Fernwärme ist keine neue Heiztechnologie. Dennoch ist sie gerade in aller Munde. Denn Öl- und Gasheizungen sollen langfristig in Deutschland verschwinden. Und wenn es nach Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geht, soll Fernwärme in Deutschland die Alternative zu Wärmepumpen werden. Habeck erklärte im Juni 2023, dass jedes Jahr 100.000 Häuser neu an Fernwärmenetze angeschlossen werden sollten. Aber lohnt sich Fernwärme überhaupt? Welche Vorteile und Nachteile gibt es? Und wer sollte einen Umstieg in Erwägung ziehen, und wer eher davon absehen? Diese Fragen werden im Folgenden beantwortet.
Was ist Fernwärme überhaupt?
Vereinfacht gesagt steckt das Prinzip von Fernwärme bereits in ihrem Namen: Eine Wohnung oder ein Haus wird mit Raumwärme und Warmwasser versorgt, die nicht dort produziert, sondern aus der Ferne zugeleitet werden. Die Wärme entsteht in Kraftwerken. Dafür können ganz verschiedene Energieträger genutzt werden: etwa Öl, Erdgas, Biomasse, erneuerbare Energien und sogar Müll. Mehr als 80 Prozent der Fernwärme stammt aus Stromkraftwerken. Ein weiterer Teil setzt sich zusammen aus Wärme, die sowieso entsteht und sich anschließend nutzen lässt, wie zum Beispiel industrielle Abwärme. Derzeit werden laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) rund 14 Prozent der Deutschen Haushalte mit Fernwärme versorgt.
Vorteile vom Heizen mit Fernwärme
Wer Fernwärme bezieht, braucht dafür keine Heizung zu installieren, einzig die isolierten Leitungen unter der Erde zwischen Heizkraftwerk und Haus sind notwendig. Das bringt nicht nur viel Komfort, es spart auch Kosten für Brennstoffe und Wartung, die sonst beim Heizen mit Brennkesseln entstehen. Auch der Besuch vom Schornsteinfeger entfällt. Ein weiterer Vorteil: Die Bundesregierung fördert den Umstieg auf Fernwärmenetze finanziell mit unterschiedlichen Fördermaßnahmen - und von der CO2-Abgabe sind Mieter und Eigentümer befreit, wenn ihr Fernwärmeanbieter keine fossilen Brennstoffe verwendet. Auch viele Stadtwerke und Kommunen fördern den Anschluss an das Fernwärmenetz mit Zuschüssen von etwa 500 bis 3.000 Euro, je nach Wärmebedarf des angeschlossenen Gebäudes.
Nachteile vom Heizen mit Fernwärme
Ein großer Nachteil beim Heizen mit Fernwärme ist, dass es im Normalfall nur einen einzigen Fernwärme-Anbieter in einem Gebiet gibt. Wie etwa beim Strom die Anbieter und ihre Preise zu vergleichen und den geeignetsten Wärmeanbieter herauszusuchen, ist Fernwärmekunden also nicht möglich. Die Entscheidung für einen Fernwärmeanschluss treffen Nutzer aber für viele Jahre - sie sollte deshalb gut überlegt sein. Die Verbraucherzentrale erklärt das so: "Planung und Betrieb des Kraftwerks und der Netze liegen in der Hand eines Unternehmens. Der Aufbau einer doppelten Infrastruktur durch ein weiteres Unternehmen wäre unwirtschaftlich." Daher sei jedes Fernwärmeunternehmen ein lokaler Monopolist.
Heizkosten Fernwärme: Was kostet Fernwärme?
Trotz der Monopolstellung der Anbieter fallen die Preise für Fernwärme sehr unterschiedlich aus. Ein durchschnittlicher Preis für Fernwärme liegt laut Verbraucherzentrale bei etwa 16 Cent pro Kilowattstunde, wobei sich der Preis aufteilt auf Arbeitsspreis je Kilowattstunde und einem Grundpreis (hier anteilig berechnet). Die Abweichungen nach oben oder unten sind je nach Anbieter allerdings sehr hoch.
Den Haupteinfluss auf den Preis hat laut Stiftung Warentest der Energiemix eines Versorgers. Werden bestimmte Brennstoffe teurer, steigt auch der Preis, den der Anbieter für Fernwärme verlangen kann. Aber auch andere Kostenpunkte schlagen manche Anbieter auf die Arbeitspreise für Fernwärme: "Unter anderem wurden Wärmebereitstellungskosten sowie ein Mess-, Service-, Verrechnungs- und Netznutzungspreis sowie eine Zählermiete und Preise für Emissionszertifikate ausgewiesen", schreibt die Stiftung Warentest, die sich unterschiedliche Fernwärmeanbieter genauer angeschaut hat. Eine pauschale Antwort lässt sich deshalb auf die Frage, was Fernwärme kostet, nicht geben.
