereits die allerersten Symptome zügig ärztlich abgeklärt werden. In medizinischer Behandlung werden Vibrio-Bakterien mit Antibiotika bekämpft. Folgt dies bereits nach den ersten Stunden einer Infektion, ist die Prognose für gewöhnlich gut, wie tropeninstitut.de schreibt. Je länger sich allerdings bei einer schweren Infektion der Therapiebeginn verzögert, desto schwerer kann der Krankheitsverlauf sein.
Sind bereits die ersten Gewebe nach einer Infektion mit nekrotisierender Fasziitis abgestorben, hilft zur Rettung des Patientenlebens häufig einzig die Amputation der betroffenen Gliedmaßen, so deximed.de. Nur so könne verhindert werden, dass die aggressiven Bakterien lebenswichtigen Organe befallen.