Oft fällt es schwer, den Arbeitsplatz pünktlich zu verlassen. Viele kennen das Phänomen: ein Kundengespräch dauert länger als geplant, diese eine E-Mail frisst doch mehr Zeit als man dachte oder das Aufräumen des Arbeitsplatzes zieht sich in die Länge. Schnell sammeln sich in solchen Fällen die Überstunden an. In vielen Arbeitsverträgen findet man dann die Klausel: „Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer empfinden das als unfair, weil sie so möglicherweise zusätzliche Arbeit leisten, die aber nicht zusätzlich bezahlt wird. Aber ist das überhaupt zulässig? Dieser Frage soll im folgenden Artikel näher auf den Grund gegangen werden.
Können Überstunden mit dem Gehalt abgegolten werden?
Bei Überstunden werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oft Ausgleichsstunden angeboten, diese fließen dann auf ein Arbeitszeitkonto und können hinterher in Form von Freizeit ausgeglichen werden. In den meisten Tarifverträgen wird die Mehrarbeit, die ein Vertragspartner oder eine Vertragspartnerin zusätzlich leistet, extra vergütet. Wenn Überstunden jedoch mit dem Gehalt abgegolten werden, bedeutet das, dass Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen ihren Angestellten für zusätzlich geleistete Stunden keinen Ausgleich anbieten müssen. Aber ist das überhaupt zulässig?
Tatsächlich gelten hier verschiedene Voraussetzungen. Wenn Überstunden mit dem Gehalt abgegolten werden sollen, muss im Arbeitsvertrag zunächst eine konkrete Höchstzahl angegeben werden. Gemäß eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts von 2010 muss aus dem Arbeitsvertrag klar hervorgehen, welche konkrete zusätzliche Arbeitsleistung gemeint ist. Genau gemeint ist damit, dass aus der Überstunden-Klausel im Arbeitsvertrag hervorgehen muss, wie viele Überstunden mit dem Gehalt abgegolten werden.
- Nicht gültig:„Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“
- Gültig:„Überstunden im Umfang von bis zu drei Stunden pro Woche über die vereinbarte Wochenarbeitszeit hinaus sind mit dem Gehalt abgegolten“
Wie viele Überstunden können mit dem Gehalt abgegolten werden?
Auch wenn es unter Umständen gültig sein kann, Überstunden mit dem Gehalt abzugelten, darf das nicht zulasten der Mitarbeitenden gehen und in Ausbeutung enden. Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin darf nur so viele Überstunden nicht zusätzlich ausgleichen, wie das übliche Maß an Mehrarbeit nicht überschritten wird. Dabei kann man sich als Faustregel merken, dass etwa zehn bis 15 Prozent der eigenen Arbeitszeit als Überstunden zulässig sind. Das sind allerdings keine rechtlich klar definierten Regeln, sondern Faustformeln für den eigenen Gebrauch. Weiterhin gilt, dass die Regelung zu durch Gehalt abgegoltenen Überstunden im Arbeitsvertrag klar und deutlich formuliert sein muss.
Wenn nichts zu Überstunden in einem Vertrag steht, müssen diese laut BGB bezahlt werden, wenn das branchen- oder betriebsüblich ist. Das gilt, wenn es in der zugehörigen Branche einen Tarifvertrag gibt, in dem die Bezahlung von Überstunden vorgesehen ist, der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin diesen jedoch nicht unterzeichnet hat. In diesem Fall entfallen auf jede geleistete Mehrarbeitsstunde der entsprechende Stundenanteil des Monatsgehalts.
Wo Überstunden mit dem Gehalt abgegolten werden können
Es gibt allerdings Arbeitsverhältnisse, in denen Überstunden automatisch mit dem Gehalt abgegolten werden. Das gilt beispielsweise für leitende Angestellte in höheren Positionen. Sobald das Gehalt über der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung liegt, sind alle Überstunden automatisch mit dem Gehalt abgegolten. Auch Rechtsanwältinnen, Ärzte und Wirtschaftsprüferinnen gehören als Berufsschaffende im sogenannten Dienst höherer Art zu dieser Gruppe. In diesen und anderen Berufen wird ein überdurchschnittliches Maß an Fachkenntnissen und wissenschaftlicher Bildung vorausgesetzt. Sie haben meist ebenfalls keinen Anspruch auf einen Ausgleich ihrer Überstunden.