Damian Gawlitza betreibt einen Imbissstand am Augsburger Stadtmarkt. Wenn das Gespräch auf die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer kommt, vergeht dem 61-Jährigen allerdings der Appetit. "Das ist für mich eine nicht nachvollziehbare Entscheidung der Politik." Gawlitza kündigt an, er werde nicht umhinkommen, die Preise für den Mittagstisch anzuheben. Viele Gastronomen und Hoteliers aus Augsburg klagen derzeit über die Politik. Befürchtet wird, dass die Gastronomie gewaltige Einbußen erlebt – weil Gäste ausbleiben.
Die Absenkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie wird nach Stand der Dinge nicht über das Jahresende 2023 hinaus verlängert. Somit könnte die Steuer ab Anfang des kommenden Jahres wieder von sieben auf 19 Prozent erhöht werden. Die Entscheidung darüber trifft die Bundesregierung. Zur Erinnerung: Der jetzige Satz war beschlossen worden, um die Gastronomie während der Coronapandemie zu unterstützen.
Gawlitza macht an einem Rechenbeispiel deutlich, wie sich die Änderung auswirken würde: Bei einem Preis von zehn Euro führt er momentan 70 Cent ans Finanzamt ab. Beim Satz von 19 Prozent sind es 1,90 Euro. Dies sei allerdings nur die "halbe Wahrheit", erläutert der Händler. Werden Speisen im To-go-Geschäft, also zum Mitnehmen, verkauft, bleibt es beim Satz von sieben Prozent. Den unterschiedlichen Steuersatz müsse er künftig im Kassensystem eingeben. Gawlitza sagt, dass Speisen "leider zwangsläufig teurer werden müssen". Grund: Auf das Rechenbeispiel bezogen blieben ihm statt 9,30 Euro wie bislang künftig lediglich 8,10 Euro.
Griechischer Wirt rechnete bereits mit der höheren Mehrwertsteuer
Janni Lazaridis führt das griechische Lokal Symposium in der Gögginger Straße. "Ich habe bereits damit gerechnet, dass die Steuer erhöht wird", sagt der Gastronom. Insofern habe er sich bereits Gedanken gemacht, welche Preise er demnächst wohl verlangen müsse: "Uns bleibt leider gar nichts anderes übrig als zu erhöhen." Man müsse leider damit rechnen, dass Gäste künftig seltener zum Essen gehen. Für Lazaridis hat dies abseits der wirtschaftlichen Seite auch einen gesellschaftspolitischen Aspekt: "Das Miteinander ist wichtig, wie man nach der Coronapandemie erlebt hat." Geselligkeit in Restaurants sei nicht zu unterschätzen, sagt er.
Geschäftsführer Chris Ress vom Unternehmen Bob's ist wütend. "Man sieht leider, dass ein Wahlversprechen bei Parteien, und mittlerweile sind es ja regierende Parteien, nichts, aber auch gar nicht wert ist." Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hätten versprochen, der reduzierte Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie bleibe. "Und nun sieht es wohl so aus,als hätten wir abermals einen klaren Fall von Vertrauensbruch", meint Ress.
Gastronomie: Milchkaffee wird anders besteuert als Kaffee
Die reduzierte Mehrwertsteuer ist seiner Meinung nach keine Coronahilfe. Es handle sich, so Ress, um eine längst fällige Absenkung in einem wirren System an Besteuerung. Ein Beispiel: Milchkaffee werde mit sieben Prozent besteuert, der normale Kaffee hingegen mit 19 Prozent. Auch mit sieben Prozent eingekaufte Lebensmittel müssten beim Verkauf mit 19 Prozent besteuert werden. "Dies alles ist nicht sonderlich einleuchtend", erläutert der Geschäftsführer. Ress rechnet damit, dass einige Lokale auch in Augsburg wohl nicht überleben werden: "Wir haben eine tolle Vielfalt an Gastronomien und Konzepten in Deutschland. Leider wird diese Vielfalt durch diese unnötige Maßnahme weiter reduziert und ausgedünnt." Gäste müssten davon ausgehen, dass Betriebe aufgrund der steigenden Mehrwertsteuer ihre Preise anpassen müssen. Ress: "In Zeiten von steigenden Mindestlöhnen und hohen Energiepreisen ist es in einem Niedrigmargengeschäft wie der Gastronomie nicht möglich, diese zwölf Prozent Zusatzkosten einfach zu schlucken."
Auch die Industrie- und Handelskammer sieht die Entscheidung kritisch. Noch bewerteten viele Gastronomen ihre Lage aufgrund des guten Sommergeschäfts zwar als positiv, zitiert IHK-Regionalvorsitzende Julia Zwicker aus einer aktuellen Umfrage. 29 Prozent der Hotel- und Gastrobetriebe gehen aber davon aus, dass sich die Lage verschlechtern wird – das ist ein Anstieg um zwölf Prozentpunkte im Vergleich zum Frühjahr. Zwicker warnt vor langfristigen Folgen: "Die Betriebe haben angesichts kleiner Margen kaum noch Mittel für Investitionen."
Hotelier Gandenheimer verweist auf höhere Kosten bei Personal und Energie
Theodor Gandenheimer, Direktor des Hotels Maximilian's, ist auf die Politik ebenfalls nicht gut zu sprechen: "Es ist sehr schade, dass die Relevanz und Wichtigkeit der Gastronomie und Hotellerie augenscheinlich von der Bundesregierung nicht wahrgenommen wird." Zum Hotel gehören die Hotelbar, ein Restaurant und das Sternelokal Sartory. Gandenheimer hat für Gäste keine guten Nachrichten: "Aufgrund der immensen Kostensteigerungen bei Personal und Energie, die wir größtenteils nicht weiterreichen konnten, werden wir dazu gezwungen, die Preise nun entsprechend anzupassen."