Der demografische Wandel in Deutschland ist bekannt. Laut Statistischem Bundesamt entfielen im Jahr 2022 in der Bundesrepublik auf 100 Personen im Alter von 20 bis unter 65 Jahren etwa 37 Personen im Alter ab 65 Jahren. Hierbei wird vom Altenquotient gesprochen, der seit 1991 fast durchgängig ansteigt.
Das hat auch mit der höheren Lebenserwartung zu tun. Festzuhalten bleibt damit aber auch: Immer mehr Menschen werden pflegebedürftig. Eben vor allem wegen des erreichten Alters.
Aber nicht nur die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, sondern trotz erhöhter Zuschüsse auch der Eigenanteil bei der Unterbringung in einem Pflegeheim – was Kritik hervorruft. Die Pflege muss man sich also heutzutage erst einmal leisten können.
Pflege in Deutschland: Welche Leistungen gibt es?
Das Gesundheitsministerium verweist auf die Pflegeversicherung, deren Leistungen individuell auf die Bürger zugeschnitten sind. Darüber hinaus gibt es die Optionen, Pflegesachleistungen oder Pflegegeld zu beantragen. Außerdem können Tages- oder Nachtpflege, aber auch Kurzzeit- oder Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden.
Angehörige, die für die Pflege aufkommen, werden demnach sozial abgesichert und können zeitweise von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt werden, ohne finanzielle Nachteile fürchten zu müssen. Führt jedoch kein Weg an der Unterbringung in einem Pflegeheim vorbei, übernimmt die Pflegeversicherung anteilig die Kosten – die Höhe hängt vom Pflegegrad ab.
Pflege in Deutschland: Wie hoch fallen die Zuschüsse für eine Unterbringung in einem Heim aus?
Hier liefert das Gesundheitsministerium folgende Zahlen:
- 125 Euro monatlich bei Pflegegrad 1
- 770 Euro monatlich bei Pflegegrad 2
- 1262 Euro monatlich bei Pflegegrad 3
- 1775 Euro monatlich bei Pflegegrad 4
- 2005 Euro monatlich bei Pflegegrad 5
Reichen diese Beiträge nicht aus, um die Aufwendungen des Pflegeheims abzudecken, muss ein Eigenanteil gezahlt werden. Dieser ist für die Pflegegrade 2 bis 5 einheitlich und unterscheidet sich lediglich von Einrichtung zu Einrichtung. Es wird darauf verwiesen, dass "die Kosten für Verpflegung, Unterkunft, Investitionen und Komfortleistungen je nach Pflegeheim sehr unterschiedlich ausfallen können".
Damit die Pflegebedürftigen finanziell nicht überfordert werden, zahlt die Pflegeversicherung seit Januar 2022 auch einen "Leistungszuschlag zum pflegebedingten Eigenanteil der pflegebedürftigen Person, der mit der Dauer der vollstationären Pflege steigt". Im Gegensatz zum Gesundheitsministerium verweisen etwa die Verbraucherzentrale und der Sozialverband VdK darauf, dass diese Zuschläge zum 1. Januar 2024 gestiegen sind.
Demnach betragen diese mittlerweile:
- 15 Prozent des pflegebedürftigen Eigenanteils im ersten Jahr
- 30 Prozent des pflegebedürftigen Eigenanteils im zweiten Jahr
- 50 Prozent des pflegebedürftigen Eigenanteils im dritten Jahr
- 75 Prozent des pflegebedürftigen Eigenanteils im vierten Jahr
Pflege in Deutschland: Wie entwickelt sich der Eigenanteil?
Der Verband der Ersatzkassen (vdek) hat die aktuellen Eigenanteile für Pflegebedürftige in der stationären Pflege mit denen aus dem vergangenen Jahr verglichen. Zwar ist eine Steigerung festzustellen, doch fällt diese geringer aus als im Vorjahreszeitraum. Der sogenannte einrichtungseinheitliche Eigenanteil (EEE) ist demnach um 238 Euro auf 1377 Euro gestiegen, werde "durch die Erhöhung der Zuschüsse aber erheblich abgefedert".
Bei den Kosten für Unterkunft und Verpflegung wurde ein Anstieg um 64 Euro monatlich auf 921 Euro registriert, die Investitionskosten erhöhten sich um 13 Euro auf 485 Euro. Die gesamte finanzielle Eigenbeteiligung für Pflegebedürftige im Pflegeheim steigt damit wie folgt:
- um 165 Euro auf 2576 Euro im ersten Aufenthaltsjahr
- um 187 Euro auf 2370 Euro im zweiten Aufenthaltsjahr
- um 140 Euro auf 2095 Euro im dritten Aufenthaltsjahr
- um 79 Euro auf 1750 Euro ab dem vierten Aufenthaltsjahr
"Die Erhöhung spiegelt die gestiegenen Personal- und Sachkosten wider", hält die vdek-Vorsitzende Ulrike Elsner dazu fest und nimmt auch die Länder in die Pflicht: "Würden die Bundesländer ihr politisches Commitment halten und die Investitionskosten übernehmen, würden die Pflegebedürftigen um aktuell 485 Euro monatlich entlastet."
Pflege in Deutschland: Was sagen Experten zum hohen Eigenanteil?
Deutliche Kritik äußert VdK-Präsidentin Verena Bentele. "Die gestiegenen Zuschüsse kosten die Pflegeversicherung jährlich über fünf Milliarden Euro, ohne dass der Eigenanteil der Pflegehaushalte sinkt", moniert die zwölfmalige Paralympics-Siegerin und legt nach: "Ein monatlicher Eigenanteil im ersten Jahr von rund 2500 Euro karikiert den Begriff Versicherung."
Sie fordert ein Umdenken der Entscheidungsträger, denn: "Durch die Kostenexplosion wird Pflege immer weiter zu einem privaten Risiko – und die Politik sieht zu und steuert nicht ausreichend dagegen. Die immer weiter ansteigenden Eigenanteile werden unweigerlich wieder auf den Staat zurückfallen: nämlich dann, wenn die betroffenen Menschen Sozialhilfe, und damit eine steuerfinanzierte Leistung beantragen."
Vor der Entwicklung warnt auch Antje Schwinger, Leiterin des Forschungsbereichs Pflege am Wissenschaftlichen Institut der AOK. "Schon jetzt ist absehbar, dass die Kosten für die Pflege im Heim weiter steigen werden", warnt die Pflegewissenschaftlerin, die etwa auf gestiegene Lohnkosten verweist.
Weiter betont sie: "Wenn man von einer im Vergleich zu den Vorjahren eher moderaten Steigerung der Eigenanteile um zehn Prozent ausgeht, werden die Eigenanteile bereits 2025 trotz der beschlossenen Erhöhungen der Zuschläge und der Dynamisierung der Leistungssätze wieder über dem Niveau von 2023 liegen."