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Fachkräftemangel in der Pflege: Können Roboter helfen?
In Deutschland wird der Einsatz von Robotern in der Pflege erprobt. Sie sollen die Arbeit von Pflegekräften erleichtern und vielleicht sogar den Fachkräftemangel beheben. Aber es gibt auch Kritik.
Pflegeroboter Yanny und JAIme.jpeg       -  Der Pflegeroboter Yanny (l) und JAIme der Firma Beckerrobotics sind in einer unterfränkischen Tagespflegeeinrichtung im Einsatz.
Foto: Heiko Becker, dpa (Archivbild) | Der Pflegeroboter Yanny (l) und JAIme der Firma Beckerrobotics sind in einer unterfränkischen Tagespflegeeinrichtung im Einsatz.
Lennardt Loß
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:59 Uhr

In Deutschland herrscht Fachkräftemangel. Gerade die Pflegebranche ist davon so hart getroffen. Es gibt immer mehr alte und pflegebedürftige Menschen und immer weniger Personal. Auch deswegen wird in Deutschland jetzt der Einsatz von Robotern in der Pflege erprobt. Was für Pflegeroboter es schon in Deutschland gibt, welche Aufgaben sie übernehmen können, wie sie das Pflegepersonal entlasten sollen und warum es auch Kritik daran gibt, lesen Sie hier.

Gibt es in Deutschland schon Pflegeroboter?

In manchen Pflegeheimen in Deutschland gibt es schon heute Roboter. Allerdings befindet sich der Einsatz von Robotern in der Pflege noch in der Testphase und wird gerade erst erprobt.

So hat etwa der NDR berichtet, dass in einem Pflegeheim in Lübeck gerade ein Roboter im Einsatz, der auf den Namen "Greta" hört und mit den Senioren Liederabend und Bewegungsübungen macht. Begleitet werde das Projekt von Forschern der Fachhochschule Kiel.

Man darf sich Greta hierbei aber nicht wie den schon menschlich anmutenden C-3PO aus Star Wars vorstellen, der ein eigenes Bewusstsein hat und selbstständig Entscheidungen trifft. Greta wird laut dem NDR über ein Tablet bedient. Die Software stürze dabei oft ab. Außerdem könne der Roboter keine pflegerischen Aufgaben übernehmen, wie waschen, wickeln oder umlagern.

Für Aufsehen hat auch ein Projekt gesorgt, das vom Bundesministerium für Forschung und Bildung von 2019 bis 2022 gefördert wurde und den sperrigen Namen "Begründungs- und Bewertungsmaßstäbe von Robotik für die Pflege" trägt, kurz: "BeBeRobot".

Mein Kollege, der Roboter: Worum geht es bei BeBeRobot?

Einfach gesagt: Das Projekt BeBeRobot sollte herausfinden, ob Roboter Pflegekräfte bei ihrer Arbeit unterstützen können. Um diese Frage zu beantworten, haben sich im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung über zehn Projektteams zusammengetan. Mit dabei waren unter anderem die Universität Osnabrück, das SIBIS Institut für Sozial- und Technikforschung und der Deutscher Caritasverband Freiburg.

BeBeRobot war also interdisziplinär angelegt: Pflege- und Gesundheitswissenschaflter haben bei dem Projekt genauso mitgearbeitet wie Informatiker und Wirtschaftsingenieure. Doch auch Pflegekräfte waren bei dem Projekt einbezogen.

Ein Ziel von BeBeRobot war es, Roboter aus der "Logik der Pflege heraus" zu entwickeln, wie ein Forscher auf der Abschlusstagung von BeBeRobot 2023 sagt. Das bedeutet: Die Forscher haben nicht einfach gebaut, was technisch möglich ist. Sondern geschaut, welche Probleme es in der Pflege gibt und wie man sie mit Hilfe von Robotern beheben kann.

Was können Pflegeroboter?

2023 wurden die Ergebnisse von BeBeRobot vorgestellt. Hier konnte man sich verschiedene Roboter ansehen, an denen die Forscherteams gearbeitet hatten. Eine Auswahl:

  • Der HoLLiE-Roboter sieht tatsächlich ein wenig so aus wie C-3PO. Er hat einen kleinen Kopf, lange Arme und ist ungefähr 1,60 Meter groß. In einem HoLLiE-Vorstellungsclip auf YouTube kann man sich unter anderem anschauen, wie der Roboter Patienten beim Gehen stützt und Rollstuhlfahrer über einen Krankenhausflur schiebt.
  • Die Arbeit als Pflegekraft kann körperlich enorm anstrengend sein. Etwa, wenn man schwer kranken Menschen dabei helfen muss, sich im Bett umzudrehen oder aufzurichten. Hierfür haben die Forscher einen Roboter entwickelt, der ein bisschen so wie ein riesiger Arm aussieht und den Pflegekräften bei der Umlagerung von bettlägerigen Menschen helfen soll.
  • Ruby ist ein Roboter in Gestalt einer kleine, freundlich aussehende Puppe, der Demenzkranke unterstützen soll, ihren Alltag zu bewältigen. Die Roboterpuppe kann etwa Menschen unterhalten und hat eine eingebaute Kalenderfunktion, um die Patienten an Termine zu erinnern. Außerdem kann die Roboterpuppe Auskunft darüber geben, wo sich Angehörige gerade aufhalten und laut den Forschern Sätze sagen wie: "Deine Tochter ist gerade beim Frisör. Sie kommt in einer halben Stunde zurück."

