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Mödingen
Kuhstall, Küche, Kinder: Was eine Landwirtin alles leistet
Auf dem nordschwäbischen Bäuerinnentag in Mödingen erzählt eine Erlebnisbäuerin, wie sie ihre Work-Life-Balance gefunden hat.
Redaktion
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:16 Uhr

Siebzig Kühe versorgen, Äcker und Wiesen bewirtschaften, einen Erlebnisbauernhof führen und trotzdem noch Raum für das Privatleben haben – kann das funktionieren? Ja, das kann gelingen, wenn man sich an ein paar Regeln hält, sagte Lucia Bradl, Erlebnisbäuerin aus Schönbach im Landkreis Aichach-Friedberg, beim nordschwäbischen Bäuerinnentag des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Nördlingen-Wertingen. Auf dem Stettenhof der Familie Hartmann bei Mödingen erklärte Bradl, wie sie trotz der Mehrfachbelastung auf ihrem Milchviehbetrieb und Erlebnisbauernhof zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben findet.

Ohne Frauen geht nichts auf einem Bauernhof

„Frauen sind der Dreh- und Angelpunkt auf den bäuerlichen Betrieben“, eröffnete Erhard Würth, Leiter der Abteilung Bildung und Beratung am AELF Nördlingen-Wertingen, den Bäuerinnentag. Nachdem sich der Fachkräftemangel mittlerweile auch in der Landwirtschaft bemerkbar mache, sei die Werbung für diesen schönen Beruf zu einer wichtigen Aufgabe der Bäuerinnen geworden. Insbesondere die Erlebnisbäuerinnen und -bauern seien hier gefragt, da ihre Höfe von vielen Kindern und Jugendlichen besucht werden. Erlebnisbauernhöfe wecken das Interesse ihrer Gäste an der Landwirtschaft und korrigieren so manches Zerrbild, das in der öffentlichen Diskussion herumgeistert, sagt Würth. „Die Erlebnisbäuerinnen sollten positiv denken und positives Denken vermitteln.“Die Politik schätze die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern, versicherte der zweite Bürgermeister der Stadt Dillingen, Johann Graf. „Wir wissen, was sie leisten und was wir an der Landwirtschaft haben.“

Der Stettenhof ist immer ausgebucht

Martin Hartmann stellte den Stettenhof vor, den seine Familie seit 1986 bewirtschaftet und schrittweise zu einem Erlebnisbauernhof mit 58 Betten, Zeltplatz, Tagungs- und Festräumen ausgebaut hat. „Inzwischen sind wir fast das ganze Jahr über ausgebucht“, bestätigt der Betriebsleiter. Die Hartmanns haben das Potenzial ihres idyllisch zwischen Feld und Wald gelegenen Hofes ebenso erkannt wie Lucia Bradl. Wie der Stettenhof hat sich auch ihr Milchvieh- und Ackerbaubetrieb in Schönbach seit 2010 in einen Erlebnisbauernhof verwandelt. Als ausgebildete Bankkauffrau, Hauswirtschafterin und Referentin für Haushalt und Ernährung weiß sie, dass ein gut strukturierter Arbeitsplatz und eine vorausschauende Planung die halbe Miete für ein erfolgreiches Management sind.

„Wie kann ich den Kuhstall, meinen Haushalt und die vielen Besuchergruppen auf meinem Hof unter einen Hut bringen?“, fragt Bradl die Bäuerinnen. „Ganz einfach, indem ich mir den richtigen Hut aufsetze.“ Damit meint sie, dass Erlebnisbäuerinnen die richtigen Prioritäten setzen, also zwischen wichtig und unwichtig unterscheiden sollten. Sie selbst bemühe sich, möglichst wenig Energie für Tätigkeiten zu verschwenden, die nicht unbedingt notwendig sind. Und: „Die Mittagspause ist auf unserem Hof heilig.“ Bradl besteht auf angemessener Freizeit und sucht nach einem Ausgleich für anstrengende Arbeiten.

Eine sorgfältige Wochenplanung für Betrieb, Haushalt, Erlebnisbauernhof und Freizeit erleichtert ihr das Finden der persönlichen Balance. Außerdem organisiert sie Helfer, wenn sie selbst an die Grenzen ihrer Arbeitsbelastung kommt. Aus ihrem Hof hat Bradl ein Gewerbe gemacht, das aber beileibe kein Selbstläufer ist. Sie muss sich darum kümmern, dass am Ende auch tatsächlich Geld hereinkommt.

Ein freundlicher Hühnerstall

Erst einmal waren aber Investitionen wie der Bau eines besucherfreundlichen Hühnerstalls, die Einrichtung eines Schlechtwetterraums und von Toilettenanlagen oder die Anstellung einer Teilzeitmitarbeiterin gefragt. Bald nach Bradls Qualifizierung zur Erlebnisbäuerin kamen die ersten Kindergruppen auf den Hof. Es folgten die Ausrichtung von Kindergeburtstagen, das Arbeiten mit Familien, Kindergärten, Schulklassen und Menschen mit Beeinträchtigungen. 

Der Erlebnisbäuerin kommt es darauf an, den Kindern und Erwachsenen ein Erfolgserlebnis zu bieten, sei es beim Füttern der Kühe und Hühner oder bei der spielerischen Erkundung des Bauernhofs. „Ich möchte, dass meine Besucher künftig ein positives Gefühl haben, wenn sie das Wort Bauernhof lesen oder hören.“ 

Helen Haupt, Referendarin am AELF Nördlingen-Wertingen, stellte das Konzept für einen Bäuerinnenarbeitskreis, eine Art „Landfrauen-Treff“, vor. Der Arbeitskreis geht auf eine Idee des AELF zurück und soll sich zu einem umfassenden Netzwerk der Bäuerinnen in den Landkreises Dillingen und Donau-Ries entwickeln. Profitieren könnten die Landfrauen dabei insbesondere vom gegenseitigen Austausch und von gemeinsamen Betriebsbesuchen. „Das ist immer noch die effektivste Form der Beratung“, sagt Haupt. (AZ) 

 
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