Klaus Rainer Krieger, der auch für unsere Redaktion tätig ist, verfolgt als akkredidierter Pressefotograf seit der Saison 2005/2006 Heimspiele des FC Augsburg. Er hat Aufstiege miterlebt und vieles mehr, sportliche Erfolge und mitunter Tragödien im Stadion. Die Geschehnisse vom vergangenen Samstag wollen ihm nicht aus dem Kopf gehen. Zwei Männer hatten verbotenerweise einen Knallkörper im Stadion gezündet. Ein Tatverdächtiger sitzt weiter in Untersuchungshaft, der zweite ist seit Donnerstag wieder auf freiem Fuß. 13 Personen wurden durch die Explosion leicht verletzt, sie erlitten ein Knalltrauma. Krieger, der hundert Meter vom Geschehen entfernt stand, sagt im Nachhinein: "Es gab einen furchtbaren Schlag, den ich in dieser Form so noch nie gehört hatte." Wie nahezu alle Stadionbesucher ist der Pressefotograf noch immer geschockt. Mit etwas Abstand äußern sich Polizei und FCA zum Geschehen.
Einige Tage sind seit der Explosion am Samstagnachmittag vergangen. Man fragt sich, welcher Böller einen solchen Donnerschlag in einem Fußballstadion auslösen konnte. Die Antwort steht aus, die Polizei sagt auf Anfrage lediglich: "Wir ermitteln aktuell hinsichtlich Art, Beschaffenheit und Herkunft des Böllers." Aufgrund der laufenden Ermittlungen könne man nicht weiter ins Detail gehen. Spekuliert wird, dass der Knallkörper womöglich selbst gebastelt worden sei. Denkbar ist zudem, dass der Knallkörper aus dem Ausland bezogen wurde.
Augsburger Polizei ermittelt weiterhin wegen des Böllers in der WWK-Arena
Der Böller dürfte von beiden Tatverdächtigen in den Block der Gästefans aus Hoffenheim geschmuggelt worden sein. Wie sie unerkannt an den Eingangskontrollen vorbeigekommen sind, ist offen. Die Polizei sagt dazu nichts. Theoretisch denkbar wäre, dass ein Tatverdächtiger sich bereits im Stadion befand und sein Begleiter den Knallkörper durch den Zaun reichte. Am Donnerstag gaben Polizei und Staatsanwalt bekannt, dass nunmehr noch eine Person in Untersuchungshaft sitzt. Die intensive Sichtung der Videoaufzeichnung habe ergeben, "dass hinsichtlich eines Beschuldigten eine mittäterschaftliche Beteiligung am Tatgeschehen derzeit nicht ausreichend sicher nachzuweisen ist, sondern allenfalls eine Beihilfehandlung", heißt es. Eine mögliche Beihilfe rechtfertige die Untersuchungshaft nicht mehr. Der Mann ist wieder auf freiem Fuß. Der Beschuldigte, der den Böller gezündet und schließlich auch geworfen haben soll, sitzt dagegen weiterhin in Untersuchungshaft.
Pressefotograf Krieger, der das Geschehen im Stadion miterlebte und dann auch professionell fotografierte, berichtet: "Ich war zum Glück auf der anderen Spielfeldseite. Es war schnell klar, dass nach dem Knall etwas Dramatisches passiert sein musste." Sanitäter machten sich auf den Weg zum Gästeblock. Ein Sichtschutz wurde montiert, um verletzte Personen abzuschirmen. Was später von Offiziellen der TSG Hoffenheim geäußert wurde, bestätigt Krieger: "Im Stadion war bereits zu sehen, dass sich die Ultra-Szene der TSG, also der harte Kern der Fans, von der Böllerei sofort distanzierte." Hände gingen nach oben, um zu signalisieren, man habe damit nichts zu tun. Auch Transparente am Zaun wurden entfernt.
Böller im FCA-Stadion: Tatverdächtige kauften die Tickets an der Tageskasse
Nach bisherigen Erkenntnissen zählen sich die beiden Tatverdächtigen zu Hoffenheim-Fans. Sie hatten ihre Eintrittskarten an der Tageskarte erworben. So schildert es jedenfalls die TSG Hoffenheim. Bei Tickets, die online gebucht werden, hätte man die Namen der Verdächtigen vereinsintern gehabt. Hinweise von Zeugen führten bereits im Stadion zu einer vorläufigen Festnahme der Männer. Es handelt sich um zwei 28-Jährige aus dem Raum Göppingen. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion. Ein Sprecher der Polizei sagte am Donnerstag auf Anfrage: "Aus ermittlungstaktischen Gründen können wir wie üblich nicht darauf eingehen, ob und in welcher Art die beiden Tatverdächtigen Angaben zur Sache gemacht haben."
Unabhängig von einer möglichen Bestrafung durch ein Gericht hat die TSG Hoffenheim angekündigt, beide Männer mit einem lebenslangen Stadionverbot zu belegen. Diese Strafe kann ein Verein verhängen, wenn Fans aggressiv auftreten. Beim FCA gibt es eine eigene Kommission, die sich mit solchen Fällen befasst. Es gibt eine eigens ausgearbeitete Richtlinie, wie verfahren wird. Personen, die mit einem Stadionverbot belegt sind, könnten sich beispielsweise sozial engagieren. Ein entsprechendes Engagement würde das Strafmaß reduzieren. Zum Vorfall am Samstag wiederholt das FCA-Management, dass eine solche Tat in einem Fußballstadion nichts zu suchen habe.
Zu den 28.260 Stadionbesuchern am Samstag gehörte ein Teil der Schulfamilie des Maria-Stern-Gymnasiums an. Mehr als 300 Schüler und Lehrer hatten Freikarten bekommen, weil die Schule bei der Aktion "Stadtradeln" am erfolgreichsten abgeschnitten hatte. Vonseiten der Schule ist zu vernehmen, dass kein Beteiligter verletzt worden sei. Man hätte am Montag im Unterricht eine psychologische Betreuung angeboten. Diese sei aber nicht in Anspruch genommen worden.
Nächstes FCA-Heimspiel findet an einem Sonntagabend im Dezember statt
Bis zum nächsten Heimspiel des FCA dauert es eine Weile. Die Partie gegen Eintracht Frankfurt findet am Sonntag, 3. Dezember, um 19.30 Uhr statt. Die Gäste aus Hessen haben eine große Anhängerschaft. Ob sich bei Einlasskontrollen im Stadion etwas ändert, bleibt offen. Der FCA wird sich dazu mit Ordnungsbehörden austauschen. Betont wird von Vereinsseite, "dass wir uns mit Polizei und Sicherheitskräften in einem engen und sehr guten Austausch befinden". In Wintermonaten dauern Kontrollen generell länger, weil Zuschauer wärmer angezogen sind. Wer eine Mütze trägt, muss sie am Einlass kurz abnehmen.