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Halloween
An diesen fünf Orten in Augsburg soll es einmal gespukt haben
Mehrere Geister sollen über die Jahrhunderte ihr Unwesen in Augsburg getrieben haben. Wo und warum sich in der Stadt unheimliche Mythen etabliert haben.
Luca Riedisser
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:06 Uhr

Eine Geistermesse im Dom, verurteilte Hexen und Bündnisse mit dem Teufel: In Augsburg gibt es einige Orte, an denen unheimliche Dinge passiert sein sollen. Zu Halloween teilt Christina Höhberger-Heckel von den Stadtwegen Augsburg, die unter anderem Gruselführungen durch die Stadt organisiert, fünf Legenden mit unserer Redaktion. Sie erklärt außerdem, woher die Geschichten stammen und wie viel Wahrheit in ihnen steckt.

Die Geistermesse im Augsburger Dom

Im Mittelalter lebte eine fromme Frau namens Perchtin in Augsburg. Eines Nachts hörte sie die Domglocken läuten und ging davon aus, sie habe die Messe verschlafen. Eilig rannte sie zur Kirche, doch dort war niemand. Nur aus dem Gewölbe unter der Kirche drang ein seltsames Murmeln. Dort beteten einige Gläubige andächtig. Perchtin kniete sich ebenfalls nieder und betete. Erst nach einigen Minuten fiel ihr auf, dass die Stimmen unmenschlich klangen. Sie blickte um sich und sah neben sich ihre verstorbene Nachbarin, die sie aus hohlen, toten Augen anstarrte. Die Geister bemerkten nun, dass ein Mensch unter ihnen war. Perchtin rannte, dicht gefolgt von den Geistern, zum Ausgang und erreichte gerade noch rechtzeitig den Platz vor dem Dom. Dort drückte sie die Tür so lange zu, bis der erste Sonnenstrahl Augsburg erhellte und das Geheule im Innern der Kirche verstummte. Dann brach sie zusammen. Später am Tag wurde sie gefunden und erwachte. Doch sie war verwirrt und wurde nie wieder dieselbe.

„Es wurde damals wohl wirklich eine Frau vor der Domtür gefunden“, sagt Höhberger-Heckel. Der Historiker Kay Peter Jahnkrift habe dies in seinem Buch „Henker, Huren, Handelsherren: Alltag in einer mittelalterlichen Stadt“ beschrieben. „Ich persönlich nehme an, dass dieser Frau tatsächlich etwas passiert ist, aber sie in einem so verwirrten Zustand war, dass die Augsburger sich den Rest zusammengedichtet haben“, fügt Höhberger-Heckel hinzu. Im Mittelalter sei der Glaube an Geister fest in den Köpfen der Menschen verankert gewesen.

Das Geisterkalb von Augsburg

Im 18. Jahrhundert lebte und arbeitete eine Hebamme in Augsburg, die sich dem Teufel verschrieben hatte. Sie taufte Neugeborene heimlich in seinem Namen. Wenn dann die Eltern das Kind zur Taufe in die Kirche brachten, starb es, sobald es mit dem Weihwasser in Berührung kam. Die Kinderseele kam direkt in die Hölle. Im Gegenzug bescherte der Teufel der Hebamme großen Reichtum. Doch vor dem Alter war auch sie nicht gefeit, und so starb sie eines Tages. Sie fand aber keine Ruhe, sondern kam als blökendes, schwarzes Kalb mit rot glühenden Augen zurück auf die Welt. Im Schutz der Dunkelheit lockte das Kalb Frauen und Kinder an, machte diese krank oder tötete sie gar. Immer mehr Menschen fanden den Tod, bis ein Mönch nach Augsburg kam, dem es gelang, das Tier zu bannen und in einer Flasche einzusperren. Diese vergrub er im Lechhauser Moos, heute Lechhausen. Dort soll sie sich noch heute befinden und darf auf keinen Fall geöffnet werden.