Aber: Der Anschluss selbst ist laut Stiftung Warentest "nicht teuer". Eigentümer müssten 5.000 bis 20.000 Euro als eigene Kosten einplanen. "Das ist günstiger, als sich eine Wärmepumpe oder Pelletheizung anzuschaffen."
Heizen mit Fernwärme: Wie klimafreundlich ist Fernwärme?
Wie umweltfreundlich die Fernwärme ist, hängt ganz davon ab, womit die Wärme gewonnen wird. Wenn in den Heizkraftwerken nur fossile Brennstoffe wie Kohle, Erdgas oder Mineralöl in Hitze umgewandelt und in die Häuser geleitet werden, ist diese Heiztechnologie nicht klimafreundlich. Wird in den Heizkraftwerken aber mit klimafreundlicheren Rohstoffen und erneuerbaren Energien gearbeitet, kann Fernwärme durchaus grün sein.
Eine Methode kann Fernwärmenetze beispielsweise besonders klimaschonend machen: die direkte Nutzung von Wärme aus Tiefengeothermie oder von Abwärme aus Rechenzentren und Industrie. Das BMWK erklärt: "Verschiedene erneuerbare Wärmequellen und Technologien wie Solarthermie, Biomasse, Wärme aus Abwasser und Großwärmepumpen können in Wärmenetzen kombiniert werden, um fossile Heizkraftwerke zu ersetzen." Habecks Ministerium wirbt deshalb für einen Wechsel zu Fernwärme als "zukunftsweisende und sichere Infrastruktur mit einem hohen gesellschaftlichen Nutzen".
Allerdings liegt der Anteil erneuerbarer Energien laut BMWK in der Fernwärme aktuell erst bei rund 20 Prozent. Rund ein Drittel der Energie für Fernwärme stammt aus Stein- und Braunkohle, etwa die Hälfte wird aus Erdgas erzeugt und der übrige Teil aus der Müllverbrennung und erneuerbaren Energien. Laut Umweltbundesamt ist kohlebasierte Fernwärme allerdings sogar klimaschädlicher einzustufen als eine dezentrale Gasheizung. Dennoch ist Fernwärme im neuen Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) sogar erneuerbaren Energien gleichgestellt. Das Gesetz, laut dem erneuerbare Energien einen Teil des Wärmebedarfs neuer Gebäude decken müssen, gilt als befolgt, wenn mindestens 50 Prozent der Wärme durch Fernwärme erzeugt wird.
Heizen mit Fernwärme: Lohnt sich Fernwärme als Alternative?
Fernwärme ist keine Individuallösung. Denn ein Fernwärmenetz lohnt sich prinzipiell nur dann, wenn damit viele Nutzer versorgt werden und sich die hohen Kosten für die die Verlegung der Netze und der Bau der Heizkraftwerke auf diese Weise verteilen. Besonders gut eignet sich Fernwärme deshalb vor allem in dicht besiedelten Gebieten. Doch die Verbraucherzentrale schreibt auch über Fernwärme im ländlichen Raum: "Auf dem Land kann sich Fernwärme lohnen, wenn Wärme lokal günstig bereitgestellt werden kann, etwa über die Verwertung von Holzhackschnitzeln oder Biogas." Eigentümern eines Altbaus rät die Verbraucherzentrale beim nächsten anstehenden Kesseltausch ihrer Öl- oder Gasheizung über einen Umstieg auf Fernwärme nachzudenken.
Heizen mit Fernwärme eignet sich dagegen nicht, wenn Nutzer einen vergleichsweise niedrigen Verbrauch haben. Dann ist die notwendige Infrastruktur meist teurer als der Verbrauch, weswegen sich der Wechsel dann nicht lohnt. "Denn Sie finanzieren das Kraftwerk und die Wärmenetze anteilig über Ihren Grundpreis mit", erklärt die Verbraucherzentrale. Wer überlegt, ob sich Fernwärme lohnen könnte, sollte deshalb einen Vollkostenvergleich berechnen und nicht nur die Kosten des Wechsels miteinbeziehen.
Die Verbraucherzentrale erklärt das damit, dass Fernwärme die fertige Wärme liefert - im Preis sind bereits Umwandlungsverluste enthalten, die bei der Erzeugung der Wärme entstehen. "Bei einer Gas- oder Ölheizung entstehen diese Erzeugungsverluste hingegen erst vor Ort im Heizungskessel. Sie benötigen also mehr Gas oder Öl, um die gleiche Menge Wärme zu erzeugen", so die Verbraucherzentrale. Das sollten Fernwärme-Interessierte über die Alternative zum direkten Heizen mit Öl wissen.