Die Bilder, die über die Leinwand im Forum am Hofgarten flimmern, sind beklemmend. Wassermassen, die Autos wie Spielzeug gegen die Hauswände drücken. Berge von Sperrmüll in den Gassen der Unterstadt. Überflutete Schulräume. Fische, die das Hochwasser aus der Günz getragen hat und die jetzt auf der Straße liegen. Was sich die Günzburger Stadträtinnen und Stadträte in ihrer ersten Sitzung nach der Flut in der Zusammenfassung anschauen, hat sich in viele Köpfe eingebrannt. Noch sei nicht absehbar, wie groß die durch das Jahrhunderthochwasser entstandenen Schäden für die Stadt sein werden, sagt Oberbürgermeister Gerhard Jauernig in seiner ersten Bilanz. Mit Sicherheit lasse sich von Millionenbeträgen ausgehen. "Wir können aber noch nicht einmal sagen, ob diese im ein- oder zweistelligen Bereich liegen."
In den ersten der Flut war es noch ganz akut darum gegangen, Menschenleben zu retten ("ich hatte große Sorge, dass wir bedingt durch das Hochwasser Tote haben werden"). In den ersten Tagen danach stand im Zentrum, schnell Erste Hilfe zu leisten, unter anderem Übergangswohnungen wie das Alfonsianum zu finden und bereitzustellen. Nun, nach gut zwei Wochen, zeichnet sich so langsam ab, welche Baustellen sich im Stadtgebiet durch das Jahrhunderthochwasser aufgetan haben – und wie schwierig es wird, alles wieder in Ordnung zu bringen.
Die Stadtgärtnerei in Günzburg wurde vernichtet
Etwa am städtischen Bauhof: Mitarbeiter und Maschinen waren während der Hochwassertage im Dauereinsatz, um aufzuräumen und Schäden zu beseitigen. Doch das Bauhofgelände wurde selbst Opfer des Hochwassers. "Die Stadtgärtnerei wurde komplett vernichtet", schilderte Jauernig den Stadtratsmitgliedern. Frühzeitig konnten die Fahrzeuge vom Hof rollen – aber Geräte wie etwa Rasenmäher oder andere Maschinen hatte das Hochwasser verschluckt.
So musste auch der Bauhof in eine Notunterkunft umziehen und ist jetzt vorerst bei der Rebayhalle untergekommen. Bei der Vorbereitung des Guntia-Fests spielt der Bauhof eine wichtige Rolle. Damit das Stadtfest als Lichtblick für die Günzburger am letzten Juniwochenende stattfinden kann, müssen die Beschäftigten improvisieren. Jauernig bittet um Verständnis dafür, dass der Bauhof vor dem Hintergrund der Hochwasserschäden derzeit einige gewohnte Aufgaben nicht so schnell und umfassend erledigen kann.
Ein gewaltiges Problem tat sich im Bereich der Schulen und Kinderbetreuung auf – denn just mit dem Hochwasserwochenende endeten die Pfingstferien. Doch neben der Grundschule Auf der Bleiche, die das Wasser überschwemmt hatte, standen auch Kitas unter Wasser. Hier werden derzeit eine Menge Ausweichlösungen genutzt – in Heilig Geist Günzburg und im Evangelischen Gemeindehaus räumten Pfarrer Christoph Wasserrab und Pfarrer Frank Bienk Räume frei. Die Kita Wurzelzwerge wurde nach Kötz ausgelagert. Wie lange der Zustand dauert? Das ist noch ungewiss. Fest steht etwa schon, dass bei den Kitaräumen am Leitenweg von einem Totalschaden ausgegangen werden muss, neue Raummodule müssen her. Auch das kann Monate dauern, genauso wie bei der Kita Hagenweide.
