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Augsburg
Prozess um Augsburger Juwelier-Dieb: Er floh mit dem Rad
Ein Mann stiehlt bei einem Augsburger Juwelier mehrere, teure Armreifen. Doch der vermeintliche Coup wird für den 28-Jährigen zur Belastung. Der Fall landete vor Gericht.
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Foto: Uli Deck, dpa | Ein Juwelier-Dieb stand jetzt vor Gericht, weil er mehrere Armreifen gestohlen hatte. Doch der Coup missglückte gründlich.
Klaus Utzni
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:50 Uhr

Um einen erfolgreichen kriminellen Coup zu landen, bedarf es Dreierlei: einer guten Vorbereitung, einer detailreichen Planung und der Beantwortung der Frage: Was mache ich mit der Beute? In der Kriminalgeschichte dokumentieren aufsehenerregende Verbrechen wie der Londoner Postraub diese These, bei denen die Täter alle drei Komponenten beachtet hatten. In den Niederungen der Alltagskriminalität ist freilich oft das Gegenteil der Fall: Spontan, plan- und kopflos reitet sich der Täter in sein Verderben. Wie ein Fall aus Augsburg zeigt, bei dem ein 28-Jähriger, der in einem Juweliergeschäft einen ganzen Verkaufsständer voller goldener Armreifen klaute, nun mit leeren Händen vor Gericht steht.

Zwei Männer sitzen auf der Anklagebank vor Amtsrichterin Alexandra Lehner: der Pretiosen-Dieb (Verteidiger: Felix Hägele) und ein "guter Freund" der Familie, ein Helfershelfer, 50, (Verteidigerin: Cornelia McCready). Zu bestreiten gibt es nichts, Anwalt Hägele ergreift das Wort und schildert den Hintergrund der Tat, die sich am 10. Februar dieses Jahres in einem türkischen Juweliergeschäft in Augsburg abspielte. Demnach hatte sein Mandant 140.000 Euro Schulden, nicht zuletzt auch wegen seiner Spielleidenschaft online und an Geldautomaten. Er brauchte wieder einmal dringend Cash, radelt zu dem Juwelier, bekundet, er habe 10.000 Euro zu Hause und wolle zehn goldene Armreifen für Verwandte erstehen. 

Juwelier in Augsburg bestohlen: Dieb schwingt sich auf sein Radl

Die Verkäuferin, Ehefrau des Inhabers, zeigt ihm den Verkaufsständer, an dem angeblich um die 50 Preziosen (Gesamtwert: rund 50.000 Euro) befestigt sind. Der Angeklagte, so schildert es die Geschäftsfrau nun im Zeugenstand, fotografiert einige der Armreifen, geht nach draußen, ruft angeblich die potenziellen Empfänger der Armreifen an und schickt ihnen per Handy die Fotos. Diese Prozedur wiederholt sich mehrmals an zwei Tagen. Am dritten Tag betritt der Kunde erneut den Laden, hat eine Kappe auf, eine Corona-Maske im Gesicht und trägt Handschuhe, wegen der Kälte, wie er sagt. Während eines erneuten Verkaufsgesprächs reißt der 28-Jährige urplötzlich den Schmuckständer an sich, rennt aus dem Laden, schwingt sich auf sein Rad und strampelt davon - zu Fuß verfolgt von der türkischen Geschäftsfrau, die ihn freilich bald aus den Augen verliert. 

Das Foto der Überwachungskamera, das den Dieb zeigt, wird der Polizei nicht allzu viel helfen. Nun sitzt der Preziosen-Dieb in seiner Wohnung und kann mit der Beute nichts anfangen. In seiner Not ruft er den "guten Freund" der Familie an und bittet ihn um Rat. Der 50-Jährige, 14 kleinere Vorstrafen auf dem Kerbholz, kann helfen. Gemeinsam fahren sie wenige Stunden nach der Tat nach München und versilbern sieben Armreifen für 5700 Euro bei einem Goldhändler. Der Ratgeber erhält für seine Dienste 300 Euro. Er ist es auch, der den Rest der Beute mit in seine Garage nimmt und dort versteckt. Der Dieb bekommt jetzt allerdings das Nervenflattern. Er, der noch nie Bekanntschaft mit der Justiz gemacht hat, weiß nicht mehr ein noch aus. Am Tag nach der Tat gibt er auf. 

So fällt das Urteil am Augsburger Amtsgericht aus

Er fährt zum "guten Freund", holt dort den Rest der Beute, ruft bei der Polizei an und übergibt die restlichen Schmuckstücke, 27 an der Zahl. Im Prozess geht es jetzt nur mehr um die genaue Menge der geklauten Armreifen. Anwalt Hägele zweifelt die vom Juwelier genannte Zahl von 57 an, versichert, sein Mandant habe nach dem Verkauf in München alle übrigen Armreifen der Polizei übergeben. Alicia Claus, Vertreterin der Anklage, und das Gericht gehen letztendlich von insgesamt 34 gestohlenen Schmuckstücken aus und verweisen den Streit um die tatsächliche Beute an die zivile Gerichtsbarkeit. 

Richterin Alexandra Lehner rechnet es dem 28-Jährigen hoch an, dass er sich selbst gestellt und den Rest der Beute der Polizei übergeben hat. Sie verurteilt ihn zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten und einer Geldauflage von 1500 Euro an den "Bunten Kreis". Außerdem muss er Wertersatz von 5400 Euro leisten - der Erlös der in München versilberten Preziosen. Der "gute Freund" muss wegen Hehlerei und Begünstigung eine Geldstrafe von 2400 Euro (240 Tagessätze zu je zehn Euro) bezahlen, plus die 300 Euro als Wertersatz, die er von dem Angeklagten bekommen hat.

 
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