Das Heiz-Gesetz beschäftigt das Land seit Anfang dieses Jahres. Es spaltet große Teile der Bevölkerung und steht nach hitzig geführten Diskussionen und ein paar Nachbesserungen nun vor dem Abschluss.
Das Vorzeige-Projekt des Habeck-Ministeriums, das Ende September 2023 noch den Bundesrat passieren muss, sieht im Kern vor, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Dazu kommen ein paar Ausnahmen, die Rücksicht nehmen auf vermögensschwächere Hausbesitzer.
Doch gibt es ein solch spezifisches Gesetz zum Ausbau erneuerbarer Energien auch in anderen europäischen Ländern? Wir geben einen Überblick über die Energieversorgung unserer europäischen Nachbarländer, wie dort geheizt wird und welche Maßnahmen zur Energiewende beschlossen wurden.
Heizen in Europa: Größter Teil des EU-Energiebedarfs fällt aufs Heizen
Dass die europäische Antwort auf die Klimakrise zu großen Teilen auch von der Heizfrage abhängt, zeigt ein Blick auf die Statistik. Wie die EU-Statistikbehörde Eurostat schreibt, gehen 50 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in der Europäischen Union auf Heizen und Kühlen zurück, sowie ein großer Teil der Kohlenstoffemissionen, wie der Weltenergierat Deutschland schreibt.
Der Bayerische Rundfunk (BR) zitiert zudem eine Analyse aus dem Jahr 2020, der zufolge 63 Prozent des Energieverbrauchs in den privaten Haushalten der 28 EU-Länder auf die Raumheizung sowie weitere 15 Prozent auf die Warmwasser-Erzeugung entfallen. Demnach wenden EU-Haushalte beinahe vier Fünftel ihres Gesamtenergiebedarfs für die Wärmeerzeugung auf.
Wie wird in Deutschland geheizt?
Deutschlands Wärmeversorgung hängt laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu 48,2 Prozent von Erdgas und zu 25,6 Prozent von Öl ab. Fossile Energieträger kommen also in Deutschland zusammen auf weit über 70 Prozent. Dass dies neben der Folgen für die Umwelt bei Ressourcenarmut ein wirtschaftspolitisches Abhängigkeitsproblem darstellt, hat spätestens der Ukraine-Krieg gezeigt.
Weniger und vor allem in den großen Stadtstaaten - Berlin, Hamburg und Bremen - sowie im Osten des Landes gefragt ist das Heizen mit Fernwärme, auf die 13,9 Prozent Anteil an der Energieversorgung fallen, wie bmwk-energiewende.de schreibt. Weit abgeschlagen ist dagegen beim Heizen der Energieträger Strom in Deutschland (4,8 Prozent). Geändert haben daran auch nichts die Verkündung des Heizgesetzes und die Subventionierung von Wärmepumpen.
Heizen in Europa: Österreich hat große Ambitionen
Österreich hat eine deutlich diversifiziertere Energieversorgungslage als Deutschland. Der größte Energieträger beim Heizen ist laut Handelsblatt die Biomasseheizung, mit der etwa 32 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher heizen und die bei uns vor allem als Pelletheizung diskutiert wird.
Der Hintergrund: Als Biomasse zum Heizen in einer Biomasseheizung werden vor allem pflanzliche Stoffe wie Holzscheite, Pellets, Hackschnitzel, Sägeholzreste, Holzrinde und Altholz verwendet.
Dennoch kommt auch in unserem südöstlichen Nachbarland fast die Hälfte der Heizenergie von fossilen Trägern wie Erdgas und Öl. Damit sich das ändert, will die Regierung in Wien verhindern, dass künftig Gasheizungen in Neubauten installiert werden. Auch kaputte Öl- und Kohleheizungen sollen durch erneuerbare Heizsysteme ersetzt werden. Bis 2040 will man eine klimaneutrale Energieversorgung vorweisen, wie der BR schreibt. Allerdings liege das Gesetz zurzeit auf Eis, da die Regierungsparteien nicht über die nötigen Stimmen verfügen.
Heizen in Europa: Frankreich setzt auf Strom
Auch in Frankreich sieht die Lage in der Energieversorgung anders aus als in Deutschland. Zwar kommt Erdgas als Energieträger auch im westlichen Nachbarland mit 34 Prozent Anteil am Versorgungsmarkt eine beträchtliche Rolle zu, doch anders als bei uns spielt Strom als Energieträger die weitaus größte Rolle. Die Erzeugung des Stroms kommt laut der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zu zwei Dritteln aus der emissionsarmen Atomenergie, auf die Frankreich nach wie vor baut.