Grundschule Auf der Bleiche für Monate nicht nutzbar
Der Schaden an der Grundschule Auf der Bleiche sei ebenfalls hoch, sagt der Oberbürgermeister. "Wir rechnen bis zu einer möglichen Wiederinbetriebnahme mindestens acht Monate." Vorerst sind die Dritt- und Viertklässler nun im Dossenberger-Gymnasium untergekommen. Die Schülerinnen und Schüler der ersten und zweiten Klasse werden im Dossenberger-Haus unterrichtet. Hier hat die Volkshochschule mit ihrer neuen Leiterin Christa Baumeister, die ausgerechnet am Hochwasser-Wochenende ihren Job begann und sich in der Stadtratssitzung kurz vorgestellt hat, Räume zur Verfügung gestellt. Der Dossenbergerhof wird als als Pausenhof genutzt, ins Büro der Landesgartenschau ist die Konrektorin übergangsweise eingezogen.
Das Jahrhunderthochwasser wirkt sich auf die Landesgartenschau aus
Wie geht es für die Landesgartenschau weiter, die Günzburg 2029 ausrichten soll? Die Stadt habe sich erfolgreich mit der Vision beworben, die Flüsse für die Menschen in der Stadt erlebbar zu machen, erinnerte der Oberbürgermeister. Entsprechend sieht auch die Konzeption für die Schau aus. Nun wurde durch das Jahrhunderthochwasser auch ein Großteil der Flächen überflutet, die hier entwickelt werden sollten. Auch das Wohnprojekt am Auweg, das derzeit entsteht, wurde vom Wasser umspült.
"Unsere weiteren Planungen müssen mit der Frage einhergehen, wie können wir die Menschen in der Stadt intensiver vor Wasser schützen", so Jauernig. Er kündigte dazu Gespräche mit der Landesgartenschaugesellschaft, aber auch dem bayerischen Umweltminister an. "Wir haben hier weiter den Fokus, das Beste für die Stadt zu erreichen."
Auch entlang der Flüsse sind durch das Jahrhunderthochwasser Schäden entstanden, teilweise wurde das Ufer der Günz weggespült. Eventuell nach der Sommerpause im frühen Herbst könnte es einen Überblick über das Ausmaß der Schäden und die Kosten geben, die für Reparaturen und Wiederaufbau in Günzburg anfallen.
Feuerwehr Günzburg war fast 9000 Stunden im Hochwassereinsatz
Stolz sind die Günzburger und ihr Oberbürgermeister darauf, was sie in diesen Tagen gemeinsam geleistet haben. Jauernig nannte exemplarisch knapp 9000 Einsatzstunden der Günzburger Feuerwehr, die auch in Offingen half. 10.000 Sandsäcke wurden befüllt und ausgegeben, 80 vollgelaufene Keller leergepumpt. Dazu kommen Hunderte weitere Einsätze im Hochwasser, auch Brände waren darunter. Herausragend nannte der OB zudem die Leistung durch Legoland. Der Freizeitpark nahm nicht nur Einsatzkräfte und Hochwasserbetroffene auf, er spendete auch Spielmaterial für die betroffenen Kindertageseinrichtungen.
Noch jemand verdiene großen Dank, meldete sich Zweite Bürgermeisterin Ruth Niemetz (CSU) zu Wort, die gemeinsam mit dem Dritten Bürgermeister Anton Gollmitzer (Freie Wähler) und stellvertretend für alle Stadträte Oberbürgermeister Gerhard Jauernig herzlich für seinen Einsatz in der Krise dankte. "Ich bewundere dich dafür und bin so froh, dass du gleich aus dem Urlaub heimgekommen bist, den kühlen Kopf und die Nerven bewahrt hast. Das ist nicht selbstverständlich. Du warst ein Anker für die Bürger und die Einsatzkräfte."
Für die schnelle und effektive Soforthilfe, die Jauernig dank seines großen Netzwerks angestoßen hatte, seien ihm die Ratsmitglieder ebenso dankbar wie für das tägliche Update, das die Stadträte an allen Hochwassertagen abends per E-Mail über die aktuelle Situation informierte.
"Wir sind nun in der Zukunft stark gefordert. Dein Stadtrat wird dich nach Kräften unterstützen, da halten wir fest zusammen", so Niemetz. Einige Ziele und Wünsche, die das Gremium für Günzburg habe, müssten nun angesichts der Hochwasserschäden hintenanstehen. Die Zweite Bürgermeisterin versprach: "Du bist nicht allein mit diesen Entscheidungen, wir werden sie mittragen."