Es war ein offenes Geheimnis, das Jewgenij Prigoschin am 26. September 2022 gelüftet hat. "Putins Koch", wie Prigoschin in Russland gerne genannt wird, hatte eingeräumt, hinter der Gruppe Wagner zu stehen. Damit verliert die Söldnergruppe ein Stück von ihrem Mythos und kann direkt mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin in Verbindung gebracht werden. Bezweifelt hatte zuvor aber ohnehin kaum einer, dass die Gruppe Wagner unter dem Befehl von Prigoschin – und damit wohl auch und vor allem unter dem Befehl Putins steht.
Was ist die Gruppe Wagner?
Die berüchtigte Gruppe Wagner trat zum ersten Mal im Jahr 2014 in Erscheinung. Die Gründung kann direkt mit dem russischen Überfall auf die ukrainische Krim und dem Konflikt im Donbass in Verbindung gebracht werden. Durch Prigoschins Aussagen ist nun klar, wie genau die Söldergruppe gegründet wurde. Der Russe sagte aus, dass es bei der Besetzung der Gebiete im Donbass durch russische Nationalisten und prorussische Separatisten an Soldaten und Ausrüstung mangelte. Prigoschin habe daraufhin "Spezialisten" für die Wartung von Militärausrüstung angeheuert. Die Geburtsstunde der Gruppe Wagner.
Zunächst soll sie noch eine Bataillonsstärke gehabt haben, was einen Verband von 300 bis 1.200 Soldaten umfasst. "Ausschließlich dank ihres Mutes war die Befreiung des Flughafens von Luhansk und vieler anderer Territorien möglich", wurde Prigoschin von seinem eigenen Catering-Unternehmen Konkord zitiert. Daher sei das Schicksal der Regionen Donezk und Luhansk auch maßgeblich von der Gruppe Wagner beeinflusst worden. Auch bei der Annexion der Krim sollen Wagner-Söldner eine Rolle gespielt haben.
In der Folge soll die paramilitärische Einheit laut Prigoschin zu einer "Säule des Vaterlandes" geworden sein. Fakt ist, dass die Gruppe Wagner immer mehr Soldaten rekrutierte, was vor allem in ärmeren Regionen Russlands geschieht, und verstärkt in Krisengebiete geschickt wurde. Wagner-Söldner wurden seit 2014 in Europa (vor allem Armenien und Belarus), in Afrika, in Südamerika und im Nahen Osten gesichtet. in Afrika ist die Gruppe Wagner im Sudan, in Mali, in Mosambik, in der Zentralafrikanischen Republik und wohl auch noch in weiteren Staaten aktiv. Zumeist werden die Söldner von den Regierungen angeheuert. Offiziell, um für Ordnung zu sorgen und die Sicherheit zu gewährleisten. 2019 soll eine Einheit der Gruppe Wagner nach Venezuela geflogen sein, um die Macht von Staatspräsident Nicolás Maduro zu erhalten. Einsatzgebiete der Söldnergruppe fanden sich außerdem in Syrien und Libyen. Der Einsatz in Syrien stellte wohl den größten der Gruppe Wagner dar. Damals wurde sie vom syrischen Präsidenten Baschar al-Assad rekrutiert. Die Gruppe Wagner erlitt dabei schwere Verluste.
Einsatzgebiete der Gruppe Wagner in der Übersicht
- Ukraine
- Belarus
- Armenien
- Syrien
- Libyen
- Sudan
- Zentralafrikanische Republik
- Mali
- Mosambik
- Ägypten
- Angola
- Guinea
- Kongo
- Madagaskar
- Eritrea
- Venezuela
Gruppe Wagner: Rolle beim Krieg in der Ukraine
Die Gruppe Wagner steht derzeit im Besonderen unter Beobachtung, da es seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine Meldungen gibt, welche die Präsenz von Wagner-Soldaten in der Ukraine belegen sollen. Dort sollen sie Seite an Seite mit russischen Soldaten kämpfen und über eine ähnliche Ausrüstung verfügen. Die Wagner-Söldner stehen offenbar zumeist an vorderster Front. Sie bilden damit sogenannte Schocktruppen, die meist mit schweren Verlusten die Vorhut bilden.
Die Rolle der Gruppe Wagner scheint sich daher zu wandeln. Vor dem Krieg in der Ukraine wurden Wagner-Söldner verdeckt eingesetzt. Es wurde darauf geachtet, dass keine direkte Verbindung zum Kreml ersichtlich wird. Das hat sich gewandelt, wie auch die überraschenden Aussagen von Prigoschin zeigen.
Jewgenij Prigoschin: Wer hat die Gruppe Wagner gegründet?
Die Antwort auf die Frage ist seit dem 26. September offiziell geklärt. Doch wer ist Progoschin?