Nicht verwunderlich ist daher, dass so auch ein günstiges Versorgungsnetz für Wärmepumpen gegeben ist und der Handel in Frankreich boomt. Laut EHPA wurden 2022 in Frankreich 621.776 Wärmepumpen verkauft, was in absoluten Zahlen unter allen europäischen Ländern den Spitzenplatz bedeutet.
Heizen in Europa: Italien setzt auf Anreize
Italien ist was die Energieversorgung angeht einerseits mit Deutschland vergleichbar, da das Land laut Handelsblatt-Grafik einen fossilen Spitzenplatz einnimt. Denn: In Italien heizt über 60 Prozent der Bevölkerung mit Gas.
Andererseits ist viel Bewegung auf dem Energiemarkt in Italien, wie die Zahlen der European Heat Pump Association zeigen. Die zweitmeisten Wärmepumpen wurden 2022 nämlich in Italien verkauft, ganze 513.535 Stück gingen laut EHPA über die Ladentheke.
Ein weiterer Unterschied: Die italienische Regierung hat kein Gesetz erlassen, das fossile Energieträger verbannt, sondern baut vor allem auf ein Anreizsystem aus Subventionen. Bis 2022 war eine energetische Sanierung durch den "Superbonus 110 Prozent" der Mitte-Links-Regierung um Giuseppe Conte für italienische Staatsbürger quasi kostenlos, wie der BR berichtet. Die konservative Ministerpräsidentin Giorgia Meloni setzte den Fördersatz allerdings auf 90 Prozent herunter.
Heizen in Europa: Der Problemfall Niederlande
Ein Problemfall sind neben Deutschland auch die Niederlande. Denn die EU-weit höchste Abhängigkeit von Erdgas als Heizträger besteht im nordwestlichen Nachbarland. Sage und schreibe 84,7 Prozent aller Haushalte heizen laut Handelsblatt in den Niederlanden allein mit Gas, wobei der Anteil der fossilen Energieträger zusammen mit Öl um die 90 Prozent beträgt.
Wie die Deutsch-Niederländische Handelskammer berichtet, haben die Niederlande die Zeichen der Zeit erkannt und eine "große Energiewende" eingeleitet, die weg vom Gas hin zu den erneuerbaren Energien führen soll. Bis bereits 2023 sollen daher 16 Prozent des Energiebedarfs im Nachbarland aus regenerativen Quellen gedeckt werden, wobei besonders der Ausbau der Windenergie forciert werden soll, wie dnhk.org schreibt.
Heizen in Europa: Die Vorbilder Dänemark, Norwegen und Schweden
Dänemark ist unser nördlichster Nachbar und in Sachen Energiewende deutlich weiter. Denn Kopenhagen hat bereits früh auf Fernwärme gesetzt und konnte so die CO2-Emissionen innerhalb eines Jahrzehnts um 65 Prozent senken, wie der NDR berichtet. Auslöser waren demnach die Ölkrisen der 1970er-Jahre.
Der Hintergrund: Bei der Heiztechnologie der Fernwärme werden Gebäude über kleine und mittlere Entfernungen mit Wärme versorgt, wobei sogenannte Abwärme von Heizkraftwerken oder Blockheizkraftwerken zur Erhitzung von Wasser genutzt wird. Fernwärme ist dagegen nicht automatisch gleichzusetzen mit erneuerbaren Energien, wie bmwk-energiewende.de schreibt.
In Schweden werden laut der Deutsch-Schwedischen-Handelskammer mittlerweile 61 Prozent des Energieverbrauchs des Landes von erneuerbaren Energien abgedeckt. Die Stromerzeugung etwa ist zu fast 100 Prozent frei von fossilen Brennstoffen.
Auch in Norwegen ist Strom die mit Abstand größte Energiequelle beim Heizen, und auch der norwegische Strommix stammt laut Handelsblatt zu zu mehr als 99 Prozent aus natürlichen Ressourcen. Es zeigt sich: Alle skandinavischen Länder haben gemeinsam, den frühzeitigen, sukzessiven und daher für Unwelt und Bevölkerung verträglicheren Umbau ihres Energiesektors angepackt zu haben.