Die Einführung der sogenannten Kindergrundsicherung gilt als eine der größten Sozialreformen der jüngsten Vergangenheit und der aktuellen Ampel-Regierung. Die Kindergrundsicherung soll Kinder besser vor Armut schützen und für sie und Jugendliche gleiche Chancen schaffen. Doch nicht nur die Bundesagentur für Arbeit, bei der das Thema künftig im neu zu schaffenden „Familienservice“ angesiedelt sein soll, hat gewisse Bedenken.
Was ist die Kindergrundsicherung?
Grundsätzlich soll die Kindergrundsicherung laut Familienministerium bestehende Familienleistungen bündeln, vereinfachen und transparenter gestalten. Dazu zählen das Kindergeld, das Kinder-Bürgergeld sowie Teile des Bildungs- und Teilhabepakets.
Im Prinzip soll jedes Kind in Deutschland den sogenannten Kindergarantiebetrag erhalten, der dem bisherigen Kindergeld entspricht und sozusagen eine Grundversorgung abdeckt. Erst in einem zweiten Schritt dann - der Kinderzusatzbetrag - soll das Einkommen der Eltern eine Rolle spielen. Je weniger Einkommen zur Verfügung steht, desto höher der Zusatzbetrag. So sollen Kinder aus einkommensschwachen Familien soziale Nachteile ausgleichen können.
Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gegenüber erklärte Familienministerin Lisa Paus (Grüne), dass die Kindergrundsicherung 530 Euro für die kleinsten bis hin zu 636 Euro für die ältesten Kinder als Leistung bringen könnte. Angedacht ist der Start des Gesetzes für das Jahr 2025.
Kindergrundsicherung: Welche Kritik äußern Sachverständige?
Unter anderem bei der Anhörung der Sachverständigen Mitte November 2023 stieß das Vorhaben auf teils deutliche Kritik. So erklärte Vanessa Ahuja von der Bundesagentur für Arbeit (BA), dass man mehr Zeit benötige. Zwar sei man geübt, komplexe Gesetze umzusetzen, doch bis die IT angepasst oder beispielsweise Personal gefunden und geschult sei, vergehe eben Zeit. „Das ist für die BA zum 1. Januar 2025 nicht realisierbar“, sagte sie.
Rein technisch hätte, so berichtete der Spiegel, das Gesetz zur Kindergrundsicherung Ende Februar durch den Bundesrat sollen, damit es laut BA zeitlich reichen würde, damit das Vorhaben 2025 an den Start geht. Noch aber sei unklar, wann überhaupt im Bundestag in der Sache weiter diskutiert werde.
Es sei, so beispielsweise Diana Stolz, Vorsitzende der Betriebskommission des Kommunalen Jobcenters Neue Wege Kreis Bergstraße, nicht sinnvoll, die bisherigen Unterstützungsstrukturen zu zerschlagen. 100 Familienservice-Stellen könnten eben nicht einfach die rund 1000 Jobcenter für Familien im Bürgergeld-Bezug ersetzen. Von der Schaffung "unnötiger Parallelstrukturen" sprach gar Marc Elxnat, Vertreter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Kritik habe es mehrfach auch daran gegeben, dass der Gesetzentwurf bisher keine Anhebung des soziokulturellen Existenzminimums für Kinder vorsähe.
Übrigens: Kindergrundsicherung, Kindergeld, Kinderzuschlag und Co. - Eltern haben mehrere Möglichkeiten, sich finanzielle Hilfe vom Staat zu sichern - oder in den Genuss gewisser Steuerentlastungen zu kommen.
Kindergrundsicherung: Wieso treten Ampel-Partner FDP und SPD auf die Bremse?
Allen voran die FDP blockiert bisher die Pläne rund um die Kindergrundsicherung. So äußerte beispielsweise Finanzminister Christian Lindner Bedenken, dass sich höhere Sozialleistungen negativ auf Arbeitsanreize auswirken könnten. Fraglich sei zudem, ob tatsächlich mehr Geld bei den Kindern ankomme.
Laut Rheinische Post zeigte sich zuletzt auch die SPD skeptisch. So würden die Sozialdemokraten hauptsächlich kritisieren, dass der Gesetzentwurf erst spät in dieser Legislaturperiode vorgelegt worden sei. Im Interview sagte Sönke Rix, stellvertretender SPD-Fraktionschef, dass die Verhandlungen noch andauern würden - und ihre Zeit bräuchten. "Wir sollten nichts übers Knie brechen", so Rix, der auch sagt: “Somit gehen wir als SPD davon aus, dass wir nicht die komplette Kindergrundsicherung zu Mitte 2025 einführen können.”