Mit dem Schulabschluss in der Tasche kann es losgehen: Ein Auslandsaufenthalt über einen längeren Zeitraum soll es werden, ist sich das Kind sicher. Die Eltern wiederum sind sich sicher: Während das Kind tiefer in die Fremdsprache eintaucht, Kultur und Menschen vor Ort kennenlernt, landet auch weiterhin Kindergeld auf dem Konto. Doch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs macht diesen Plan dann zunichte, wenn es sich um Work and Travel handelt. Warum, lesen Sie in diesem Text.
Besteht bei Work and Travel Anspruch auf Kindergeld?
Kindergeld gibt es in vielen Szenarien. Selbst, wer im Ausland lebt, kann Kindergeld aus Deutschland beziehen. Wegen der Steuer- sowie Sozialversicherungspflicht gibt es dafür allerdings gewisse Voraussetzungen. Auch möglich ist es, weiterhin Kindergeld zu erhalten, wenn das Kind noch nicht volljährig ist, aber bereits arbeitet. Ist das Kind dann 18 Jahre alt, läuft das Kindergeld automatisch aus. Verlängerungen sind unter Umständen möglich.
Auch während der Ausbildung wird das Kindergeld weitergezahlt, wenn sich das Kind erstmals in einer schulischen oder nicht schulischen Ausbildung befindet. Darunter fallen auch eine betriebliche Ausbildung, Praktikum und Studium. Nicht abwegig ist daher der Gedanke, dass auch bei einem Auslandsaufenthalt Kindergeld gezahlt wird. Schließlich bildet sich das Kind ja mitunter fort und weiter, so die Logik. In Teilen ist das richtig.
Kindergeld: Ist die Art des Auslandsaufenthalts entscheidend?
So warnt die Verbrauchenzentrale Hamburg davor, sich unvorbereitet ins Abenteuer zu stürzen. Etliche Punkte auf einer Checkliste sollten vor Reiseantritt abgehakt werden. Dazu zählen unter anderem die Themen Versicherungen, Konto und Kreditkarte sowie Handyvertrag. Essenziell für die Frage, ob das Kindergeld tatsächlich weitergezahlt wird, sei aber die Art des Gap Year. Als eine Art Ausbildung angesehen und damit Kindergeld weiterbezahlt wird bei:
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Freiwilliges Soziales Jahr
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Freiwilliges Ökologisches Jahr
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Bundesfreiwilligendienst
Nicht als eine Art Ausbildung angesehen sind:
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Sprachreisen
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Au-Pair-Jobs (ohne Sprachkurse)
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Praktika im Ausland
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Work & Travel-Programme
Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs untermauert diesen Umstand explizit. In diesem Fall klagte ein Vater, dass, obwohl seine Tochter an einem Work and Travel-Programm teilgenommen habe, es für diese Zeit kein Kindergeld gab. Sie spreche doch dadurch jetzt besser Englisch und habe insgesamt ihre Persönlichkeit weiterentwickelt, waren seine Argumente. In der Entscheidung des Finanzhofs wird unter anderem begründet, dass trotz der Erkenntnisse im Ausland das Tatbestandsmerkmal „für einen Beruf ausgebildet wird“ nicht erfüllt wurde. Heißt: Die nötige Voraussetzung, um während des Work and Travel des Kinds Kindergeld zu erhalten, war schlicht nicht gegeben.
Übrigens: Es gibt Konstellationen, in denen die Familienkasse das Kindergeld zurückfordert.
Kindergeld und Work and Travel: Wie bekommt man das Geld weiter?
Man bekommt, wie das Familienportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erklärt, in zwei weiteren Fällen kein Kindergeld. Dann, wenn das Kind Leistungen einer anderen Einrichtungen bezieht, die mit dem Kindergeld vergleichbar sind und wenn das Kind Leistungen aus dem Ausland erhält.
Um trotz Work and Travel den Anspruch auf Kindergeld aufrechtzuerhalten, weist der Lohnsteuer-Service-Anbieter lohnsteuer-kompakt.de auf eine Chance hin: Paragraf 32 des Einkommensteuergesetzes. Um als „Kind ohne Ausbildungsplatz“ zu gelten, werde vorausgesetzt, dass sich das Kind nach Schulabschluss ernsthaft nach einem Ausbildungsplatz bemühte und die Suche zum „frühestmöglichen Zeitpunkt bisher erfolglos verlaufen ist“, betont auch das Bundeszentralamt für Steuern.
Erfolgen die Bewerbungen innerhalb vier Monate nach dem Abitur, werde das Kind, so lohnsteuer-kompakt.de, durchgängig berücksichtigt. Kindergeld werde für vier Monate ausbezahlt, wenn die „Übergangszeit“ zwischen den Ausbildungsstationen liege.
Übrigens: Kindergeld kann unter Umständen auch für erwachsene Kinder fließen, etwa wenn ein Ausbildungs-Dienstverhältnis besteht oder das Kind aufgrund einer Behinderung außerstande ist, für seinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.