Rauf auf den Balken, runter vom Absprungbalken, wieder rauf und dann los ins dichte Schneetreiben. Bei böigem Wind und dicken Flocken stürzten sich die Skispringer die Schattenbergschanze am Montagnachmittag hinunter.
Im Auslauf schimpfte dann Markus Eisenbichler – auch ein wenig mit sich selbst: „Ich habe keinen guten Sprung gemacht. Es hat mich genervt, dass ich sehr spät am Tisch war, weil der Anlauf immer wieder stockt, das ist eklig“, sagte der Siegsdorfer, der als einer der Favoriten in die Vierschanzentournee geht.
Lediglich als fünftbester Deutscher landete der Oberbayer auf Rang 25 in der Qualifikation und zeigte sich auch mit der Organisation im Allgäu nicht zufrieden. „Das war irgendwie ein Kindergeburtstag“, sagte er und fügte an: „Du hast beim Lift ewig warten müssen.“ Eisenbichler ist bekannt dafür, nicht die Diplomatenschule besucht zu haben.
Auch Geiger musste wie Eisenbichler wieder runter vom Absprungbalken
Im ersten Springen am Dienstag (16.30 Uhr/live in ZDF und Eurosport) trifft der Oberbayer auf den Slowenen Domen Prevc, eine lösbare Aufgabe. Nur die Sieger der K.-o.-Duelle sowie die fünf besten Verlierer ziehen ins Finale ein. Eisenbichler baut auf seine starke Verfassung aus dem Training und macht sich Mut: „Ich freue mich extrem auf die Tournee, weil ich in einer guten Form bin.“
Bester Deutscher im böigen Wind war ein Rückkehrer. Erst kurz vor dem Tourneeauftakt hatte das Gesundheitsamt in Sonthofen Karl Geiger aus der Quarantäne entlassen und die Startgenehmigung erteilt. Nach zwei negativen PCR-Tests durfte der 27-Jährige die Schanze hinauffahren.
Auch Geiger musste wie Eisenbichler wieder runter vom Absprungbalken, doch der Oberstdorfer ließ sich wie so oft nicht aus der Ruhe bringen und landete nach einem Satz von 114 Metern auf dem 14. Platz. „Die Quali ist geschafft. Es war echt nicht einfach, weil es ziemlich geblasen hat“, sagte der Allgäuer, der sein Resultat nicht weiter kommentieren wollte. „Ich bin einfach froh, dass ich wieder dabei sein darf.“ Weltmeistertitel im Skifliegen, Quarantäne, Geburt der Tochter und dann die Rückkehr auf die Schanze – für Karl Geiger bot das Jahr zum Ausklang mehr als genügend Abwechslung.
Den Sieg und damit auch 5000 Euro Preisgeld sicherte sich der Österreicher Philipp Aschenwald. Er gewann vor dem norwegischen Top-Favoriten Halvor Egner Granerud und dem Slowenen Cene Prevc. Sportlich hatte die Qualifikation wegen der sehr unterschiedlichen Bedingungen für die Springer nur einen geringen Wert.
Nur 15 Nationen gehen an den Start
Statt der ursprünglich geplanten 16 Nationen gingen vor leeren Zuschauerrängen am Schattenberg nur 15 an den Start. Der Ausschluss der polnischen Mannschaft (siehe Beitrag unten) hatte den ganzen Tag über für Wirbel gesorgt. Neben Titelverteidiger Dawid Kubacki darf auch der zweifache Vierschanzentournee-Sieger (2017 und 2018) Kamil Stoch nicht antreten.
Der Ausschluss trifft allerdings nicht nur Kubacki, Stoch und die Mannschaft, sondern das gesamte Skispringen hart. In der Sportart, in der nur einige Athleten aus wenigen Nationen die Siege unter sich ausmachen, ist der Ausfall von gleich zwei Mitfavoriten ein schwerer Schlag.
In den vergangenen zwölf Jahren kamen die Tournee-Gewinner nur aus vier Ländern, dreimal triumphierten Polen. Eisenbichler bedauert den Ausschluss: „Ich will mich mit den Besten der Welt messen und da gehören die Polen dazu. Dass gleich das ganze Team nicht starten darf, finde ich schon heftig.“
Erstmals fand die Vierschanzentournee ohne Zuschauer statt
Auch Geiger findet die Entscheidung zu hart: „Ich bin ein bisschen zwiegespalten. Wenn die Polen ein ähnliches Hygienekonzept wie wir haben, finde ich es übertrieben, dass keiner von ihnen starten darf.“ Für seine ehemaligen Schützlinge tue es ihm leid, sagte der frühere polnische und heutige deutsche Nationaltrainer Stefan Horngacher. Zum eigenen Team sagte er: „Wir sind weiterhin optimistisch. Wir haben unser Sicherheitskonzept, und das wirkt auch.“
Erstmals fand die 69. Auflage der Vierschanzentournee ohne Zuschauer statt. Unter den 350 Pappkameraden auf den Tribünen waren auch die Figuren der Winterstars Felix Neureuther und Laura Dahlmeier. Eisenbichler hat sich an die traurige Kulisse gewöhnt: „Man findet sich damit ab. Ich konzentriere mich auf das Wesentliche, und das ist das Springen am Dienstag.“
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