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Dillingen
Hotpants-Werbung auf Kipper von Dillinger Firma: Spaß oder Sexismus?
Ein Dillinger Recycling-Unternehmer wirbt auf einem seiner Auflieger mit einem Bild, das eine leicht bekleidete Frau von hinten zeigt. Ist das noch zeitgemäß?
Christina Brummer
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:25 Uhr

Das "Bild des Anstoßes" ist ein wenig vom Staub überdeckt, doch trotzdem noch gut erkennbar. Auf der Rückseite eines Kippers, mit dem Schutt, Kies, Sand transportiert wird, ist die Rückseite einer Frau zu sehen, die allerdings nur spärlich mit Hotpants bekleidet. Mit der rechten Hand zieht sie die Hose hoch und präsentiert ein Herz-Tattoo auf der Po-Backe. In der linken Hand hält sie einen Schraubenschlüssel. Daneben prangt der Schriftzug eines Dillinger Recycling-Unternehmens. Das Foto vom Kipper hat kürzlich ein Leser gemacht und unserer Redaktion geschickt. Mit dem Kommentar: "Unglaublich, dass es so was heute noch gibt." Warum gibt es das noch, haben wir also den Recycling-Unternehmer gefragt.

Anruf bei Matthias Fisel, er ist Prokurist beim gleichnamigen Recycling- und Logistik-Betrieb in Dillingen. Er sagt: „Die Werbung ist nicht sexistisch gemeint. Das ist nur dafür da, dass sich die Werbung besser einprägt.“ Zudem stamme der Aufkleber auf dem Kipper gar nicht vom Unternehmen selbst, sondern man habe das Fahrzeug mit Werbung beim Hersteller abgekauft – und die Werbung nicht abgemacht. Es fahre aber auch nur ein Auflieger mit dem Bild für die Firma Fisel herum, alle anderen trügen die üblichen Beschriftungen.

Fisel in Dillingen: "Es gibt immer jemanden, der sich aufregt."

"Einige dieser Auflieger mit der Werbung wurden auch auf Messen ausgestellt, und die Reaktionen hierzu waren, laut Hersteller, positiv gestimmt", sagt Fisel. Zum Aufkleber auf der Rückseite gehört noch ein Werbespruch: „… damit hintn a wos scheens dro hängt". Matthias Fisel sagt: „Wir haben da schon darüber diskutiert, sind aber zum Schluss gekommen, dass es immer Leute geben wird, die sich über etwas aufregen.“ Man wolle damit eher erheitern anstatt diskriminieren. Bisher habe sich auch niemand bei der Dillinger Firma beschwert. Auch die Mitarbeiterin, die den Auflieger meist fahre, würde es nicht stören.

"Sex sells" war lange Zeit das Credo in der Werbebranche. Viel nackte (weibliche) Haut und laszive Posen in den unpassendsten Situationen. Da rekelten sich kaum bekleidete Frauen auf Motorrädern, in Autowaschanlagen oder mit Jagdgewehren. Wer Männer ansprechen wollte, der musste mit viel Haut und wenig Hirn werben, so schien es. Schien? Hat sich am Werbeverhalten denn etwas verändert? Große Firmen gehen inzwischen sensibler mit dem Thema um, achten teils penibel genau darauf, dass auch mal der Mann in der Werbung die Spülmaschine ausräumt.

Geschlechterdiskriminierung in der Werbung ist noch immer verbreitet

Doch das Thema Geschlechterdiskriminierung in der Werbung ist noch immer aktuell, das zeigen die Auswertungen des Werberats. Dort kann sich jeder beschweren, der eine Werbung zum Beispiel für diskriminierend, anstößig, gewaltverherrlichend erachtet. Der Werberat prüft die Beschwerdenund erteilt in manchen Fällen Rügen. Die haben rechtlich gesehen keine Auswirkung. Manche Unternehmen ziehen dann aber ihre Kampagnen zurück. Im Jahr 2022 gingen laut Werberat mit 211 von 398 Fällen mit Abstand die meisten Beschwerden wegen geschlechterdiskriminierender Werbung ein. Zum Vergleich: 2016 waren es 273 Beschwerden zu dieser Thematik.

Auch die Firma, die den Fisel-Auflieger hergestellt hat, ist mit ebendieser Werbung bereits beim Werberat gemeldet worden. Es handelt sich um die Firma Reisch Fahrzeugbau aus Ehekirchen-Hollenbach im Kreis Neuburg-Schrobenhausen. Im Jahr 2019 sprach der Werberat gegen die Firma eine Rüge aus und schreibt: "Nach intensiven Diskussionen mit der Reisch Fahrzeugbau hatte das Unternehmen dem Deutschen Werberat zugesagt, künftig die vom Werberat als sexistisch beanstandete, großflächig an ihren Lkws angebrachte Werbung nicht mehr zu verwenden." Die Abbildung der Frau im Zusammenhang mit dem Werbespruch sei "von vielen Beschwerdeführern als frauenherabwürdigend kritisiert worden". Von der Facebook-Seite wollte das Unternehmen die Bilder der Lkw nicht entfernen. Deshalb sprach der Rat die Rüge aus. Auf den vom Werberat beanstandeten Lkw ist das Bild noch ein bisschen prominenter zu sehen. 

Warum nicht ein Lkw mit einem Männerhintern?

Angesprochen auf die Rüge sagte der Geschäftsführer damals, dass diese Werbung nicht mehr zum Unternehmen passe, man wolle das Unternehmen umkrempeln und in die Jetzt-Zeit holen. Das gehe aber nicht von heute auf morgen. Doch da der Fahrzeugbauer auch Lkw verkaufe – wie zum Beispiel nach Dillingen–, könne es sein, dass die Werbung auch noch weiter herumfährt. Matthias Fisel, so hört man heraus, hängt nicht an dem Aufdruck. Der Unternehmer wäre aber bereit, sagt er mit einem Augenzwinkern, im Sinne der Gleichberechtigung auch ein Fahrzeug mit einem Männerhintern zu verzieren.

 
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