Das Gymnasium Königsbrunn führt als "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" noch bis Pfingsten Projektwochen gegen Extremismus durch und hat dazu Sänger Philipp Burger und den Extremismusexperten Thomas Estrada eingeladen. Der aus Südtirol stammende Künstler Burger tritt vor Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen acht und zehn auf und liest aus seiner kürzlich veröffentlichten Biografie. Seine Band "Frei.Wild" gilt in Deutschland auch wegen ihrer Texte als umstritten.
Königsbrunner Schüler sollen sich selbstständig Urteil bilden
Zu Beginn der Veranstaltung zitiert Schulleiter Volker Täufer aus der Schulordnung für Gymnasien in Bayern. Die Schule hätte einen Bildungs- und Erziehungsauftrag, wonach sie Schüler unter anderem zu einem selbstständigen Urteil und eigenständigem Handeln befähigen solle. Los geht es mit einem Film über Philipp Burger mit dem Titel "Zwischen allen Extremen" nach dem gleichnamigen Soloalbum des Künstlers. In diesem erfahren die Schüler, dass der in Brixen aufgewachsene Sänger mit 19 Jahren seine erste Band gründete, die dem Rechtsrock zugeordnet wird.
Nach drei Jahren in der rechten Szene stieg er aus und gründete 2001 die Band "Frei.Wild", wie der Sänger im Film erzählt. "Wir haben immer Gegenwind erfahren, aber nicht so sehr wegen unserer Texte. Sondern, weil wir von der Plattenfirma bis zum Video alles selbst machen", sagt Philipp Burger. 2016 erhält die Band den Musikpreis Echo, nachdem sie drei Jahre zuvor noch von der Nominiertenliste gestrichen wurde, nach Protesten anderer Künstler. Mittlerweile ist der 1981 geborene Burger auch Landwirt.
"Aufmüpfig, laut und provokant. Ein Mann, der in keine Schublade passt", sagt Anne-Rose Merz die stellvertretende Schulleiterin. Extremismus sei an ihrer Schule durch rassistische Posts in Social Media aufgefallen. Als Teil der Projektwochen bietet die Schule neben einem Besuch des Konzentrationslagers in Dachau auch Projektarbeit an. Als erste Schule in ganz Deutschland heiße man den Sänger willkommen, auch weil er als Mensch polarisiere, so die Schulleiterin, die nach eigenen Angaben die Texte des Sängers auswendig kenne. "Ein Tipp von jemandem, der Fehler gemacht hat: haltet euer Visier offen", wendet sich Burger an die Schüler und performt seinen Song "Grenzland", der laut Burger davon handele, nach dem Hinfallen immer wieder aufzustehen.
Die Schüler am Gymnasium Königsbrunn stellen viele Fragen
Dann dürfen die Schülerinnen und Schüler Fragen stellen. Ein Zehntklässler hat sogleich eine Frage zur AfD an den Sänger. Ob dieser die Partei als Spalter oder Bereicherung der Politik begreife? "Ich habe die Politiklandschaft in Deutschland nicht auf dem Schirm und bin da kein Fachmann", antwortet Burger. Es sei ganz wichtig, dass alle Menschen besser miteinander umgehen, erklärt er weiter. Nach einem weiteren Song stellt ein Schüler die Frage, was den Sänger damals am Rechtssein überzeugt habe. Es brauche nicht viele Zufälle, dann sei man dabei, weist Burger auch auf die spezielle Situation Südtirols hin. Das Gefühl, alle anderen wollten einen nicht hätte damals zum Anschluss an ein paar hitzköpfige Jungs geführt. Daraufhin kommt die Frage aus der Schülerschaft was Burger mit dem Buchtitel "Freiheit mit Narben: Mein Weg von rechts nach überall" meine? "Ich verorte mich selbst als weltoffen, konservativ denkender Mensch", sagt Burger. In Deutschland sei politisch rechts etwas anderes als in Italien, wo politisch rechts zu sein nicht schlechter sei als links.
Eine Viertelstunde vor Veranstaltungsende kommt Thomas Estrada, Mitarbeiter der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus, auf die Bühne. "Demokratie muss Meinungen aushalten können. Aber wenn Ideologie gegen die Würde des Menschen gerichtet ist, muss man Grenzen ziehen", sagt er. Im Anschluss liest Philipp Burger eine Passage aus seinem Buch, in der er seine Karriere mit einem Entchen-Spiel auf dem Jahrmarkt vergleicht. Trotz Nackenschlägen sei er immer wieder aufgetaucht. Auch wenn ihm nie rote Teppiche ausgerollt worden seien, hätten Kritiker dazu geführt, dass er nicht abgehoben sei. Für ihn sei der Auftritt Neuland, so Burger im Anschluss. In Dialog zu treten mit Nicht-Fans sei aufregend gewesen. Jugendliche würden politischer denken als zu seiner Zeit. Er selbst würde für sich in jedem Wahlprogramm etwas finden: Grüne Gedanken genauso wie den Bezug zum Brauchtum.
Philipp Burger und seine Band sind unbekannt bei den Schülern
Viele der Schülerinnen und Schüler kennen auf Nachfrage weder Philipp Burger noch seine Band. Wie offen er über sein Leben gesprochen habe und trotz Kritik seinen Weg gegangen sei, bewundert die Schülersprecherin aus der achten Klasse. Schüler der zehnten Klasse kritisieren, der Fokus hätte zu sehr auf der Vita des Künstlers gelegen, als auf dem Thema Extremismus.
Auch für den Extremismusexperten kam die Aufklärungsarbeit zu kurz. Jugendliche würden sich vor allem auf Social Media über die AfD oder den Nahost-Konflikt informieren. Die Einseitigkeit der Informationsbeschaffung sei eine Gefahr für die Demokratie, sagt Thomas Estrada. Seriöse Quellen würden resilient gegen einfache Parolen machen. Der Extremismusexperte ist, laut Dagmar Ambach, Pressesprecherin des Künstlers, weiterhin mit Philipp Burger im Austausch.