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Ingolstadt
Tödlicher Unfall auf der A9 bei Ingolstadt: Raserprozess wird neu aufgerollt
Ein junger Mann rast mit über 230 km/h über die Autobahn, ein gleichaltriger Autofahrer stirbt. Jetzt wird der Prozess am Landgericht Ingolstadt neu aufgerollt.
Luzia Grasser
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:35 Uhr

Es ist ein Sonntagabend im Oktober 2019, kurz nach 23 Uhr. Die Autobahn bei Ingolstadt ist trocken in dieser Nacht, der Verkehr plätschert so dahin. Doch dann prescht auf der linken Spur ein BMW M4 heran. Mehr als 230 Stundenkilometer solle der Tacho gezeigt haben, wird später in einem Gutachten stehen. Der 22-jährige Fahrer versucht noch eine Vollbremsung, doch vergebens: Mit enormer Wucht rammt er einen Audi, der kurz zuvor auf die linke Spur gewechselt ist, um einen Wohnwagen zu überholen. Dessen gleichaltriger Fahrer hat keine Chance: Sein Auto schleudert über alle drei Spuren gegen eine Lärmschutzmauer, schrammt dort 100 Meter entlang und wird dann auf die Autobahn zurückkatapultiert. Der Fahrer ist sofort tot, der Verursacher, der aus dem Kreis Pfaffenhofen stammt, wird nur leicht verletzt.

Der Raserprozess wird in Ingolstadt neu aufgerollt

Er ist heute 26 Jahre alt und muss sich jetzt erneut vor dem Landgericht Ingolstadt verantworten. Vor zwei Jahren war er bereits zu einer dreieinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden, unter anderem wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge. Doch sowohl die Anwälte des Angeklagten als auch der Nebenklagevertreter haben Revision eingelegt. Und der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Anträgen stattgegeben, denn die Karlsruher Richter haben in der Urteilsbegründung einen Widerspruch erkannt. Die Kammer in Ingolstadt hatte damals zwar einen Gefährdungsvorsatz gesehen, nicht aber einen Tötungsvorsatz. Für den BGH ist das nicht in Einklang zu bringen, sodass der Fall ans Landgericht Ingolstadt zurückverwiesen worden ist.

Der damals 22-Jährige ist bei Ingolstadt durch seine rasante Fahrweise aufgefallen

Unstrittig ist allerdings, was sich in jener Nacht auf der A9 zwischen den Anschlussstellen Manching und Ingolstadt-Süd zugetragen hat. Der junge Fahrer, ein ausgebildeter Mechaniker, hatte ein Faible für schnelle Autos. Seinen BMW hatte er bis auf 575 PS hochgetunt, seine mögliche Höchstgeschwindigkeit lag bei 330 km/h. Eigentlich wäre der Rennwagen für die Straße überhaupt nicht mehr zugelassen gewesen. Und dennoch setzte sich der Mann regelmäßig ans Steuer, in der Woche fuhr er an die 700 Kilometer. So auch an diesem Sonntag. Mehreren Zeugen sei er durch seine rasante Fahrweise aufgefallen, hatten sie in der Verhandlung vor zwei Jahren geschildert. Ein Fahrer räumte die linke Spur, um Platz zu machen für den heranrasenden BMW-Fahrer. Er habe darauf vertraut, dass ihn die anderen rechtzeitig erkennen und für ihn Platz machen, hatte der Angeklagte damals im Prozess gesagt. Doch ist diese Aussage glaubhaft? Das versucht das Gericht an den kommenden Verhandlungstagen zu klären. Der Audi-Fahrer jedenfalls hatte das Auto des Mannes offenbar nicht rechtzeitig erkannt – und es kam zum fatalen Unfall. 

Insgesamt saß der Mann aus dem Kreis Pfaffenhofen nach dem Urteil für zehn Monate in Untersuchungshaft. Inzwischen ist er weggezogen und lebt in Berlin. In der Autoindustrie arbeitet er noch immer. Den Kontakt zu seinem Freundeskreis in der alten Heimat habe er weitgehend abgebrochen, erzählte er vor Gericht. Und auch ans Steuer eines Autos will er sich nicht mehr setzen: "Was das Autofahren angeht, bin ich komplett raus."

Als Nebenkläger ist der Vater des getöteten 22-Jährigen aus Kroatien zum Prozess nach Ingolstadt gekommen. Er trägt ein schwarzes T-Shirt, vorn ist ein Foto eines glücklichen jungen Mannes zu sehen. Es ist sein Sohn, der bei dem Unfall getötet worden ist. Der Prozess wird am 3. Juli fortgesetzt. 

 
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