Jewgenij Wiktorowitsch Prigoschin wurde im Jahr 1961 in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg geboren. In der Stadt also, in der neun Jahre zuvor Putin das Licht der Welt erblickt hatte. Wegen Raubes und weiterer Delikte wurde Prigoschin in der Sowjetunion zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Im Jahr 1990 wurde er freigelassen und schwang sich zum Gastronomieunternehmer auf. In der Folge bewirtete er auch Putin des Öfteren, was ihm den Beinamen "Putins Koch" verschaffte. Heute betreibt der 61-Jährige neben seinem Unternehmen Konkord das einzige private Restaurant im Kreml.
Prigoschin wurden immer wieder versteckte Propagandaaktivitäten für den Kreml nachgesagt. Sein wirtschaftlicher Erfolg soll zu großen Teilen auf der Unterstützung von Putin basieren. Schon vor dem Krieg in der Ukraine stand der auf Sanktionslisten der USA und EU. Er wurde auch mit russischen Manipulationsversuchen rund um die US-Wahlen 2016 in Verbindung gebracht. Dass Prigoschin sich nun als Gründer der Gruppe Wagner zu erkennen gab, überrascht. Immerhin hatte er er zuvor die Eigentümerschaft der Gruppe Wagner mehrmals bestritten und sogar gegen Kritikerinnen und Kritiker und Journalistinnen und Journalisten geklagt.
Vorgehen der Gruppe Wagner: Kriegsverbrechen, Folter und Hinrichtungen
Das Vorgehen der Gruppe Wagner gilt als grausam, brutal und skrupellos. Videoaufnahmen aus Syrien hatten Mitglieder der SöldnergruppeKriegsverbrechen, Folter und Hinrichtungenüberführt. Ähnlich sollen die Wagner-Soldaten auch in der Ukraine vorgehen, was unter anderem durch den Bundesnachrichtendienst abgehörte Funksprüche belegen.
Die meisten Söldner sind ehemalige Soldaten des russischen Militärs. Es werden aber auch Kämpfer aus anderen Ländern rekrutiert. Außerdem greift die Wagner Gruppe spätestens seit Juni 2022 auf die Rekrutierung von russischen Strafgefangenen zurück. In einem Video, welches im September 2022 auftauchte, hält Prigoschin eine Ansprache vor Häftlingen in der russischen Teilrepublik Mari El. Er verspricht ihnen nach sechs Monaten Amnestie und lobt die Wagner Gruppe. Er räumte aber auch ein, dass unter den rekrutierten Häftlingen hohe Verluste zu erwarten sein. "Entweder Söldner und Häftlinge oder eure Kinder", soll Prigoschin laut seines Unternehmens in der öffentlichen Debatte um die Rekrutierung gesagt haben.
Gruppe Wagner: Das steckt hinter der Namensgebung
Auf Propagandavideos der Gruppe Wagner ist immer wieder ein Porträt des deutschen Komponisten Richard Wagner zu sehen. Auf diesen geht offenbar auch die Namensgebung der paramilitärischen Einheit zurückgehen. Das hat mit Oberstleutnant Dmitri Utkin zu tun, der als Anführer der Gruppe Wagner gilt.
Anführer der Gruppe Wagner: Wer ist Dmitri Utkin?
Utkin soll ein Bewunderer des Dritten Reichs und der Musik sein. Er trägt den Kampfnamen "Wagner" und soll auf den Befehl Prigoschins 2014 eine Spezialeinheit aus Veteranen als schnelle Eingreiftruppe zusammengestellt haben. Sie wurde nach dem Kampfnamen Utkins benannt, der bis heute bestehen blieb.
Utkin arbeitete zuvor für den russischen Militärgeheimdienst GRU. Er wurde 1970 in Russland geboren, wuchs aber in der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik auf. Er gilt als Neonazi und hat sich ein Hakenkreuz auf die Brust tätowieren lassen. 2016 erhielt Utkin im Kreml von Putin persönlich den Tapferkeitsorden. Ein Jahr später wurde er zum Generaldirektor von Prigoschins Gastronomieunternehmen ernannt.
Was verdienen Söldner der Gruppe Wagner?
Neue Mitglieder lockt die Gruppe Wagner vor allem mit einem Sold an. Wie viel die Söldner bei solch einem paramilitärischen Einsatz verdienen, konnte bislang nicht genau aufgedeckt werden. Die Moscow Times berichtete im Jahr 2017, dass der Lohn für Wagner-Soldaten bei rund 1.400 US-Dollar bis 4.300 US-Dollar liegen soll. Je nach Ausbildung und Dringlichkeit. Für russische Verhältnisse sind das hohe Summen, welche einige Personen in gefährliche und verwerfliche Einsätze zu locken scheint.