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Biberbach, Horgau, Aystetten
Ein Paar aus dem Raum Augsburg träumt vom Eigenheim – jetzt droht der Ruin
Ein Paar aus dem Augsburger Land hat schon 270.000 Euro investiert. Wie sich sein Traum vom kleinen Bungalow zu einer Riesenkatastrophe auswachsen konnte.
Bauplatz Affaltern ohne Baugenehmigung       -  Bauplatz Affaltern ohne Baugenehmigung Julia Fahrmeier+ Partner haben eine Viertelmillion Euro für Bauplatz in Affaltern ausgegeben, auf dem es keine Baugenehmigung gibt. /
Foto: Marcus Merk | Bauplatz Affaltern ohne Baugenehmigung Julia Fahrmeier+ Partner haben eine Viertelmillion Euro für Bauplatz in Affaltern ausgegeben, auf dem es keine Baugenehmigung gibt. /
Christoph Frey
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:30 Uhr

Dort, wo Julia Fahrmeier und Christian Thiel ihren Traum vom kleinen Bungalow auf dem Dorf verwirklichen wollen, sieht es trostlos aus. Ein verlottert wirkender früherer Bauernhof mit abbruchreifer Scheune, kaputte Scheiben, in einer Ecke eine herrenlose Toilettenschüssel. Inmitten der grauen Szenerie ein Farbtupfer: Es ist das Werbeschild der Fertighausfirma, die für das Paar aus Aystetten bauen will. Das bisherige Haus in Horgau ist bereits verkauft, im März sollte Einzug im neuen sein. Daraus wird nichts. 

Stattdessen müssen Fahrmeier und ihre Lebensgefährte Thiel in getrennten Wohnungen leben, Miete und Darlehen bedienen. Hält diese Situation länger an, droht der Ruin. Christian Thiels persönliche Bilanz des Bauvorhabens passt in drei Worte: "Geld, Nerven, Tränen." Gut 270.000 Euro hat das Paar inzwischen investiert und gibt der Gemeinde in Biberbach die Schuld an der Misere. Wie es wirklich ist, darüber werden vermutlich Gerichte entscheiden.

Traum vom Häuschen in Affaltern geplatzt

Am Rande von Affaltern (Markt Biberbach) hat das Paar auf dem Gelände eines früheren Bauernhofes rund 500 Quadratmeter erstanden. Das alte Wohnhaus des Hofs bleibt erhalten, ein neues Haus ist auf dem Areal bereits gebaut. In dessen hinterem Bereich sollen vier weitere Häuser entstehen, eines davon ist das von Fahrmeier und Thiel. 

Im Februar hatte das Paar den Bauplatz gekauft und im Juni über einen Architekten den Bauplan eingereicht. Der Verkäufer hatte versichert, dass eine Bebauung nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches kein Problem sei. Dieser Paragraf greift bei einem fehlenden Bebauungsplan und erlaubt eine Bebauung, sofern sich diese nach Art und Nutzung in die Nachbarschaft einfügt. Doch im August platzte der Traum vom Eigenheim jäh. Biberbachs Marktgemeinderat erließ eine sogenannte Veränderungssperre und beschloss die Aufstellung eines Bebauungsplanes für diesen Bereich. Damit darf dort bis auf Weiteres nicht gebaut werden. Die Begründung für den Beschluss: Man befürchtet einen "Wildwuchs" in der Bebauung, Schwierigkeiten bei der Erschließung. Das müsse man über einen Bebauungsplan regeln.

Dabei ist es etlichen Vermittlungsversuchen zum Trotz bis heute geblieben. Fahrmeier und Thiel, die ihrer Hunde und Katzen wegen auf dem Land leben wollen, mussten sich als Zwischenlösung zwei Mietwohnungen in Aystetten nehmen. Die finanzielle Lage wird immer bedrohlicher, ab Juni drücken auch noch Bereitstellungszinsen für das Baudarlehen. Julia Fahrmeier und Christian Thiel wollen an ihrem Projekt festhalten, was anderes bleibe auch gar nicht übrig, sagt sie: "Wir haben ein Grundstück, mit dem man nichts anfangen darf, das kauft uns doch keiner mehr ab." 

Insgesamt geht es um vier Bauplätze

Verkäufer war der Immobilienunternehmer Konrad Schamberger. Er hatte von der Hofstelle rund 2000 Quadratmeter erworben und daraus vier Bauplätze gemacht, die nach seinen Angaben inzwischen alle verkauft sind. Seinen Kunden versprach Schamberger, sie hätten baureifen Grund erworben, bei dem auch die Erschließung geregelt sei. Dass dem nicht so ist, ist nach Schambergers Lesart die Schuld der Gemeinde. Bestimmt zehnmal habe er schon bei Bürgermeister Jarasch vorgesprochen und zusammen mit Fachleuten Vorschläge gemacht, wie zum Beispiel die Frage der Kanalisation zu klären sei. Bürgermeister Wolfgang Jarasch habe zugesichert, dass unter diesen Voraussetzungen die Veränderungssperre aufgehoben werden könne. Das sei aber dann nie geschehen. Schambergers Vorwurf an die Gemeinde: "Die tun einfach nichts."

Das sagt Biberbachs Bürgermeister zu dem Vorwurf

Biberbachs Rathauschef Jarasch will das so nicht stehen lassen. Nie habe er versprochen, die Sperre aufzuheben. "Das kann ich gar nicht, das kann nur der Gemeinderat." Jarasch betont, dass die Gemeinde nichts gegen das Bauvorhaben habe, im Gegenteil. Doch im Detail stellten sich viele Probleme, die sich vor allem um die Erschließung drehen. Auf der Hofstelle, die inzwischen in mehrere Parzellen aufgeteilt ist, habe es in den vergangenen Monaten Eigentümerwechsel gegeben, für die Gemeinde sie die Situation deshalb "unübersichtlich". Jarasch: "Wir müssen für die Erschließung wissen, wer ist Ansprechpartner und wer zahlt was." Dass der Hof offiziell als weiter landwirtschaftlicher Betrieb gelte, verkompliziere die Angelegenheit zusätzlich. Jarasch sagt, dass die Gemeinde die besten Absichten habe. "Wir wollen es ordentlich machen, auch im Interesse der Leute." Dass Julia Fahrmeier und Christian Thiel dafür wenig Verständnis aufbringen können, ist Jarasch klar: "Für sie ist es natürlich die volle Katastrophe."

Hätte nicht ein erfahrener Bauunternehmer wie Schamberger wissen müssen, dass er seine Kunden hier in eine schwierige Situation lotst? Schamberger sagt, er sei davon ausgegangen, dass das Projekt unkompliziert abzuwickeln sei, dass Baurecht bestehe, sei ja unbestritten. "So etwas habe ich in 25 Jahren im Geschäft noch nicht erlebt."

Der Unternehmer hat der Gemeinde bereits eine Klage vor dem Verwaltungsgericht angekündigt und droht im Nachgang mit saftigen Schadensersatzforderungen. Auch mit einem Bebauungsplan wäre er einverstanden, um die Kuh vom Eis zu bekommen, wie er gegenüber unserer Redaktion sagte. Er stehe bei seinen Kunden im Wort. Bis ein derartiger Plan aber vorliegt und Gültigkeit hat, kann leicht ein Jahr vergehen. Ob Julia Fahrmeier und Christian Thiel diese Zeit noch haben? 

 
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