Das Schulwerk der DiözeseAugsburg hat an alle Eltern einen Aufruf verschickt, bei der Suche nach Lehrkräften zu unterstützen. Der Zoll wirbt mit einem Pop-up-Store in der Innenstadt um künftige Beschäftigte und Faurecia sucht im Speeddating sein Glück. Bis zum Jahr 2030 würden allein im Regierungsbezirk Schwaben jährlich 74.000 Fachkräfte fehlen, rechnet die IHK vor. Mit Folgen für Bürgerinnen und Bürger, aber auch Betriebe, Unternehmen und Einrichtungen. Händeringend versuchen diese daher, ihren Bedarf zu decken und buhlen auf unterschiedlichsten Wegen um das rare Gut Mitarbeiter. Auch Konkurrenzkämpfe befeuern die Situation.
"Der Lehrkräftemangel ist schon jetzt an unseren Schulen deutlich spürbar und wird sich nach allen Prognosen noch verstärken", heißt es im ersten Satz des Schreibens, das das Schulwerk der DiözeseAugsburg an alle Eltern verschickt hat. Man habe deshalb eine groß angelegte Recruting-Kampagne gestartet, um auf allen verfügbaren Kanälen Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen. Eltern sollen bei der Suche unterstützen und bei der Anwerbung helfen. Auch Seiteneinsteigende seien herzlich willkommen und würden über das eigene Programm "LehrWerk" auf den Unterrichtseinsatz vorbereitet.
Azubis zu finden, wird für Augsburger Unternehmen immer schwerer
Diese Zeilen zeigen, wie ernst für viele Einrichtungen und Unternehmen die aktuelle Lage ist. Auch andernorts müssen Personalverantwortliche neue Register ziehen, um Mitarbeiter oder Auszubildende zu gewinnen. Der Zoll hat für eine Woche einen Pop-up-Store in der Annastraße bezogen - wie zuvor im Übrigen schon die Bundeswehr. Man wolle sichtbarer werden und jungen Menschen erklären, welche Aufgaben beim Zoll auf sie warten würden, so Pressesprecherin Ute Greulich-Stadlmayer. Es seien hierfür gezielt Schulen eingeladen worden. Denn der Zoll bezieht seine Mitarbeiter zum größten Teil über die eigene Ausbildung. Weil hoheitliche Aufgaben nur von Beamten erledigt werden dürfen, seien Einstellungen von externen Beschäftigten schwierig, so Greulich-Stadlmayer. Bundesweit seien zahlreiche Stellen unbesetzt. "Wir konkurrieren mit anderen Unternehmen um die weniger werdenden jungen Menschen, die in den nächsten Jahren eine Ausbildung oder ein duales Studium machen werden", fasst Hans-Henning Kühne, Leiter des Hauptzollamts Augsburg, die Lage zusammen.
Tatsächlich liegt eine Ursache des Fachkräftemangels im demografischen Wandel. Von 2010 bis 2020 sank die Zahl der jährlichen Schulabgänger um 114.000, so Christoph Fischer, Fachbereichsleiter Ausbildung bei der IHK. Weil im Schuljahr 2025/26 die Umstellung am Gymnasium von G8 auf G9 ansteht, wird es in diesem Ausbildungsjahr noch weniger Absolventen aus dieser Schulart geben, gibt Fischer zu bedenken. Unternehmen und Betriebe seien daher in der Nachwuchssuche mehr denn je gefordert. Die Bandbreite an Recruiting-Maßnahmen wachse.
Fachkräftesuche: Die Ideen in Augsburg reichen vom Speeddating bis zum Pop-up-Store
Bei Faurecia versucht man es mit Speeddating. Der Automobilzulieferer nimmt regelmäßig an entsprechenden Veranstaltungen teil. Hier sind mehrere Firmen dabei, bei denen sich angehende Azubis oder Interessierte an einem dualen Studium persönlich vorstellen können. Zehn Minuten dauert die Unterhaltung, dann folgt der Wechsel zum nächsten. "Wir können so in kurzer Zeit viele gute Bewerber kennenlernen und Kontakte knüpfen", so Ausbildungsleiter Werner Greulich. Das sei ein großer Vorteil gegenüber herkömmlichen Bewerbungen. Der Aufwand, den Firmen mittlerweile betreiben müssen, um Nachwuchs zu finden, sei riesig - auch gemessen am Erfolg dieser Maßnahmen.
Auch fertig ausgebildete Kräfte sind oft schwer zu bekommen, wie das IT-Unternehmen Xentral berichtet. Deshalb geht das Unternehmen - wie auch andere IT-Firmen - schon länger neue Wege. Während die Stadtwerke München eine Zweigstelle in Augsburg eröffnet haben in der Hoffnung, hier neue Beschäftigte zu finden, versucht Xentral unabhängig von der Niederlassung Augsburg, Mitarbeiter zu rekrutieren. Wer für das Unternehmen arbeiten will, kann seinen Wohnsitz auch anderswo in Deutschland oder Europa haben. "Das können natürlich nicht alle Branchen auf diese Weise anbieten, aber es gibt sicher Unternehmen, für die das passen würde", so Personalleiterin Cornelia Lass. Hier müssten alte Denkmuster und Traditionen aufgebrochen werden.
Info: Der Pop-up-Store des Zolls hat bis 29. März wochentags und samstags von 11.30 Uhr bis 18 Uhr geöffnet.