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El Niño
Das Phänomen El Niño erklärt: Ursache und Entstehung
Immer wieder machen Klimaforscher das Phänomen El Niño für verheerende Umweltkatastrophen verantwortlich. Doch was genau steckt hinter dem spanischen Ausdruck? Hier werden Ursache und Entstehung erklärt.
El Niño soll in diesem Jahr wieder mit großer Wucht wirken. Foto: Mauricio Duenas/Archiv       -  El Niño kann zu Überflutungen führen.
Foto: Mauricio Duenas, dpa (Archivbild) | El Niño kann zu Überflutungen führen.
Lukas Rameil
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:50 Uhr

El Niño bedeutet auf Spanisch "der Junge" oder "das Christkind" und klingt angenehm melodisch. Dem schönen und leicht drolligen Namen, den peruanische Fischer mit ironischer Absicht einst einem Wetterphänomen gaben, das ihnen etwa alle vier Jahre um die Weihnachtszeit hohe Fischfangverluste bescherte, sind seine verheerenden Konsequenzen auf Anhieb nicht anzuhören. Doch die Liste der Folgen, für die Klimaexperten El Niño verantwortlich machen, ist lang, und hört bei den peruanischen Fischern längst nicht auf: So verursacht El Niño etwa in Südafrika, Südasien und Australien Dürren, in Mittel- und SüdamerikaÜberflutungen und tropische Wirbelstürme.

Doch welches Extremwetter-Phänomen genau bezeichnet El Niño, wie entsteht es und was hat es mit dem Klimawandel zu tun? Welche Prognose gibt es von Experten und worauf müssen wir uns in Deutschland einstellen?

Was passiert bei El Niño?

Das Phänomen El Niño, das durch die Forschung den Beinamen "Southern Oscillation" (zusammen ENSO) trägt, bezeichnet eine anomale Wetterperiode, die sich alle vier bis neun Jahre in antizyklischen Veränderungen von Wind- und Meeresströmungen bemerkbar macht. Schauplatz des Geschehens ist der äquatoriale Pazifik. Dieser größte und tiefste Ozean der Erde verbindet ein Hochdruckgebiet vor der Westküste Südamerikas mit einem Tiefdruckgebiet vor der östlichen Küste Australiens. Normalerweise, in einer sogenannten "neutralen Phase", zirkulieren zwischen diesen beiden Gebieten Passatwinde, die das warme Oberflächenwasser von Osten nach Westen in Richtung Australien, Indonesien und anderer Südostasiengebiete treiben.

In einem El-Niño-Jahr, das immer auf die heißeste Jahreszeit, auf der Südhalbkugel also auf die Weihnachtszeit fällt, steht jedoch alles auf dem Kopf. Das System bricht zusammen.

Passatwinde schwächen sich nun ab oder ändern sogar ihre Richtung, mit der Folge, dass der Humboldstrom zum Erliegen kommt und somit keine kalten Tiefenwasser mehr an die Oberfläche vor die südamerikanische Küste gebracht werden können. Wolken, die Niederschläge dagegen an die asiatischen und australischen Ostküsten bringen sollten, werden nun in die entgegengesetzte Richtung getrieben und regnen über den sonst trockenen Westküsten des amerikanischen Kontinents ab. Gleichzeitig beginnt das im Westen angestaute Wasser ostwärts zu fließen. Die Folgen dieser Umdrehung der Wetterverhältnisse sind mittlerweile gut erforscht. 

Typische Folgen durch El Niño für Mensch und Natur

  • starke Regenfälle und Monsun, Überschwemmungen und Überflutungen, die zur Folge haben, dass ganze Landstriche zerstört und zumindest temporär unbewohnbar werden
  • verstärktes Auftreten von Orkanen und anderen Windstürmen
  • Dürren und anhaltende Trockenperioden mit der Folge hoher Ernteausfälle und verheerender Buschbrände, denen tausende Tiere zum Opfer fallen
  • Plankton stirbt unter den Bedingungen warmer Wassertemperaturen ab, sodass Fische nichts mehr zu fressen finden, abwandern oder sterben
  • Mensch und Tier (z.B. Robben oder Vögel) fehlt nun ein Grundnahrungsmittel
  • Korallen vertragen die hohen Wassertemperaturen nicht, bleichen aus und sterben schließlich ab

Kurzum: ein ganzes maritimes Ökosystem gerät ins Wanken

Wodurch wird der El Niño ausgelöst?