Laut Höhberger-Heckel geht diese Geschichte aus Aberglauben hervor. „Mit angeblichen Geistererscheinungen haben die Menschen versucht, sich Ereignisse zu erklären, die sie nicht verstanden haben – zum Beispiel eben plötzliche Erkrankungen oder den Tod“, sagt sie. Auch in anderen Städten gebe es ganz ähnliche Geschichten von bösen Geistern in Form von Tieren. „In München war es eine schwarze Kuh, die im Freisinger Moos begraben wurde.“ Ein Satz, mit dem Eltern früher ihre Kinder ermahnten, würden vor allem alte Augsburger heute noch kennen: „Warte nur, die Hefamm [Hebamme] kommt und holt dich – hörst du nicht, wie sie blökt?“ 

Der Hexenbrunnen beim Fischertor

Unzählige Menschen wurden im 16. und 17. Jahrhundert der Hexerei bezichtigt und grausam hingerichtet. In Augsburg traten sie ihren Gang zum Galgen an. Auf dem Weg dorthin führte der Henker sie an einem Brunnen nahe dem Fischertor vorbei. Dort sollte sie den letzten Schluck Wasser trinken, bevor sie gehängt wurden.

Diesen Brunnen hat es Höhberger-Heckel zufolge zu besagter Zeit noch nicht gegeben – er stammt aus den 1920er Jahren. Die Hexenfigur, die sich heute dort befindet, sei in den 50ern aufgestellt worden. „Zudem wurden die meisten Angeklagten in Augsburg nicht zum Tode verurteilt, sondern zu Züchtigung, oder sie wurden an den Pranger gestellt.“ Dieser habe sich nicht beim Fischertor, sondern an der Außenfassade des Rathauses befunden. Manchmal seien vermeintliche Hexen außerdem wieder freigelassen worden.

Höhberger-Heckel zufolge gab es von 1563 bis 1734 insgesamt 130 Hexenprozesse. 1625 sei die erste Hexe in Augsburg hingerichtet worden: Eine Frau namens Dorothea Braun aus der Fuggerei. Doch nur 15 Prozesse endeten mit der Verurteilung zum Tode, zwei Personen starben infolge von Folter. „In Augsburg wurden vor allem arme Menschen als Hexen hingerichtet. Und die meisten waren über 50 Jahre alt.“

Die vier Mönche am Perlachturm

Im Jahr 1484 verurteilte der Augsburger Stadtrat vier geistliche Männer zum Tode, weil sie homosexuell waren. Sie wurden in einen Käfig gesperrt, der auf halber Höhe des Perlachturms angebracht wurde. Ihre Arme und Beine wurden an der Außenwand des Perlachturms festgebunden. Dort hingen sie tagelang und waren Wind, Wetter und dem Gespött der Menschen ausgeliefert. Immer wenn die Nacht hereinbrach, fingen die Mönche an zu beten. Ihre verzweifelten Stimmen ängstigten die Bevölkerung. Neun Tage dauerte ihr Todeskampf. Einer der Männer hielt den Hunger nicht mehr aus und biss dem, der neben ihm hing, das Fleisch aus dem Körper. Als alle vier Mönche gestorben waren, wurde der Käfig entfernt und alles war wieder so, als wäre er nie da gewesen. Doch noch heute, wenn der Wind um den Turm weht, sollen die leisen unheimlichen Gebete zu hören sein.

„Das ist alles tatsächlich so passiert und auch belegt“, sagt Höhberger-Heckel. Kay Peter Jahnkrift beschreibt die Geschichte ebenfalls in seinem Buch. 

Die drei Geister im Hotel Maximilian's

Das Hotel Maximilian's (früher Hotel Drei Mohren) gehört zu den berühmtesten in ganz Augsburg – auch in der Geisterwelt. So verbarrikadierten sich im 18. Jahrhundert drei Geister im Weinkeller des Hauses. Es waren der „Fliegende Holländer“, „Der ewige Wanderer“ und „Der wilde Jäger“. Die Angestellten versuchten ein ums andere Mal, die Tür aufzuschließen, aufzubrechen, sogar das Schloss zu wechseln – erfolglos. Sie blieb verschlossen. Nach genau einem Jahr öffnete sie sich wie von Zauberhand. Die drei ungebetenen Gäste waren weg, aber in dem einen Jahr hatten sie jedes einzelne Weinfass geleert.

Die Geschichte von den drei Geistern im Hotel Maximilian's ist Höhberger-Heckel zufolge frei erfunden. „Das Hotel hat sie im Laufe der Jahre erfunden, um seine Berühmtheit zu unterstreichen.“

 
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