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COVID-19
Kann Corona Typ-1-Diabetes verursachen?
Stehen die vermehrt aufgetretenen Fälle von Typ-1-Diabetes unter Kindern in Verbindung mit Corona? Das jedenfalls legen die Ergebnisse mehrerer Studien nahe.
Diabete Typ 1 bei Kindern.jpeg       -  Laut Studien könnte das Corona-Virus im Zusammenhang mit vermehrt auftretenden Fällen von Typ-1-Diabetes stehen.
Foto: Jörg Carstensen, dpa | Laut Studien könnte das Corona-Virus im Zusammenhang mit vermehrt auftretenden Fällen von Typ-1-Diabetes stehen.
Lukas Rameil
 |  aktualisiert: 19.03.2024 07:56 Uhr

Ein unheimlicher Verdacht steht im Raum. Gibt es womöglich einen Zusammenhang zwischen Corona-Infektionen und einem Anstieg von Typ-1-Diabetes-Erkrankungen während der Pandemie-Zeit? Das jedenfalls legen die Ergebnisse mehrerer wissenschaftlicher Studien nahe. Doch was ist eigentlich Diabetes Typ 1, welche Symptome treten auf und wie erklären sich Forscher den Anstieg der chronischen Stoffwechselerkrankung in den letzten zwei Jahren vor allem unter Kindern?

Was ist Typ-1-Diabetes?

Diabetes mellitus ist eine Unterform von Diabetes und beschreibt laut dem Bundesgesundheitsministerium verschiedene Erkrankungen des Stoffwechsels. Im Volksmund lässt sich Diabetes mellitus als Zuckerkrankheit übersetzen. Patientinnen und Patienten haben grundsätzlich einen Insulinmangel und/oder eine verminderte Insulinwirkung.

Zu den Hauptformen des Diabetes mellitus gehören dem Ministerium zufolge Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Dabei ist letzterer weitaus häufiger. In Deutschland ist bei circa 7,2 Prozent der 18- bis 79-Jährigen ein Diabetes mellitus bekannt. Davon haben etwa 90 bis 95 Prozent einen Typ-2-Diabetes - laut der Deutschen Diabetes Hilfe sind das etwa sechs Millionen Menschen. Dabei stellt sich meist wegen jahrelanger Überproduktion von Insulin eine Resistenz des Hormons ein.

Typ-1-Diabetes dagegen wird durch ein absolutes Versagen der insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse verursacht. Die Betroffenen müssen daher zusätzlich von außen Insulin zuführen, um ihre Zuckerwerte zu stabilisieren. Die Erkrankung wird dem Bundesgesundheitsministerium zufolge durch einen absoluten Mangel des Hormons verursacht und wird daher auch insulinabhängiger Diabestes mellitus genannt.

Bei Typ-1-Diabetes handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die entsteht, wenn das Immunsystem aus bislang ungeklärten Gründen die Insulin produzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse angreift. Bisher ist Typ-1-Diabetes nicht heilbar und Betroffene müssen deswegen lebenslang Insulin spritzen. Diagnostiziert wird dieser Diabetes-Typus oftmals schon im Kindes- oder Jugendalter. Laut der Deutschen Diabetes Hilfe gibt es etwa 341.000 Krankheitsfälle in Deutschland.

Corona und Diabetes: Welche Symptome treten auf?

Zu den typischsten Symptomen der chronischen Stoffwechselerkrankung Typ-1-Diabetes gehören ständige Müdigkeit, heftige Durstattacken und ein erkennbarer Gewichtsverlust. Symptome, die auf Typ-1-Diabetes hinweisen werden anders als bei Typ-2-Diabetes für gewöhnlich nicht mit schlechter Ernährung und Bewegungsmangel in Verbindung gebracht, da es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt.

Die Krankheit trifft die betroffenen Kinder daher meist aus heiterem Himmel, was eine beträchtliche Lebensumstellung für sie und ihre Familien bedeutet. In der Pandemie-Zeit haben sich laut mehreren wissenschaftlichen Studien die Zahlen der betroffenen Kinder beträchtlich erhöht.

Corona und Typ-1-Diabetes: Studien legen Zusammenhang nahe

Im ersten Jahr der Pandemie bekamen demnach laut einer Studie der TU Dresden sowie des Helmholtz Zentrums München, die im medizinischen Fachblatt Jama Network Open veröffentlicht wurde, 14 Prozent mehr Kinder die Diagnose Diabetes Typ 1 als noch vor der Pandemie, im zweiten Jahr waren es sogar 27 Prozent. Die Autoren werteten hierfür die Daten von mehr als 30.000 Heranwachsenden aus.

"Wir sind vorsichtig mit der Interpretation unserer Ergebnisse, aber das Virus könnte entweder die dem Typ-1-Diabetes zugrundeliegende Entstehung der Autoimmunität begünstigen, oder eine bereits bestehende Autoimmunität verstärken und so die Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen beschleunigen", erklärte Ezio Bonifacio von der TU Dresden.

Auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) zählt in Deutschland während des ersten Lockdowns im Frühjahr unter Kindern 238 Fälle von sogenannter diabetischer Ketoazidose (DKA), was eine Verdoppelung der Zahl zum Vorjahr darstellt. "Insbesondere die Fallzahl der Kleinsten, also der Vorschulkinder mit einer schweren DKA ist angestiegen", warnt die DDG.

COVID-19 und Diabetes: Ist es das Virus selbst oder spielen Stressfaktoren eine Rolle?

Doch ob das Corona-Virus selbst für den Anstieg von Typ-1-Diabetes-Erkrankungen verantwortlich ist oder vielmehr die psychischen Folgen von Angst und Isolation die Zahlen begründen, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt.

In einem deutschen Beitrag in der Fachzeitschrift Diabetes Care heißt es hierzu: "Eine Vielzahl von Studien weist auf die Rolle psychologischer Stressfaktoren bei der Entstehung von Typ-1-Diabetes hin." Für einen direkten Zusammenhang sprechen laut Spiegel dagegen Hinweise, dass der Covid-Erreger den Zuckerstoffwechsel beeinflussen könnte. Über die Zellen, die Insulin produzieren und ACE2-Rezeptoren aufweisen, könnte demnach das Virus eingefallen sein. Diese Überlegungen sind allerdings bislang spekulativ.

Experte: Pandemie könnte ein Vermächtnis chronischer Krankheiten hinterlassen

Unabhängig davon, ob es einen direkten oder indirekten Zusammenhang von Corona-Infektionen und einer Häufung von Diabetes-Fällen von Typ 1 und anderer chronischer Erkrankungen gibt, die persönlichen Folgen für die Betroffenen und die Gesundheitssysteme sind enorm.

"Wenn diese ganze Pandemie abklingt, werden wir mit dem Vermächtnis dieser Pandemie zurückbleiben – einem Vermächtnis chronischer Krankheiten", erklärte Forscher Ziyad Al-Aly, der für das Veterans Affairs Healthcare System arbeitet, in einem Artikel in der renommierten Zeitschrift Nature.

Übrigens: Forscher fanden auch einen Zusammenhang heraus zwischen Corona und einem höheren Risiko an Herz-Kreislauf-Krankheiten zu erkranken oder einen Herzinfarkt zu erleiden.

 
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