Kunden im Nahverkehr werden sich zum Jahreswechsel wohl auf eine satte Preiserhöhung einstellen müssen: Der Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) geht davon aus, dass die Preise in allen Ticketsparten - das Deutschlandticket ausgenommen - um 12,8 Prozent steigen werden. Grundlage dafür ist die jährliche Index-Berechnung, in die unter anderem Personal- und Energiekosten einfließen. Man habe "teils extreme Steigerungen" zu verzeichnen, die nun auf die Fahrpreise niederschlagen, so Geschäftsführerin Linda Kisabaka. Sie verwies darauf, dass andere Verkehrsverbünde, die turnusgemäß zum 1. August ihre Tarife anpassen, in ähnlichen Größenordnungen kalkulierten.
Wird gemäß dem Index erhöht, was bisher - von einer Ausnahme im Wahljahr 2020 abgesehen - üblich war, wären die 12,8 Prozent eine bisher im AVV noch nicht gekannte Steigerung. Schon die Tariferhöhung zum 1. Januar 2023 in Höhe von 9,9 Prozent war ein Rekord - in den vergangenen Jahren waren Steigerungen um maximal fünf Prozent angesagt. Ein Beispiel: Der Preis für eine Streifenkarte stieg zum 1. Januar 2023 von 12 Euro auf 13,20 Euro und würde - wenn man die 12,8 Prozent aufrechnet - ab 2024 bei knapp 14,90 Euro liegen.
Bus und Bahn in Augsburg bald teurer? Deutschlandticket hat viele AVV-Abos abgelöst
Kisabaka wies darauf hin, dass die jetzigen Überlegungen auf einen erheblichen Teil der Fahrgäste keine Auswirkungen haben werden, weil das Deutschlandticket für 49 Euro inzwischen einen großen Teil der regulären Abos abgelöst habe. Die Zahlen wolle man weiter steigern. Allerdings ist unklar, ob es bundesweit dauerhaft bei den 49 Euro bleibt, die das von Bund und Ländern bezuschusste Ticket kostet - auch hier sind irgendwann Preiserhöhungen denkbar.
Kisabaka verkündete die Botschaft am Mittwoch vor Vertretern des Augsburger Stadtrats und der Kreistage von Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen. Die Politiker waren zusammengekommen, um über die Nahverkehrsstrategie im Großraum zu diskutieren. Die Preiserhöhung wurde am Ende thematisiert. Eine politische Aussprache gab es nicht. Als vor einem Jahr die Preiserhöhung von zehn Prozent im Raum stand, gab es Stimmen, die eine Aussetzung oder gestaffelte Umsetzung forderten. In beiden Fällen hätten die Kommunen mit Steuergeld einspringen müssen. Damals entschied man sich dagegen.
Nach wie vor gibt es ein eingeschränktes Angebot im Augsburger Nahverkehr
In Augsburg dürfte die Tariferhöhung besonders kritisch gesehen werden, weil hier aktuell ein eingeschränktes Angebot gilt. Vom Fünf-Minuten-Takt bei der Straßenbahn haben sich die Stadtwerke bis auf Weiteres ohnehin verabschiedet, seit dem Frühjahr fahren Straßenbahnen am frühen Abend seltener. Am gravierendsten ist die Taktverlängerung bei Bussen von 15 auf 20 Minuten unter Tage. Die Stadtwerke begründeten den Schritt mit Fahrermangel und den Sommerbaustellen, die personalintensiven Bus-Ersatzverkehr nötig machen. Die Stadtwerke erklärten am Donnerstag auf Anfrage, dass man aktuell noch nicht verlässlich sagen könne, ob man die Taktreduzierungen im Herbst ganz oder teilweise rückgängig machen könne. Man arbeite weiter mit Hochdruck daran, Mitarbeiter anzuwerben.
Politisch scheint die Regierungskoalition in Augsburg die Preiserhöhung mittragen zu wollen. "Die Preissteigerungen, die wir alle im letzten Jahr erfahren mussten, schlagen nun auch im AVV auf", so CSU-Stadtrat Matthias Fink. Für den Nahverkehr bedeute das enorme Herausforderungen. Matthias Lorentzen (Grüne) erklärte, dass die Preiserhöhung dadurch abgemildert werde, dass Deutschland-Ticket-Kunden nicht betroffen seien. "Somit gibt es für die Abonnentinnen und Abonnenten ein attraktives und günstiges bundesweit nutzbares Abo, das für viele Menschen eine spürbare Kosteneinsparung bedeutet“, so Lorentzen. Grünen-Landtagsabgeordnete Stephanie Schuhknecht sagte, für Gelegenheitsfahrer und Menschen mit wenig Geld sei die Erhöhung dennoch bitter. Der Freistaat sei aufgerufen, ein staatlich subventioniertes 29-Euro-Ticket für alle Bürger aufzulegen.
Kritik an der geplanten Preis-Erhöhung im AVV gibt es von der Sozialfraktion
Kritik am Vorgehen in Augsburg kommt hingegen von Sozialfraktions-Stadtrat Dirk Wurm. "Das Signal ist verheerend. Einerseits wollen wir eine Mobilitätswende, andererseits gibt es zweimal in Folge eine zweistellige Preiserhöhung. Das widerspricht sich." Auch wenn die 49-Euro-Ticket-Kunden nicht betroffen seien, gebe es noch genug Gelegenheitsfahrgäste. Wurm will nun konkrete Zahlen haben, auch was die Frage betrifft, wie sich eine Preiserhöhung oder Nicht-Preiserhöhung auf den Defizit-Ausgleich beim 49-Euro-Ticket auswirken würden.
Entschieden ist die Preiserhöhung um 12,8 Prozent noch nicht. Diese dürfte noch politisch diskutiert werden. Offen ist auch, ob die Preiserhöhungüber alle Ticketsegmente gerechnet gleich hoch ausfällt. So gäbe es etwa die Möglichkeit, Einzeltickets weniger stark zu verteuern und dafür im Zeitkarten-Segment stärker hinzulangen. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) hatte zuletzt angestoßen, Gelegenheitsfahrgäste zu entlasten (wir berichteten). Das Deutschlandticket habe das Abo nochmals attraktiver gemacht, nun könne auch der Einzelfahrschein attraktiver werden, ohne dem Abo etwas wegzunehmen.