Der Rathausplatz war menschenleer, in den Augsburger Straßen herrschte eine gespenstische Stille. Wiesen in den Parks waren mit rot-weißem Flatterband gesperrt. Und wer sich allein mit einem Buch auf eine Parkbank setzte, lief Gefahr, deshalb ein Bußgeld bezahlen zu müssen. Während der ersten Corona-Welle vor drei Jahren herrschten in Bayern strenge Regeln – aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts waren sie zumindest in Teilen zu streng. In einem Urteil stellten die Richter im November fest, dass die Ausgangsbeschränkungen damals nicht verhältnismäßig waren. Die Stadt schätzt, dass wegen der Ausgangssperre in Augsburg rund 1.100 Bußgelder erlassen worden seien, in einer Höhe von insgesamt rund 190.000 Euro. Doch noch ist unklar, ob alle Betroffenen ihr Geld zurückbekommen.
Die AfD-Fraktion im Augsburger Stadtrat hat in einem Antrag gefordert, Bußgelder zurückzuzahlen, die man laut dem Urteil nicht hätten verhängen dürfen. Die Stadt solle den Betroffenen auch Zinsen zahlen und ein Entschuldigungsschreiben schicken. Bei der Stadt Augsburg sieht man die Sache anders. Man könne die Bußgelder nicht einfach zurückzahlen, schließlich seien die Bußgeldbescheide – sofern von den Betroffenen keine Rechtsmittel dagegen eingelegt worden seien – formal rechtskräftig geworden. Daran ändere auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht automatisch etwas, heißt es vom zuständigen Gesundheitsamt. Die Stadt möchte deshalb zunächst abwarten, welche Empfehlungen der Freistaat den Kreisen und Kommunen zum Umgang mit den Bußgeldern geben wird.
Corona-Bußgelder wegen Ausgangssperren: Automatische Rückzahlung wird es nicht geben
Klar scheint: Eine automatische Rückzahlung, wie von der AfD im Augsburger Stadtrat gefordert, wird es wohl nicht geben. Geplant sei eine Rückzahlung "im Einzelfall nach entsprechender Prüfung der zuständigen Behörden", teilt eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums auf Anfrage unserer Redaktion mit. Die Betroffenen müssten dazu einen Antrag stellen. Es sollen auch nicht alle Bußgelder aus dem ersten Lockdown zurückbezahlt werden, sondern nur solche Fälle, die von dem Urteil umfasst sind. Also jene Fälle zum Beispiel, in denen sich jemand auf eine Bank setze, obwohl das zu der Zeit verboten war.
Wer sich hingegen mit mehreren Freunden draußen zum Feiern getroffen hat und dabei erwischt wurde, wird nicht darauf hoffen können, dass er etwas zurückbekommt. Denn Kontaktbeschränkungen hielten die obersten Verwaltungsrichter anders als Ausgangssperren durchaus für zulässig, um die Verbeitung des Coronavirus zu bremsen. Stadt und Polizei hatten im Frühjahr 2020 immer wieder bei Partys einschreiten müssen – teils trafen sich überwiegend jüngere Leute draußen, teils wurde auch in Gartenlauben oder zu Hause gefeiert.
Corona-Bußgelder im Frühjahr 2020: Meist kostete es 150 Euro
Das Gesundheitsministerium will noch auf das schriftliche Urteil des Verwaltungsgerichts warten, um dann genauer festlegen zu können, wer Geld zurückbekommen soll. Der Augsburger Rechtsanwalt Bernhard Hannemann vertritt Menschen, die wegen Verstößen gegen die Corona-Regeln verwarnt oder bestraft wurden. Bei Verstößen gegen die Ausgangsbeschränkungen seien meist 150 Euro fällig geworden, sagt er. Hannemann sagt, andere Landkreise hätten sich zuletzt teils kulant gezeigt und Gelder erstattet, wenn man sich schriftlich an die Behörde gewandt habe. In Augsburg sei das bisher aber nicht der Fall gewesen.
Es könne sinnvoll sein, zunächst abzuwarten, welche Rückzahlungsregelung der Freistaat den Kommunen und Kreisen empfiehlt, so Hannemann. Wer gegen ein Bußgeld juristisch vorgehe, müsse immer auch mit Kosten rechnen, auf denen er am Ende sitzen bleiben könne. Finanziell lohne sich deshalb das Ringen mit den Behörden mitunter nicht. Manchen Betroffenen gehe es aber auch weniger ums Geld, sondern um das Grundsätzliche.