Die Folgeerscheinungen von El Niño sind weitgehend erforscht, doch bei der Frage nach den Ursachen des wetteranomalen Ereignisses steckt die Forschung noch weitgehend in den Kinderschuhen, sprich die Annahmen darüber liegen noch im Bereich der Spekulation. Auch bei der Frage, ob es sich um ein zyklisches, also in regelmäßigen Abständen wiederkehrendes, Ereignis handelt, liegen die Meinungen auseinander. Manche Forscher machen die bereits 1610 von Galileo Galilei entdeckten Sonneneruptionen für die Anomalien im Ökosystem verantwortlich.

Das anomale Gegenstück zu El Niño: La Niña

Nach dem Abklingen eines El Niño folgt oftmals die entgegengesetzte Anomalie, eine Phase, die La Niña oder auch die "Kalte Episode" genannt wird, da sich hierbei die oberen Wasserschichten des tropischen Ostpazifiks ungewöhnlich stark abkühlen (im Gegensatz zu El Niño, der "Warmen Episode").

So bezeichnet La Niña das anomale Gegenstück zu El Niño, das mit einer Verstärkung der tropischen Passat-Ostwinde einhergeht. Es kommt zu einer Art Pattsituation der Extreme. Doch in den letzten Jahren konnte La Niña nicht mehr die zum Klimaausgleich benötigten Verhältnisse erzielen, die in den El Niño geschädigten Ländern dringend benötigt werden. Woran das genau liegt, ist im Moment noch nicht geklärt.

Weitgehend Konsens herrscht dagegen darüber, dass die Auswirkungen der Veränderungen von Atmosphäre und Meeresströmung im äquatorialen Pazifikraum weit über die Anrainerstaaten hinausreichen. So beeinflusst beispielsweise der Wechsel zwischen El Niño und La Niña, wie viel Niederschlag in der Antarktis fällt, und damit ebenso das Schmelzen oder Wachsen von Gletschern in der Region. Die Fernwirkung der beiden Klimaphänomene, die eben im Pazifik ihren Ausgang nehmen, spielt damit eine noch größere Rolle im globalen Klimahaushalt, als zuvor bekannt war.

Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf El Niño?

Dass El Niño ein Phänomen abseits der menschengemachten Erderwärmung ist, ist in der Forschung unumstritten. Bei der Frage wiederum, welche Auswirkungen der Mensch auf die Intensität des Phänomens hat, scheiden sich die Geister der Wissenschaft. Zwar beobachteten Klimaforscher vor allem bis 1997 eine Verstärkung des Phänomens. Ganz im Gegenteil zu den Emissionshaushalten der Staaten hat sich diese Entwicklung danach jedoch wieder normalisiert.

Somit können auch natürliche Schwankungen, die immer wieder beobachtet wurden, dafür verantwortlich sein. Viele Wissenschaftler vermuten aber weiterhin, dass es einen Zusammenhang gibt und dass El-Niño-Ereignisse wegen des Klimawandels in Zukunft häufiger vorkommen werden.

Welche Folgen hat El Niño für Deutschland?

Obwohl El Niño durch den riesigen Einflussbereich des Pazifiks ein weltweites Klima-Phänomen ist, beeinflusst es das Wetter in Deutschland in der Regel selten, mit Ausnahmen womöglich einiger Ereignisse wie dem ungewöhnlich strengen europäische Winter 1941/1942 oder auch dem klirrend kalten Winter 2009/2010 in Deutschland. Andere sehen darin jedoch nicht El Niño als Ursache, sondern eine sogenannte Pazifische Dekaden-Oszillation, eine abrupte Änderung der Oberflächenwassertemperatur im Pazifik.

 
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