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Augsburg
Kommt für die Straßenbahnen der Fünf-Minuten-Takt zurück?
Während Corona fehlten die Fahrgäste, inzwischen fehlen die Fahrer: Seit vier Jahren fahren Trams in Augsburg nur noch alle 7,5 Minuten. Wie es nun weitergeht.
Öffentlicher Nahverkehr.jpeg       -  Die Straßenbahnen in Augsburg fahren tagsüber nur noch im 7,5-Minuten-Takt statt im früher üblichen 5-Minuten-Takt. Aktuell wird das mit einer Ausnahmesituation begründet, doch wie lange dauert diese noch?
Foto: Silvio Wyszengrad | Die Straßenbahnen in Augsburg fahren tagsüber nur noch im 7,5-Minuten-Takt statt im früher üblichen 5-Minuten-Takt. Aktuell wird das mit einer Ausnahmesituation begründet, doch wie lange dauert diese noch?
Stefan Krog
 |  aktualisiert: 10.05.2024 18:05 Uhr

Stadt Augsburg und die Stadtwerke wollen bis zum Herbst einen Vorschlag machen, nach welchem Taktschema die Straßenbahnen künftig fahren sollen. Die Stadtwerke hatten vor vier Jahren zum Beginn der Corona-Pandemie Abschied vom Fünf-Minuten-Takt genommen - seitdem gilt ein 7,5-Minuten-Takt, der zunächst mit zu wenig Fahrgästen, inzwischen mit zu wenig Fahrern begründet wird. Seit Jahren diskutiert der Stadtrat, ob es rechtlich in Ordnung ist, dass die Stadtwerke mit Verweis auf eine Ausnahmesituation weniger Verkehr erbringen als bei ihnen von der Stadt bestellt ist - doch die entscheidende Frage, was politisch gewollt und was personell und finanziell künftig möglich ist, wurde bislang umschifft. Am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Stadtrats krachte es.

Bus- und Tram-Takt in Augsburg hängt mit Personalmangel zusammen

Die Stadtwerke legten zuletzt ein Rechtsgutachten vor, laut dem der aktuelle Personalmangel es rechtfertigt, dass sie trotz vertraglicher Verpflichtung gegenüber der Stadt zum Fünf-Minuten-Takt, nur im ausgedünnten Takt fahren. Aktuell fehlen 30 Fahrer - ein branchenweites Problem. "Unser größtes Ziel ist Sicherheit", so die für den Fahrbetrieb zuständige Bereichsleiterin Stefanie Rohde. 

Von den 590 im vergangenen Jahr eingegangenen Bewerbungen seien nur elf Prozent geeignet gewesen. Bei einem Bewerbertermin zuletzt habe man von sieben Personen fünf wieder heimgeschickt, weil deren Fahrkünste bei einer ersten Probefahrt mit dem Pkw nicht überzeugten. "Früher hatten wir viele Bewerber aus dem Güter- oder Reisebusverkehr. Inzwischen haben wir zu 95 Prozent Quereinsteiger." Die seien den Anforderungen mitunter nicht gewachsen. "Acht Stunden im Stadtverkehr unterwegs zu sein, ist anstrengend. Jede Ampel, die nicht flutscht, bedeutet Stress, der Umgang mit den Fahrgästen wird auch schwieriger", so Rohde. 

Rohde betonte, dass angesichts dieser Rahmenbedingungen ein ausgedünnter Takt besser sei als ein dichter Takt, in dem es dann häufig zu ungeplanten Ausfällen kommt. "Über den aktuellen Takt gibt es keine Beschwerden, weil für die Fahrgäste das A und O ist, dass wir pünktlich kommen." In der Morgenspitze fahre man wie schon immer mit Maximalkapazität, tagsüber kommen aber statt früher zwölf Straßenbahnen pro Linie und Stunde nur noch acht an einer Haltestelle vorbei.

