zurück
Günzburg
Mutter zahlt drei Jahre lang keine Miete: Wie konnte das passieren?
Mehr als 28.000 Euro Miete schuldet eine Frau ihrer 67-jährigen ehemaligen Vermieterin. Nutzte sie deren Gutmütigkeit aus? Im Gerichtssaal in Günzburg fließen Tränen.
Kündigungsverzicht: Wenn der Mietvertrag vier Jahr       -  Dieser Fall aus dem südlichen Landkreis ist besonders: Selten kommt es vor, dass es Vermieter so lange dulden, wenn keine Miete gezahlt wird.
Foto: Christin Klose, dpa (Symbolbild) | Dieser Fall aus dem südlichen Landkreis ist besonders: Selten kommt es vor, dass es Vermieter so lange dulden, wenn keine Miete gezahlt wird.
Dorothea Rosskopf
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:58 Uhr

Es wirkte fast so, als hätte sie sich selbst bewusst machen wollen, was eigentlich passiert sei. Unter Tränen gab die 67-jährige Vermieterin aus dem südlichen Landkreis im Zeugenstand zu: "Ich wurde belogen und betrogen, von Einzug bis Auszug." Während sie bei der Verhandlung im AmtsgerichtGünzburg sehr aufgewühlt wirkte, verhielt sich die Beschuldigte ruhig. Über drei Jahre lang lebte die angeklagte Frau in der Wohnung der Geschädigten, ohne auch einmal die komplette Miete zu zahlen.

Als die damals 31-Jährige 2018 in die Wohnung der Frau zog, gab sie an, die monatliche Miete von 600 Euro für hundert Quadratmeter zahlen zu können. Bereits seit 2016 kannten sich die damalige Mieterin und Vermieterin, die zweifache Mutter wohnte vorher in einer anderen, kleineren Wohnung der Geschädigten. Obwohl sie schon für diese Wohnung zwei bis drei Monatsmieten hinterher war, ließ die Vermieterin sie in die größere Wohnung im selben Gebäude umziehen. Für die neue Wohnung bezahlte die zweifache Mutter, so berichtete sie selbst, kein einziges Mal die Miete. Als die 67-Jährige Ende 2021 den Schlussstrich zog, waren bereits etwas mehr als 28.000 Euro Schaden entstanden. 

Prozess in Günzburg: Vermieterin ließ die Mutter wegen der Kinder bleiben

Auf die Frage von RichterMartin Kramer, wie es so weit kommen konnte, verwies die Zeugin auf die kleine Tochter und den jugendlichen Sohn der Frau. Die Vermieterin habe "es für die Kinder getan" und deshalb die Familie weiter in der Wohnung leben lassen, sie sogar dazu angeregt, in die größere Wohnung umzuziehen, ohne den Mietpreis besonders zu erhöhen. Der Anwalt der Angeklagten sah die Schuld allerdings nicht nur bei seiner Mandantin. Während des Prozesses sprach die Beschuldigte von einem Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen ihr undder älteren Frau und behauptete, die Vermieterin hätte sogar falsche (eigentlich unbezahlte) Mietquittungen für die Agentur der Arbeit unterschrieben.

Dadurch erhielt die Angeklagte weiterhin Zahlungen des Amtes – die sie nie für die Miete verwendete. „Die Frau war aber nur in der Wohnung und hat nix gearbeitet“, betonte die ehemalige Vermieterin.Mit den Vorwürfen geht sie noch weiter: Als die gutmütige Frau dem Sohn ihrer Mieterin einen Ausbildungsplatz verschafft hätte, hätte er seine Ausbildung anscheinend auf Wunsch der Mutter abgebrochen. Sie hätte damit verhindern wollen, dass Zahlungen gekürzt werden würden.Seit den Vorfällen und einer dreifachen Kündigung durch die Vermieterin wurde kein Wort mehr miteinander gesprochen. Umso bewegender war das Zusammentreffen im Gerichtssaal. 

Angeklagte bereits mehrmals vor Gericht in Günzburg gewesen

Für die Mutter war es nicht das erste Mal vor Gericht: Immer wieder gab es Prozesse wegen Urkundenfälschung und Betrug, sodass sie, während sie anfangs in der Wohnung wohnte, sogar noch auf Bewährung war. „Ich bin da nicht mehr herausgekommen“, beteuerte die mittlerweile 35-Jährige. Sie habe immer wieder Hoffnung auf Geld gehabt, aber letztlich keines auftreiben können. Durch das Vertrösten der Vermieterin entstand schließlich diese Summe. Mittlerweile bereue die Geschädigte ihre Gutmütigkeit und dass sie die Dreistigkeit so spät erkannt habe.

Erst nach Druck von Verwandten forderte sie Zahlungen ein. Kramer verurteilte die zweifache Mutter zu einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe, die vier Jahre auf Bewährung ausgesetzt wurden. Zudem muss sie die rund 28.000 Euro zurückzahlen und zu regelmäßigen Terminen mit der Schuldnerberatung erscheinen. Gemäß ihrer aktuellen, nach eigenen Angaben, "besseren Arbeitssituation", muss die Mutter mindestens 150 Euro monatliche Schadenswiedergutmachung leisten. "Es ist Ihre allerletzte Warnung", betonte RichterKramer.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Euro
Mietpreise
Monatsmieten
Mütter
Wohnungen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen