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Bürgergeld
Gibt es wirklich massenweise Kündigungen wegen Bürgergeld?
Wegen des Bürgergelds würden immer mehr Menschen ihre Arbeitsstelle kündigen, heißt es oft von Kritikern. Aktuelle Zahlen aus einer Anfrage im Bundestag widerlegen dies jedoch.
Bürgergeld.jpg       -  Mehr Geld im Portemonnaie und deshalb keine Lust auf Arbeit? Eine These zu Kündigungen wegen Bürgergeld hält sich laut neuster Zahlen nicht.
Foto: Hannes P Albert, dpa (Symbobild) | Mehr Geld im Portemonnaie und deshalb keine Lust auf Arbeit? Eine These zu Kündigungen wegen Bürgergeld hält sich laut neuster Zahlen nicht.
Redaktion
 |  aktualisiert: 11.03.2024 06:29 Uhr

Seitdem das Bürgergeld im Jahr 2023 Hartz IV abgelöst hat, hagelte es für die neue Grundsicherung in Deutschland Kritik. Die Sorge: Das Bürgergeld führe durch seinen vermeintlich hohen Regelsatz dazu, dass die Arbeitsmotivation der Menschen sinkt und sie entweder keine Arbeit mehr suchen oder gar extra ihren Job kündigen, um Bürgergeld zu beziehen. Eine Anfrage im Bundestag widerlegt diese Annahme allerdings. Was die Anfrage beinhaltete, und was sie über das Bürgergeld sagt, erfahren Sie in diesem Artikel.

Kündigungen wegen Bürgergeld? These hält laut neuester Zahlen nicht stand

Was war nun aber der Gegenstand der Anfrage, die von Frank Bsirske, Abgeordneter der Grünen, gestellt wurde? Im Rahmen der Anfrage wollte Bsirske erfahren, ob es seit der Einführung des Bürgergeldes 2023 wirklich zu sehr vielen Kündigungen kam, weil die Leute dachten, sie könnten einfacher vom neuen Bürgergeld leben. Bsirske erfragte daher, ob der Bundesregierung dafür Informationen in Form von beispielsweise verlässlichen statistischen Daten vorlägen. 

Die Antwort der parlamentarischen Staatssekretärin Anette Kramme (SPD) brachte in dieser Sache insofern Licht ins Dunkel, als dass der Bundesregierung keine "empirischen Befunde zur Unterstützung der genannten These" vorlägen. Laut Angaben der Statistik der Bundesagentur für Arbeit hätten sich im Jahr 2023 ungefähr 3,28 Millionen Menschen neu arbeitslos gemeldet. Im Vergleich zum Jahr 2022 seien es etwa zwei Prozent (64.000 Menschen) mehr gewesen. 

Kramme merkt in ihrer Antwort allerdings an: "Die Zugänge aus Beschäftigung im 1. Arbeitsmarkt in Arbeitslosigkeit im Rechtskreis SGB II lagen im Jahr 2023 jedoch mit 341.000 Zugängen um 13,7 Prozent beziehungsweise 54.000 Zugängen niedriger als im Jahr 2022." Dies bedeutet, dass es im Jahr 2023, also dem Jahr der Einführung des Bürgergelds, den bislang niedrigsten Zugang an Arbeitslosen in die Grundsicherung für Arbeitssuchende aus Beschäftigung seit ihrer Einführung im Jahr 2005 mit Hartz IV gegeben habe. Im gleichen Zug sei die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Jahresverlauf von 2023 saisonbereinigt weiter gestiegen. 

Kritik am Bürgergeld greift nicht - zumindest für 2023

Die Zahlen widerlegen damit die These der Opposition - unter anderem hatte Carsten Linnemann von der CDU gefordert, das Bürgergeld solle wieder abgeschafft werden - und anderer Kritiker, dass die Sozialleistung dazu führen würde, dass mehr Leute ihre Arbeitsstelle kündigen, weil sich Arbeiten im Vergleich mit dem Bezug von Bürgergeld nicht mehr lohnen würde. Der wichtige Indikator - also die Menschen, die direkt von einer Beschäftigung in die Arbeitslosigkeit übergegangen sind - zeigt einen Rückgang.

Der Grünen-Abgeordnete Frank Bsirske, der die Anfrage gestellt hatte, warf der Union "verantwortungslose Stimmungsmache" vor. Wer Vollzeit arbeite, habe immer mehr im Geldbeutel als mit Bürgergeld, sagte Bsirske der dpa. Dies bestätigte auch jüngst ein Vergleich des ifo-Instituts zwischen Bürgergeld-Empfängern und Geringverdienern. "Die Zahlen zeigen klipp und klar, dass weniger Menschen aus einem Job in das Bürgergeld gewechselt sind als jemals zuvor", so der frühere Verdi-Chef weiter. Auch die Diskussion um die Anhebung der Regelsätze im Bürgergeld habe im vergangenen Jahr nicht zu mehr Kündigungen geführt.

Wichtig ist allerdings: Die Daten und Erkenntnisse aus der Anfrage beziehen sich nur auf das Jahr 2023. Für 2024, dem Jahr, in dem die Regelsätze für das Bürgergeld noch einmal angehoben wurden, liegen noch keine ausreichenden Zahlen vor. Die Theorie der Kritiker, dass das Bürgergeld die Menschen zu einer Kündigung ihrer Arbeitsstelle anregen würde, kann daher zunächst nur für 2023 widerlegt werden. Die Frage, ob sich mehr Menschen wegen des Bürgergelds arbeitslos melden, muss 2025 also erneut bewertet werden, wenn die Datenlage für 2024 eine andere ist.

Übrigens: Auch der Mehrbedarf für Bürgergeld-Empfänger mit Behinderung ist 2024 gestiegen. Zudem übernimmt das Jobcenter auch Kosten, die auf den ersten Blick nicht mit dem Bürgergeld in Verbindung gebracht werden. Dazu zählt auch der Stellplatz. (akha)

 
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