SPD will zum Fünf-Minuten-Takt in Augsburg zurückkehren

Aus der Opposition gab es einerseits Verständnis für die Probleme, andererseits könne der aktuelle Schwebe-Zustand kein Dauerzustand werden. "Wir möchten zum Fünf-Minuten-Takt zurückkehren, weil das ein attraktives, für den Bürger verständliches Angebot ist", so SPD-Rat Dirk Wurm. Er frage sich, warum Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle (CSU) sich mit rechtlichen Fragestellungen aufhalte, statt praktisch etwas zu verbessern. 

Generation-Aux-Stadtrat Raphael Brandmiller wurde noch grundsätzlicher: "Die Stadtregierung ist angetreten mit dem Ziel, den Nahverkehr zu verbessern. Was passiert ist: Die Straßenbahnen fahren seltener, die Fahrpreise sind teurer geworden." Der Fünf-Minuten-Takt sei womöglich tatsächlich nicht das Allheilmittel. "Aber es müssen jetzt Antworten kommen, wie es weitergeht", so Brandmiller. Er deutete an, dass die Interessen von Stadt und Stadtwerken womöglich etwas auseinandergehen. Vielleicht müsse die Stadt selbst ein Rechtsgutachten beauftragen. In der Takt-Frage hatte es zwischen Stadt und Stadtwerken in der Vergangenheit erhebliche atmosphärische Störungen gegeben, nachdem die frühere Geschäftsführung vor zwei Jahren via Interview gegenüber unserer Redaktion die Stadt darüber informiert hatte, dass man am 7,5-Minuten-Takt festhalten wolle

Augsburger Nahverkehr: Koalition wirft Opposition Populismus vor

CSU und Grüne verteidigten das aktuelle Vorgehen. Die Opposition könne den branchenweiten Personalmangel ja gerne ignorieren. "Dann kocht man sein politisches Süppchen, aber es braucht keiner sagen, dass es darum geht, das für die Fahrgäste bestmögliche Angebot zu schaffen", so Matthias Fink (CSU). Auch die Grünen warfen der Opposition indirekt Populismus vor, auch wenn man die aktuelle Situation mit der Taktausdünnung nicht für gut befinde. "Aber wir können die Stadtwerke nicht zwingen, einen dichten Takt zu fahren, wenn das Personal nicht da ist", so Matthias Lorentzen. 

Hübschle sagte, man müsse nun sehen, wie man in der Personalfrage weiterkomme. Allerdings wurde auch deutlich, dass dies nicht der einzige Gesichtspunkt ist: Ebenso entscheidend werde sein, wie es mit der Finanzierung des Deutschlandtickets weitergeht. Zudem wolle man dem seit 1. Mai im Amt befindlichen neuen Stadtwerke-Geschäftsführer Rainer Nauerz Möglichkeiten geben, sich mit der Situation vertraut zu machen. Voraussichtlich im Herbst wolle man einen Vorschlag machen, wie es weitergeht, so Hübschle. Umgesetzt werden soll das Taktschema dann zum Fahrplanwechsel im Dezember 2024.

Bus und Tram in Augsburg: Fünf-Minuten-Takt oder besser ergänzendes Angebot?

Nauerz selbst sagte, dass er den Nahverkehr in Augsburg als Neu-Bürger positiv bewerte. "Vielleicht müssen wir aber die Aufgabe auch definieren: Was ist für die Fahrgäste künftig der richtige Weg." Das müsse nicht der Fünf-Minuten-Takt sein, sondern könne auch ein besseres ergänzendes Angebot in den Tagesrandzeiten sein. "Wir wollen den besten Nahverkehr machen, aber müssen auch die Kosten im Blick behalten." Aufgrund der Energiewende stehen die Stadtwerke absehbar unter erheblichem Kostendruck. Nauerz betonte ausdrücklich, dass das von den Stadtwerken beauftragte Rechtsgutachten keinesfalls als Opponieren gegen die Stadt zu verstehen sei. "Wir machen keine Rechtsgutachten gegen die Stadt." Stadt und Stadtwerke zögen an einem Strang. 

 
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