Die Vorfreude ist zu spüren, selbst am Telefon. Christian Danner ist gut gelaunt. "Meine Vorfreude ist immer groß, diesmal aber sogar noch ein wenig mehr", sagt der ehemalige Formel-1-Fahrer und heutige Experte. Der Grund ist einfach: Nachdem die Formel 1 zuletzt aus dem frei empfangbaren Fernsehen verschwunden war, kehrt sie in dieser Saison mit sieben Rennen zu RTL zurück. Danner wird neben Heiko Waßer wieder kommentieren, das altbekannte Team komplettieren Moderator Florian König und Boxengassen-Reporter Kai Ebel. Als neuen Experten hat der Kölner Sender den ehemaligen Haas-Teamchef Günther Steiner verpflichtet.
Für Danner ist die Kooperation zwischen Rechteinhaber Sky und RTL ein wichtiger Meilenstein für die Königsklasse. "Jetzt können wir wieder die Formel 1 für die normalen Fans zeigen", sagt der 65-Jährige. Vor allem könnte das Interesse in Deutschland wieder steigen, nachdem die Formel 1 hierzulande dem weltweiten Boom zum Trotz viele Anhänger verloren hatte. "Das Potenzial in Deutschland ist da. Es gibt viele Fans, die gerne schauen würden, aber dafür kein Geld ausgeben wollen", sagt Danner, "die werden wir jetzt wieder begeistern." Zumindest mit sieben von 24 Rennen, die übertragen werden.
Danner wird nicht bei jedem Rennen vor Ort sein. Beim Auftakt an diesem Wochenende in Bahrain wird er zusammen mit Waßer zusammen aus dem Studio in Köln kommentieren. Auch aus Kostengründen. Für Danner aber kein Problem. Seine Kontakte in die Formel-1-Szene sind bestens, er weiß, wovon er spricht.
Lewis Hamilton will in der Formel 1 beweisen, dass er bei Ferrari erfolgreich sein kann
Danner freut sich auf eine spannende Saison, wenngleich die Kräfteverhältnisse ähnlich wie in der vergangenen sein dürften. Da hatte Red Bull mit Max Verstappen deutlich dominiert. Die Regeln verändern sich in diesem Jahr kaum, Red Bulls erarbeiteter Vorsprung sollte also nicht verloren gehen. Auch wenn die Konkurrenz darauf hofft. Allen voran Lewis Hamilton, dessen letztes Jahr als Mercedes-Pilot beginnt. 2025 wird der Brite zu Ferrari wechseln. Eine Entscheidung, die Danner überraschte, wie er zugibt. Schon andere Rennfahrer wie Fernando Alonso oder Sebastian Vettel hatten den Schritt zur unberechenbaren Scuderia gewagt - ohne durchschlagenden Erfolg. Sie mussten einsehen, dass sich das störrische Pferd nicht einfach so zähmen lässt. Am Ende zogen sie frustriert davon.
Und Hamilton? "Bei ihm ist das sicherlich auch eine Ego-Sache. Er will zeigen, dass es auch bei Ferrari funktionieren kann", sagt Danner. Im Wissen allerdings, dass er sich damit selbst in eine schwierige Situation manövriert hat. Hamilton war die Nummer eins bei Mercedes - wenngleich das Team das nie so offen formulierte. Jetzt aber könnte Kollege George Russell seine Chance wittern.
Mercedes habe Hamilton alles ermöglicht und erlaubt. Dem Briten war eine Wohlfühlatmosphäre geschaffen worden. Dies könne nun vorbei sein. "Russell weiß genau, dass er die Nummer eins sein kann", vermutet Danner. Der Brite also könnte Hamilton deutlich mehr unter Druck setzen. "Bislang hatte Lewis eine Sonderrolle, die er sich auch verdient hatte", sagt Danner. Künftig aber muss sich das britisch-schwäbische Team auf andere Fahrer konzentrieren. Das dürfte Auswirkungen haben.
Horner darf Red-Bull-Teamchef bleiben
Irgendwann wird Hamilton auch bei der Weiterentwicklung des Rennwagens außen vor sein. Die Gefahr, dass er sensible Daten mit zu Ferrari nehmen könnte, ist zu groß. "Da ist viel Druck auf dem Kessel", sagt Danner. Wie bei Red Bull zuletzt allerdings auch. Dort sorgten die Vorwürfe gegen Teamchef Christian Horner für Unruhe. Es hatte Vorwürfe wegen sexueller Gewalt von einer Mitarbeiterin gegeben. Horner musste zu einer mehrstündigen Anhörung erscheinen, Red Bull hatte den Fall an eine externe Kanzlei übergeben. Horner hatte die Vorwürfe stets bestritten. Seit Donnerstagnachmittag steht ein Ergebnis fest, der 50-jährige Brite wurde freigesprochen, wie der Mutterkonzern Red Bull mitteilte. Die Beschwerdeführerin kann allerdings noch Einspruch einlegen.
Danner hatte bereits im Vorfeld gefordert, dass der Fall lückenlos aufgeklärt werden müsse. „Das kann niemand so durchgehen lassen“, sagt der ehemalige Rennfahrer. Weder der Red-Bull-Konzern noch der Motorsport-Weltverband Fia oder die US-amerikanische Vermarktungsgesellschaft der Formel 1. Nun also ist die Aufklärung offenbar beendet, Horner kann Teamchef des zuletzt so erfolgreichen Red-Bull-Rennstalls bleiben. Auch für Max Verstappen ist das eine gute Nachricht.
Horner hat Red Bull mehrfach zum WM-Titel geführt. Vor allem sein Verhältnis zu Top-Ingenieur Adrian Newey gilt als sehr eng. Der Brite zählt nach wie vor zu den besten Fahrzeugentwicklern der Formel 1. Auch dank seiner Ideen hatte sich Red Bull zuletzt einen solch deutlichen Vorsprung vor der Konkurrenz erarbeitet. So wird Verstappen auch in dieser Saison der Topfavorit sein. „Es spricht sehr viel für ihn“, sagt Danner.
Wenngleich Hamilton nach den ersten Testfahrten in Bahrain verkündet hat, dass sich sein neuer Dienstwagen deutlich angenehmer fahren lasse als der Vorgänger. Ob das aber reicht, Verstappen und Red Bull zu ärgern? Hamilton wird in seinem letzten Mercedes-Jahr alles versuchen. Neben dem Rennbetrieb muss sich Teamchef Toto Wolff um die Suche nach einem Nachfolger kümmern. Mick Schumacher wird häufiger als Kandidat genannt, Danner ist da skeptisch. "Mick sehe ich nicht als Option", sagt der 65-Jährige.
In dieser Saison wird Schumacher nur als Ersatzfahrer dabei sein, Nico Hülkenberg bleibt der einzige deutsche Pilot. Mit Haas aber werden auch 2024 keine Top-Platzierungen möglich sein. 2026 plant nach wie vor Audi den Einstieg in die Formel 1, ein kostspieliges Vergnügen für den deutschen Autobauer. "Ich würde mich freuen, wenn Audi dabei ist", sagt Danner, den allerdings aufgrund des finanziellen Volumens der Pläne noch Zweifel umtreiben. Zumal etliche Beispiele in der Vergangenheit gezeigt hätten, dass es lange dauert, um in der Königsklasse als Neueinsteiger auf dem Niveau der Topteams zu sein.