Schmidt, Müller, Weber: Diese Nachnamen gehören nicht nur zu den häufigsten in Deutschland, sondern lassen auch schon anhand der Wortbedeutung erkennen, was ein Teil der eigenen Vorfahren in der Vergangenheit erlebt hat. Wem das zu ungenau ist oder wer mehr über seinen Stammbaum erfahren will, der greift zu einem der DNA-Analysekits aus dem Internet, die sich in den vergangenen Jahren einer immensen Beliebtheit erfreut haben. Eine Familie in Deutschland hat das alles gar nicht nötig. Durch Ausgrabungen im Harz und DNA-Auswertungen ist es ein paar Menschen möglich, ihre Vorfahren bis in die Bronzezeit zurückzuverfolgen. Das ist die älteste Familie der Welt mit dem längsten genetisch belegten Stammbaum einer Großfamilie.
Die älteste Familie der Welt ist im Harz zuhause
Etwa 3.000 Jahre reicht er zurück, der längste Stammbaum der Welt, bis in die Bronzezeit also. Er gehört laut Angaben der offiziellen Webseite der Ausgrabungsstätte zur ältesten bekannten Großfamilie der Welt, deren Grab in der Lichtensteinhöhle entdeckt wurde. Diese Höhle, irrtümlicherweise auch als "Lichtenberghöhle" bekannt, befindet sich etwa 15 km entfernt im Gipskarst des Südharzrandes nahe Osterode. Die Entdeckung gilt als bedeutender Meilenstein in der europäischen Höhlenarchäologie.
Die älteste Familie der Welt: Beginn der Ausgrabungen
In den 1970er-Jahren entdeckten laut einem Bericht des WDR Höhlenforscher eine Höhle am Berg Lichtenstein bei Osterode am Harz. Zunächst schien die Höhle klein zu sein, aber aus einem Spalt strömte Luft hinein, was auf weitere Räume hinwies. Zehn Jahre später erweiterten die Forscher den Spalt und fanden ein Labyrinth aus Knochen und bronzezeitlichen Artefakten. Als sie 1980 diesen Teil der Höhle erreichten, waren sie die ersten Menschen seit 3000 Jahren, die diesen Ort betraten.
Ursprünglich sollten die Funde in der Höhle bleiben, aber nach einem Einbruch von Raubgräbern im Jahr 1992 begannen offizielle Ausgrabungen im Jahr 1995. Die Bergung aller Schätze dauerte fast zwei Jahrzehnte, da die Forscher immer mehr Teile der Höhle erkundeten. Wegen des extremen Klimas konnten sie jedoch nur zwei Sommermonate pro Jahr dort arbeiten. Obwohl die Bedingungen unangenehm waren, sorgten sie dafür, dass die meisten Knochen in einem ausgezeichneten Zustand waren, fast wie frisch verstorben. Insgesamt bargen die Forscher über 20 Jahre hinweg 10.000 Tierknochen, über 200 bronzezeitliche Gegenstände und vor allem 4.500 menschliche Knochen, die alle untersucht werden mussten.
Die Grabungen in der Lichtensteinhöhle wurden laut einer Pressemitteilung der Ausgrabungsstätte 2005 abgeschlossen, obwohl der bronzezeitliche Zugang nicht gefunden wurde. Ab 2009 wurde über drei Sommer hinweg nach dem Eingang gesucht. Schließlich entdeckten die Ausgräber unter der Leitung der Kreisarchäologie einen vollständig verfüllten Kriechgang im Höhleninneren, der sich als antiker Eingang herausstellte.
Nach drei Jahren wurde die Forschungsgrabung mit der Freilegung des letzten Abschnitts und eines etwa fünf Meter tiefen Einstiegsschachts abgeschlossen. Es wird nun angenommen, dass mindestens 60 Menschenknochen in der Höhle niedergelegt wurden, im Vergleich zu 40 im Jahr 2008. Neue Funde von Keramik, Schmuck, Pflanzenresten sowie Tier- und Menschenknochen ermöglichen eine genauere Deutung der Geschehnisse rund um die Lichtensteinhöhle und weisen auf eine Verdichtung des ältesten bekannten Stammbaums einer Großfamilie hin. Besonders wichtig für die zeitliche Einordnung und die kulturelle Zugehörigkeit der Toten ist der Fund eines wertvollen Bronzeschmuckdepots im Jahr 2009, das auf kulturelle Bezüge zum südlichen und südöstlichen Harzvorland hinweist.
Die älteste Familie der Welt: Verbindung zu heute
Die Forscher stellten laut WRD die Verbindung zwischen den Höhlenknochen und lebenden Nachfahren der ältesten Familie der Welt her, indem sie seltene DNA-Muster identifizierten, insbesondere ein auffälliges genetisches Muster auf den männlichen Y-Chromosomen. Dieses bisher unbekannte Muster in Europa führte zu der Idee, noch lebende Nachkommen zu finden. Im Jahr 2007 baten die Forscher die lokale Bevölkerung um DNA-Tests und hatten Glück: Zwei Männer, Uwe Lange und Manfred Huchthausen, trugen das identifizierte DNA-Muster und sind somit wahrscheinliche Nachfahren der Bronzezeitmenschen.
Darüber hinaus fanden die Forscher eine Gruppe von etwa 50 Menschen mit einem ähnlichen y-chromosomalen Muster, das auch in den Höhlenknochen vorhanden war, aber in Europa verbreitet ist. Ein Teil dieser Gruppe könnte daher mit den Bronzezeitmenschen verwandt sein, während andere das Muster zufällig tragen. Nach jahrelanger Analyse identifizierten die Forscher etwa 57 Individuen, die fast alle vier Großfamilien zugeordnet werden konnten. Einige Personen, hauptsächlich junge Frauen, hatten keinen direkten Familienbezug und waren vermutlich durch Heirat verbunden, bevor sie Kinder hatten, die sie genetisch mit der Familie des Mannes verbinden würden.
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