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Ingolstadt
Bauernproteste in Ingolstadt: Ministerin Kaniber wirft Regierung Totalversagen vor
Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber war zu Gast auf der Kundgebung der Landwirte in Ingolstadt. Sie machte den regierenden Parteien schwere Vorwürfe.
Dorothee Pfaffel
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:28 Uhr

Wo sonst Autos parken, ein Volksfest gefeiert oder Fußball gespielt wird, versammelten sich am Mittwoch Bäuerinnen und Bauern aus der ganzen Region mit ihren Traktoren, um ihren Protest fortzusetzen. Sie wehren sich damit gegen die Beschlüsse der Bundesregierung, die Agrardiesel-Rückvergütung abzuschaffen und eine Kfz-Steuer für Landwirte einzuführen. Zwischen 400 und 500 Schlepper beteiligten sich an der Demonstration. Die Fahrzeuge fuhren um die Mittagszeit auf einer Sternfahrt über fünf Routen von Lenting, Vohburg, Ernsgarden, Zuchering und dem Gabelkreisel kommend nach Ingolstadt. Rund 200 trafen sich am Volksfestplatz, circa 300 am Stadion. Von dort gingen die Landwirte zu Fuß oder fuhren mit Shuttlebussen zum Rathausplatz, wo um 14.30 Uhr eine Kundgebung stattfand. Mit dabei unter anderem die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, die zwar sagte, nicht im Wahlkampfmodus zu sein, dann aber doch recht emotional und kämpferisch gegen die Ampel-Regierung wetterte.

Kurz nach 12.30 Uhr rollten die ersten Traktoren hupend auf den Festplatz-Parkplatz in der Dreizehnerstraße. Dort standen wie sonst auch zahlreiche geparkte Autos, doch für die Schlepper war noch genug Platz. Personal der IFG sorgte dafür, dass die Schranken offen waren, Helfer wiesen die Fahrzeuge ein. Ihre Schilder mit Sprüchen wie "Euer politischer Mist kostet unsere Existenz" hatten die Landwirte nach wie vor an ihre Traktoren montiert. Diesmal hatten sie aber auch noch Schilder dabei, die sie am Rathausplatz in die Höhe hielten. 

Kundgebung in Ingolstadt: Landwirtschaftsministerin Kaniber wettert gegen Regierung

Die Landwirte waren nicht allein. Auch Bäcker und andere Handwerker unterstützten die Demonstranten, Lastwagen hatten sich unter die Traktoren gemischt. 1000 Menschen erwartete der Bauernverband (BBV), der die Aktion gemeinsam mit dem Verein "Landwirtschaft verbindet Bayern" (LsV) organisiert hatte, zur Kundgebung. Und auch einige Politiker aus der Region hatten den Weg gefunden, zum Beispiel der Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl (CSU). Der Rathausplatz war gut gefüllt, laut Polizei waren es letztendlich 500 Teilnehmer.

Den Anfang der Redner machte Johannes Scharl, Kreisobmann des BBV. Er klagte, die Landwirte würden gegängelt schon seit dem Volksbegehren "Rettet die Bienen". "Wir bekommen immer mehr Knüppel zwischen die Füße geworfen!", sagte er. Es fehle an Wertschätzung. Die bisherigen Vorschläge der Regierung wies er zurück und drohte: "Wir bleiben hart, bis die Beschlüsse komplett zurückgenommen werden." Michael Muhr, Stellvertretender Vorstand des LsV-Bayern, witzelte: "Wir sollen mit E-Schleppern fahren, am besten nur alle zwei Wochen für zwei Stunden." Er kritisierte, dass viele Menschen nur noch 30 Stunden pro Woche arbeiten wollten - die hätten die hart arbeitenden Landwirte schon am Mittwoch beisammen. Von der Politik forderte Muhr unter anderem klare Herkunftsbezeichnungen auf Produkten und Verlässlichkeit.

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) schoss scharf gegen die Regierung und erntete dafür begeisternden Applaus: "Was in Berlin passiert, ist ein Totalversagen!", schimpfte sie. Die Regierenden seien Ideologen, die die Ängste der Bevölkerung gar nicht kennen würden. Sie, eine Frau nah am Volk, hingegen schon: Es sei die Angst vor dem Abstieg. Außerdem wollte die Ministerin mit Vorurteilen aufräumen: Die Landwirte erhielten keine Subventionen, sondern Ausgleichszahlungen, damit sie ihre Lebensmittel zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten könnten. "Wer eine Branche wie die Landwirtschaft nicht ehrt, ist des Regierens nicht wert", reimte Kaniber.

Bauernproteste: Buhrufe gegen Politiker der Ampel-Parteien auf Ingolstädter Rathausplatz

Eingeladen waren auch Vertreter der Ampel-Parteien. Für die Grünen trat Ingolstadts Bürgermeisterin Petra Kleine ans Mikrofon, die in der Stadt für Umweltschutz und Landwirtschaft zuständig ist. Sie hatte es schwer, wurde schon ausgepfiffen und ausgebuht, bevor sie anfing zu sprechen. Da half es auch nicht viel, dass Scharl um Fairness und Höflichkeit bat. Dabei bezog Kleine Position für die Landwirte und versicherte ihnen, sie ernst zu nehmen. "Der Klimawandel trifft euch zuerst", sagte sie. Auch sie sei für Direktvermarktung und Öko-Landwirtschaft. Christian Delapuente (SPD) solidarisierte sich ebenfalls mit den Bauern, bezeichnete ihre Proteste als "richtig und wichtig" - doch auch er erntete laute Buhrufe. Ebenso Jakob Schäuble von der FDP, der sich für faire Wettbewerbsbedingungen und mehr Verlässlichkeit seitens der Politik aussprach.

Schließlich versicherten noch Vertreter des Hotel- und Gaststättenverbands und der Bäcker, dass sie "Schulter an Schulter" mit den Bauern stehen würden. Harald Mödl (Vorsitzender DEHOGA) nutzte die Gelegenheit, für eine Forderung in eigener Sache: "Ins Wirtshaus gehen muss bezahlbar sein." Gegen 16.20 Uhr war die Kundgebung zu Ende und die Landwirte machten sich auf den Heimweg. Laut Polizei kam es nur zu geringfügigen Beeinträchtigungen des Verkehrs.

 
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