Nicht jeder will seine Freizeit mit Gartenarbeit verbringen. Gekieste oder geschotterte Vorgärten haben deshalb immer mehr Fans. Viele halten sie für pflegeleicht und schick. Kritiker sprechen dagegen von "Steinwüsten". In Augsburg steht der umstrittene Gartentrend vor dem Aus. Die Stadt bereitet eine Satzung mit neuen Regeln vor. Danach sollen Schottergärten künftig verboten und Freiflächen grüner werden. Auch viele weitere Vorschriften für Grundstücksbesitzer und Bauherren sind geplant.
In einigen deutschen Bundesländern sind Steingärten bereits nicht mehr zulässig, weil sie ökologisch als problematisch gelten. Sie tragen zur Versiegelung und zu steigenden Temperaturen bei. Sollten Bürger dennoch welche anlegen, wird das teils mit Bußgeldern geahndet. In Bayern gibt es kein landesweites Verbot, Kommunen können seit einer Reform der Bauordnung selbst entscheiden. Gleichzeitig gilt Bestandschutz für bestehende Schottergärten. Sie müssen also nicht entfernt werden.
Steingartenverbot: Stadt Augsburg will natürliche Begrünung von Gärten fördern
Die Stadt Augsburg will das Streitthema mit einer neuen "Freiflächengestaltungssatzung" angehen. Das Regelwerk soll nach Angaben des Baureferats in der ganzen Stadt für die unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke gelten (einschließlich der unterbauten Freiflächen). Das Ziel sei, eine natürliche Begrünung und Gestaltung der Baugrundstücke zu sichern und zu fördern, um das Gesamterscheinungsbild zu wahren. Auch die wesentlichen Ziele des Klima-, Arten- und Naturschutzes sollen berücksichtigt werden.
Viele Vorschriften für Grundbesitzende sind im Gespräch. Die Bauverwaltung will noch keine Details nennen. Bestätigt wird aber: "Insbesondere die Vermeidung von Schotter- bzw. Steingärten war Anlass und ist auch Inhalt der Satzung." Nach einem Entwurf, der unserer Redaktion vorliegt, geht es jedoch um viel mehr. Geregelt werden etwa Pflanzungen von Bäumen und Büschen je nach Grundstücksgröße. Nicht zulässig sein sollen künftig Plattenbeläge, Schotterungen, gekieste oder geschotterte Steingärten– aber auch großflächiges Mulchen oder Kunstrasen. Weiter heißt es in dem Entwurf: Zuwege, Zufahrten und oberirdische Stellplätze sind auf ein Mindestmaß zu beschränken und mit begrünten und versickerungsfähigen Belägen zu versehen. Plätze für Müll- und Abfallbehälter müssen mit hochwachsenden oder rankenden Gehölzen so eingegrünt werden, dass sie von der Straße aus nicht sichtbar sind. Sollten sich Bauherren nicht an die Vorschriften halten, riskieren sie ein Bußgeld: Bei fahrlässigen oder vorsätzlichen Verstößen ist von bis zu fünfhunderttausend Euro die Rede.
Baumallianz Augsburg legt Alternative zur neuen Satzung vor
Der Augsburger Baumallianz gehen diese Pläne mit Blick auf die Klimaveränderung nicht weit genug. Heike Fischer und Stadtrat Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand) fordern, die Ökosystemleistung des Stadtgrüns müsse wesentlich verbessert werden. Wichtig seien größere entsiegelte Flächen, weniger Hitzestress, mehr Verdunstung und natürliche Kühlung. Der erste Entwurf der Freiflächengestaltungssatzung schöpfe die Möglichkeiten einer dichteren Begrünung von bebauten und unbebauten Flächen nicht aus. Auch die Chancen begrünter Dächer und Fassaden an öffentlichen und privaten Bauten und im industriellen Bereich seien fast völlig außer Acht gelassen.
Die Baumallianz hat einen Blick in Regelwerke anderer bayerischer Städte wie Erlangen, Nürnberg, Würzburg und München geworfen. Daraus wurde ein Alternativvorschlag zur Augsburger Satzung zusammengestellt. Eine zentrale Forderung: Die Gesamtgrundflächen von Baugrundstücken jeder Art sollen mindestens zu 40 Prozent begrünt und nach genauen Regeln bepflanzt werden. Fischer sieht Architekten gefordert, beispielsweise ein Haus mit Garage auf weniger Raum zu planen. Auch bauliche Anlagen in Vorgärten sollten grundsätzlich nicht mehr gestattet werden – selbst wenn sie genehmigungsfrei wären. "Ein versiegelter Grillplatz geht dann halt nicht mehr", sagt Fischer.
Darüber hinaus schlägt die Baumallianz vor, eine Begrünung von Flachdächern und an Fassaden ab einer bestimmten Länge vorzuschreiben, insbesondere an Industrie- und Gewerbebauten. Marcon: "Es geht nicht um eine Verbotsdiskussion, sondern um Notwendigkeiten für die Zukunft." In Augsburg müsse es ein grundsätzliches Umdenken geben. Den Alternativvorschlag will er deshalb als Diskussionsgrundlage im Stadtrat einbringen.
Ab wann die neue Satzung gelten wird, ist offen. Der Entwurf wurde ämterübergreifend erarbeitet. Aufgrund der rechtlichen Komplexität seien noch "finale organisatorische stadtinterne Abstimmungen" notwendig, so die Bauverwaltung. Die Beschlussvorlage soll den Gremien des Stadtrats in den nächsten Monaten zur Entscheidung vorliegen. Offenbar sieht man in der Verwaltung aber auch Probleme, das Regelwerk in die Praxis umzusetzen. Ein Vorbehalt für den Vollzug sei, dass die personellen Ressourcen bereitgestellt werden können.