Bei einer Krankenschwester und Pflegewissenschaftlerin kam Ruby auf der Abschlusstagung von BeBeRobot gut an. Sie sagt: "Die Kommunikations-Puppe fand ich sehr interessant, weil ich mir das in der Häuslichkeit auch sehr gut vorstellen kann." Die anderen Roboter wirkten gegen Ruby allerdings noch recht klobig.

Eine Forscherin vom Institut für angewandte Pflegeforschung sagt dazu, dass man bei BeBeRobot auch die Erfahrung gemacht habe, dass die Erwartungen an die Robotik oft höher seien als der momentane Stand.

Wie sollen Roboter die Pflegekräfte entlasten?

Dass Roboter den Pflegeberuf obsolet machen werden, scheint unwahrscheinlich zu sein. "Robotik hat Potenzial, einige Arbeitsabläufe in der Pflege zu vereinfachen und Pflegenden zu assistieren, aber Roboter werden Pflegende nie ersetzen können", erklärt etwa Prof. Dr. Manfred Hülsken-Giesler vom BeBeRobot-Projekt gegenüber dem Wissenschaftlichen Informationsdienst. Mensch und Roboter sollen also irgendwann Hand in Hand arbeiten.

Trotzdem sind nicht alle so überzeugt von Robotik in der Pflege wie Hülsken-Giesler. Es gibt auch Skepsis und Kritik.

Welche Kritik gibt es an Pflegerobotern?

"Roboter können den Fachkräftemangel in der Pflege nicht beheben." Mit diesem Satz ist eine Pressemitteilung des Deutschen Caritasverband überschrieben. Darin erklärt Caritas-Präsident Peter Neher, dass Roboter nur dann die Situation von pflegebedürftigen Menschen verbessern können, wenn sie Zeit und Raum für menschliche Beziehungen eröffnen.

Mit dieser Stellungnahme folgt der Deutsche Caritasverband, der sich auch als Kooperationspartner bei BeBeRobot engagiert hat, der Einschätzung des Deutschen Ethikrats, der den Einsatz von Robotern in der Pflege einerseits als Chance sieht, aber andererseits auch auf Risiken hinweist.

Neher sagt weiter: Pflegeroboter können die Arbeit zwar effizienter machen. Doch in der Entscheidung für oder gegen ihren Einsatz dürfe Effizienz nur eines von vielen Kriterien sein. Sein Fazit: "Die Anwendung robotischer Systeme muss von den Gepflegten und den Pflegenden gewollt sein, damit sie eine wirkliche Hilfe darstellt".

Fachkräftemangel in der Pflege: Die Stimmung ist katastrophal

Lange Arbeitszeiten, ein schlechte Bezahlung, kaum Personal und immer mehr pflegebedürftige Menschen: Die Stimmung in der Pflegebranche ist schon düster. Laut einer Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos bewerten etwa 55 Prozent der Pflegekräfte die Arbeitsbedingungen in der Branche als "schlecht".

Und womöglich könnte sich die Stimmung in der Pflegebranche noch weiter verschlechtern: Denn die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt kontinuierlich. Laut dem Institut für Deutsche Wirtschaft (IW) könnte es 2035 schon vier Millionen Menschen geben, die gepflegt werden müssen. Um so viele Menschen pflegen zu können, müsse die Zahl der Pflegefachkraft deutschlandweit stark ansteigen, schreibt das IW weiter. Und zwar "bis 2035 auf rund eine halbe Millionen; ein Plus von gut 44 Prozent im Vergleich zu heute".

Ob Pflegeroboter bei diesen Aussichten wirklich helfen können, bleibt abzuwarten. Doch klar scheint: Die Robotik allein wird die Krise nicht lösen können.

Im Haushalt, im Hotelgewerbe und in der Landwirtschaft: Wo heute schon Roboter eingesetzt werden

Roboter werden schon heute in vielen Lebensbereichen und Berufsfeldern eingesetzt. Eine Auswahl:

  • An manche Roboter haben wir uns schon so gewöhnt, dass sie uns gar nicht mehr besonders erscheinen. So gehört für viele Menschen der Staubsaugerroboter in der Wohnung längst zum Alltag.
  • Auch in einigen Gärten kann man schon Mähroboter sehen, die über den Rasen fahren und das Gras mähen.
  • Viele Landwirte nutzen Melkroboter. So hat etwa das Branchenmagazin Agrarheute zuletzt die Vor- und Nachteile von Melkrobotern für die Eutergesundheit von Kühen diskutiert.
  • In der Gastronomie und im Hotelgewerbe kommen manchmal Kellner-Roboter zum Einsatz, die die Gäste bedienen, beim Servieren unterstützen und schmutzige Teller und Gläser wieder abräumen und in die Küche bringen.
  • Auch in vielen medizinischen Labors gibt es längst Roboter. Die Fachzeitschrift LABO hat etwa über einen Roboter berichtet, der in der Lage ist, Labortätigkeiten auszuführen, wie "das Dosieren, Mischen und Pipettieren, das Zusammenstellen steriler Instrumente sowie das Be- und Entladen von Zentrifugen."

Auch im Allgäu setzen einige Betriebe schon auf Roboter, um den Fachkräftemangel auszugleichen.

Übrigens: Wer sich mit dem Thema Pflege befasst, muss in Deutschland einiges beachten. Um Geld von der Pflegeversicherung zu erhalten muss zunächst ein Pflegeantrag gestellt werden. Wer pflegebedürftig ist, erhält dann einen Pflegegrad von 1 bis 5.

 
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