Die Nacht auf den 24. September ist die letzte, die Gäste im "Select Hotel" oder im "Acora Augsburg Living the City" im Augsburger Güterverkehrszentrum noch buchen können. Ab dann werden in dem Hotelkomplex vorerst keine Zimmer mehr vergeben. Der Landkreis Augsburg wird dort stattdessen Flüchtlinge unterbringen. Dabei hatte die moderne Unterkunft, die im Internet gut bewertet wird, erst Anfang Oktober vergangenen Jahres eröffnet. So soll die Umwandlung zum Asylheim ablaufen.
Bis zu 440 Männer sollen in dem Gebäude auf dem Gewerbeareal, das nahe an der Stadtgrenze Augsburgs errichtet wurde, unterkommen. Laut Landratsamt werden es wohl vor allem Asylbewerber aus Afghanistan, dem Irak, der Türkei und Syrien sein. Die ersten 66 Personen werden Ende September erwartet, laut Landratsamt werde das Hotel bis Mitte Dezember wohl komplett belegt sein. Auf die Frage, warum sich das Hotel als Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung stellt, erhält man vom Unternehmen eine eher ausweichende Antwort. "Als Gastgeber sind wir flexibel, Buchungen jeglicher Größenordnung nachzukommen", teilt ein Sprecher der Novum Hospitality, einer großen Hotelgruppe mit Sitz in Hamburg, mit.
Flüchtlingsunterkunft in Augsburger Hotel: Vorerst für sechs Monate
Novum Hospitality betreibt über 150 Hotels in europäischen Ländern, darunter eigene Hotelmarken wie Novum Hotels, Select Hotels oder auch Acora Living the City. Mit dem Landratsamt Augsburg habe man einen Beherbergungsvertrag für zunächst sechs Monate abgeschlossen, heißt es weiter. Er gilt für beide in dem Gebäude angesiedelte Hotels - das "Select Hotel" und "Acora Living the City". Zu den konkreten vertraglichen Konditionen werden keinerlei Auskünfte gegeben. Dass der Vertrag für die Hotelgruppe aber lukrativ ausfallen dürfte, davon ist auszugehen.
Auch der Landkreis Augsburg möchte sich zu den Konditionen des Vertrags nicht äußern, man beruft sich auf den Datenschutz. Eine Sprecherin sagt aber auch: "Gegebenenfalls wäre eine Unterbringung in einer Landkreisliegenschaft finanziell gesehen günstiger gewesen. Allerdings würde die Schließung des Schullandheims oder von Schulturnhallen mit Blick auf die Schulfamilien und Vereine im Landkreis sozial deutlich mehr Schaden anrichten." Die Möglichkeiten in Turnhallen seien außerdem begrenzt, man könne sie "maximal als Notunterkunft und nicht für einen längeren Zeitraum als dezentrale Unterkunft für Geflüchtete nutzen".
Hotel im Güterverkehrszentrum besteht aus zwei Häusern
Das moderne Hotelgebäude am Güterverkehrszentrum besteht aus zwei Häusern, die über eine Rezeption miteinander verbunden sind. Das "Select Hotel" richtet sich als Tagungshotel vor allem an Geschäftsreisende, das "Arcora Augsburg Living the City" ist mit seinen Apartments inklusive kleiner Küchenzeilen für eher längerfristige Buchungen gedacht. Nach Informationen unserer Redaktion wurden die Apartments etwa gerne von Handwerkern oder Mitarbeitern der Deutschen Bahn genutzt. Augsburgs Tourismus-Chef Götz Beck sagt, dass das Haus aufgrund seiner verkehrsgünstigen Lage vor allem auch für Gäste aus München oder für Reisende auf dem Weg in den Süden interessant war. Die Auslastung dort sei seines Wissens nach gut gewesen - überhaupt stehe die Stadt Augsburg mit einer Bettenauslastung von über 53 Prozent im Juli ausgezeichnet da.
Die Umwidmung des Hotels hat den Tourismusexperten überrascht. Zum Teil sei das Haus seines Wissens nach bereits von Ausstellern der Messe Interlift gebucht gewesen, die im Oktober in Augsburg stattfindet. Überhaupt: "Der Wegfall des Hotels wird sich im Tagungs- und Messegeschäft bemerkbar machen", ist Beck überzeugt. Da zuletzt aber einige Hotels in Augsburg entstanden sind, hofft er, dass die guten Wachstumsraten im Tourismus beibehalten werden können. Das Betten-Angebot in Augsburg oder unmittelbarer Nähe sinke mit der Umwandlung des Hotels in eine Flüchtlingsunterkunft auf rund 6000. Das sei immer noch ordentlich, so Beck.
220 Zimmer umfasst der Hotelkomplex im Güterverkehrszentrum, der als Baustein für das große Industriegebiet galt. Das Gebäude steht auf Gersthofer Flur. Nun werden die modernen, in schlichtem Chic gehaltenen Zimmer umgebaut und an die allgemeinen Standards der Flüchtlingsunterbringungen angepasst. Wie der Unternehmenssprecher erklärt, werden dekorative Gegenstände und Möbel weitgehend ausgelagert - "insbesondere Fernseher, Spiegel und Sessel." Stattdessen würden die Zimmer mit einfachen Spinden und Stühlen möbliert. Das Landratsamt Augsburg stelle die neue Innenausstattung zur Verfügung.
Was die Veränderung für die 16 Hotelangestellten bedeutet? Die Antwort der Hotelgruppe fällt knapp aus: Die Beschäftigten würden weiter wie gewohnt zum laufenden Beherbergungsbetrieb beitragen. Nähere Informationen zum alltäglichen Ablauf in der Hotel-Unterkunft hat das Landratsamt Augsburg bereits mitgeteilt: Demnach sind die Flüchtlinge für die Reinigung der Zweibettzimmer verantwortlich. Die Möglichkeit, selbst zu kochen, gebe es nicht. Die Männer sollen zu festen Essenszeiten eine einfache Verpflegung erhalten. Das Essen werde lediglich an die religiösen Bedürfnisse angepasst.
Mit dem Hotel im GVZ erhofft sich der Landkreis etwas Luft in der Flüchtlingswelle. Der geschlossene Beherbergungsvertrag ermögliche es, der Abnahmeverpflichtung bis in den Winter hinein nachzukommen, so der Kreis. In den vergangenen Monaten seien so viele Flüchtlinge gekommen, dass nicht schnell genug weitere Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden konnten. Derzeit muss der Landkreis 13 Prozent aller Geflüchteten in Schwaben aufnehmen. (mit mcz)