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Bürgergeld
Ist das Bürgergeld fast zehn Milliarden Euro teurer als angenommen?
Laut einer Hochrechnung der Bild-Zeitung wird das Bürgergeld fast zehn Milliarden Euro teurer als geplant. Ist das realistisch?
Bundesagentur für Arbeit.jpeg       -  Wie die Bild-Zeitung berichtet, soll das Bürgergeld fast zehn Milliarden Euro teurer werden, als geplant. Doch an der Hochrechnung der Bild gibt es Zweifel.
Foto: Caroline Seidel, dpa (Archivbild) | Wie die Bild-Zeitung berichtet, soll das Bürgergeld fast zehn Milliarden Euro teurer werden, als geplant. Doch an der Hochrechnung der Bild gibt es Zweifel.
Lennardt Loß
 |  aktualisiert: 12.06.2024 06:49 Uhr

Laut einer Hochrechnung der Bild-Zeitung soll das Bürgergeld fast zehn Milliarden Euro teuer werden als angenommen. Doch stimmt die Zahl?

Schon gewusst? In der Debatte um das Bürgergeld fällt immer wieder der Begriff "Totalverweigerer". Doch vermutlich sind es nicht einmal 14.000 Menschen. Viele Experten gehen außerdem davon aus, dass härtere Sanktionen nicht der richtige Weg sind, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen.

Fast zehn Milliarden Euro mehr: Wird das Bürgergeld teurer als angenommen?

Der Staat will dieses Jahr 26,5 Milliarden für das Bürgergeld und 11,1 Milliarden Euro für die Unterbringung ausgeben. So steht es im Haushaltsplan der Bundesregierung.

Doch laut der Bild-Zeitung könnte das Bürgergeld 10 Milliarden Euro teurer werden als geplant. Die Zeitung beruft sich dabei auf Daten der Bundesagentur für Arbeit. Demnach soll der Staat im Januar und Februar 2024 jeweils 3,9 Milliarden Euro für Bürgergeld und Unterbringung ausgegeben haben. Auf Jahr hochgerechnet wären das 46,8 Milliarden.

Das Fazit der Bild-Zeitung: "Das wären fast zehn Milliarden Euro mehr, als Sozialminister Hubertus Heil (51, SPD) veranschlagt" hat.

Doch: Sauber gerechnet, hat die Bild-Zeitung bei ihrer Hochrechnung nicht.

Wenn man die von der Bundesregierung angepeilten 37,6 Milliarden Euro von den hochgerechneten 46,8 Milliarden Euro (3,9 Milliarden x 12 Monate) abzieht, kommt man nicht auf 10 Milliarden, sondern lediglich auf 9,2 Milliarden. Eine Differenz von 0,8 Milliarden Euro.

"Keinesfalls seriös": Kritik an der Bild-Hochrechnung

Doch auch an der Berechnungsgrundlage der Bild-Zeitung gab es Kritik. So erklärte eine Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gegenüber Bild: "Hochrechnungen auf der Basis etwaiger in zwei Wintermonaten erhobener Zahlen sind keinesfalls seriös."

Auch die SPD-Sozialpolitikerin Annika Klose weist im ARD-Interview die Hochrechnung der Bild-Zeitung zurück. Es sei keine zulässige Rechnung, zwei Wintermonate als Prognose auf das restliche Jahr hochzurechnen, erklärt Klose. Denn saisonbedingt gebe es in den Wintermonaten immer mehr Arbeitslosigkeit als in den Sommermonaten. "Deswegen würde ich die Zahlen nicht für bare Münze nehmen."

Übrigens: Im Gegensatz zum Bürgergeld wird das Arbeitslosengeld nicht aus Steuergeldern finanziert, sondern aus den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung. Aber es gibt noch mehr Unterschiede zwischen Bürgergeld und Arbeitslosengeld.

Bürgergeld: Zahl der Empfänger steigt und Job-Turbo zündet nicht

Doch auch, wenn die Hochrechnung der Bild laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales unseriös ist, hat die Zahl der Bürgergeld-Empfänger einen Höchststand erreicht. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) zufolge erhielten im Mai 2024 ungefähr vier Millionen als erwerbsfähig eingestufte Empfänger die Sozialleistung. "Das sind rund 82.000 mehr als im Vorjahresmonat."

Das Arbeitsministerium macht dafür vor allem die wirtschaftliche Lage in Deutschland verantwortlich. Gegenüber dem RND erklärte eine Sprecherin des Ministeriums, dass der Arbeitsmarkt aktuell von einer "schwachen konjunkturellen Dynamik" geprägt sei. "Menschen, die arbeitslos beziehungsweise langzeitarbeitslos sind", so die Sprecherin, "haben aktuell schlechte Chancen, einen neuen Job zu finden."

Doch auch der Job-Turbo für Geflüchtete aus der Ukraine hat laut dem RND bisher keine großen Effekte gezeigt. Seit Kriegsbeginn seien rund 160.000 geflüchtete Ukrainerinnen in Arbeit gebracht worden. "Hierbei handelt es sich allerdings zum Großteil um Menschen, die bereits zuvor einen Job gefunden haben."

In der Praxis, so der RND weiter, erschweren aber auch andere Faktoren wie die fehlende Kinderbetreuung die Aufnahme von Arbeit. Ein weiteres Problem seien Sprachbarrieren. Manche Unternehmen würden davor zurückschrecken, Menschen mit geringen Sprachkenntnissen einzustellen.

Gut zu wissen: Einer neuen Studie zufolge nehmen viele Berechtigte das Bürgergeld überhaupt nicht in Anspruch.

 
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