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Haunstetten
"Es ist Wahnsinn": Was eine Autowerkstatt nach dem Hagel erlebt
Nach dem Hagel am Wochenende warten etliche Fahrzeughalter aus der Region auf ein Gutachten. In einer Augsburger Werkstatt gibt es erschreckend viele Totalschäden.
Sturmschäden, Hagelschaden.jpeg       -  Mustafa Gülsün von Auto Reichardt in Haunstetten begutachtet einen Hagelschaden. Reparieren kann er ihn erst, wenn ein Gutachten vorliegt.
Foto: Silvio Wyszengrad | Mustafa Gülsün von Auto Reichardt in Haunstetten begutachtet einen Hagelschaden. Reparieren kann er ihn erst, wenn ein Gutachten vorliegt.
Philipp Scheuerl
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:41 Uhr

Tausende Fahrzeuge aus der Region wurden durch den Hagel am vergangenen Samstag beschädigt. Die Werkstätten, Gutachter und Versicherungen arbeiten im Akkord. Nun drängen viele Fahrzeughalter aus dem Raum Augsburg auf eine schnelle Reparatur, doch es kann noch dauern, bis es so weit ist. Die Lage ist teils unübersichtlich. Wohl kaum jemand aus der Region ist so nah am Geschehen wie Stefan Reichhardt. Sein Autohaus in Haunstetten bietet neben der Werkstatt auch einen Abschleppdienst an – und damit Dienstleistungen, die aktuell so gefragt sind wie selten zuvor.

Reichhardt holt für Privatkunden und den ADAC derzeit etliche beschädigte Autos ab. Er spricht mit den Kunden, liefert beschädigte Autos an andere Werkstätten und ist im Austausch mit Gutachtern und Versicherern. "Wir kommen jeden Tag auf hohe dreistellige Abschleppzahlen", berichtet Reichhardt, dessen Firma rund 20 Abschlepp-Fahrzeuge im Einsatz hat. "Es ist Wahnsinn." Derzeit fahre man 24 Stunden durch. "Und gerade kommen nur die akuten Fälle rein." Schon jetzt gingen ihm Windschutzscheiben aus.

Die meisten Fahrzeuge, die Reichardt abholt, kommen aus Königsbrunn, Bobingen und Kissing. "Ich habe vollgelaufene Tiefgaragen gesehen, und Autos, die ringsherum kaputt sind." In Königsbrunn sei es "ganz dramatisch" gewesen, dort müsse das Zentrum des Hagel-Sturms gelegen haben. Haunstetten und andere Teile in Augsburg seien im Vergleich dazu eher wenig betroffen.

Nach Unwetter gibt es viele Autos mit wirtschaftlichem Totalschaden

Auch Mustafa Gülsün bekommt derzeit täglich das Ausmaß der Schäden zu sehen, die das Unwetter hinterlassen hat. "Bei uns läuft es auf 80 bis 90 Prozent Totalschaden bei den Autos hinaus", sagt der Service-Leiter bei Auto Reichhardt. Der Grund für die hohe Zahl liege aber insbesondere in der wirtschaftlichen Rechnung. Das Autohaus verkaufe mit den Marken Fiat, Dacia und Renault vor allem Autos im niedrigen bis mittleren Preissegment, meist im Wert von 20.000 Euro. Die Hagel- und Sturmschäden seien so enorm, dass die Kosten für Teile und Reparatur schnell an den Anschaffungspreis eines Autos herankämen. "Bei einem Mercedes für 80.000 Euro lohnt sich vielleicht eine Reparatur für 20.000 Euro", sagt Gülsün. In vielen anderen Fällen sei das zumindest aus wirtschaftlicher Sicht nicht so.

Manche Karosseriezentren und die meisten freien Werkstätten können laut Gülsün nun keine Fahrzeuge mehr aufnehmen. Bei Vertragswerkstätten habe man hingegen noch gute Chancen. Wie Gülsün erklärt, stehe die große "Reparatur-Flut" für Augsburgs Werkstätten aber erst noch aus: "Wir machen gerade nur Notreparaturen wie Frontscheiben und Außenleuchten." Es sei sehr wichtig, dass sich Betroffene vor der Reparatur um ein entsprechendes Gutachten gekümmert hätten.

Hagelschäden in Augsburg und Region: Versicherer bauen Zentren auf

Und darauf warten nun zahlreiche Fahrzeughalter. Frühestens in zwei Wochen seien die ersten Sammelbesichtigungen erfolgt, sagt Gülsün. Wie Autohaus-Chef Reichhardt ergänzt, errichteten derzeit verschiedene Versicherungen im Raum Augsburg eigene Anlaufstellen, um unter anderem Platz für die betroffenen Autos zu schaffen und die Abwicklung der Fälle zu erleichtern. Zudem bauten Karosseriefirmen zusätzliche Kapazitäten auf, auch spezialisierte "Hagel-Dell"-Firmen würden verstärkt eingebunden. "Die Versicherungen bauen massiv auf und arbeiten stark zu." Er sei sehr erstaunt, wie schnell das alles in kurzer Zeit organisiert werde. "Da ist Bewegung im Hintergrund, das ist brutal." Bis alles besichtigt sei, ziehe es sich aber wohl mindestens bis Jahresende. Er appelliere deshalb an Kundinnen und Kunden, Ruhe zu bewahren.

 
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