An vielen Schulen in Augsburg ist Platz Mangelware. Oft sind bereits alle irgendwie nutzbaren Räume mit Schulklassen belegt. In manchen Schulen gibt es Wanderklassen, also Klassen, die gar nicht mehr über ein festes Klassenzimmer verfügen. Am Holbein-Gymnasium wurden bereits 13 Klassenzimmer an die naheliegende Ulrichschule ausgelagert. In den kommenden Jahren wird sich die Situation aufgrund steigender Schülerzahlen und der Umstellung auf das neunjährige Gymnasium noch zuspitzen. Die Stadt könnte sich eine Nachnutzung des Karstadt-Gebäudes als Bildungshaus vorstellen. "Es wäre eine Perspektive, um diesen räumlichen Engpässen begegnen zu können", sagt Bildungsbürgermeisterin Martina Wild (Grüne). Wenngleich die Zeit drängt.
Die Raumnot an vielen Augsburger Schulen ist groß. Nicht ohne Grund meldete sich Bernhard Stegmann, Schulleiter des Holbein-Gymnasiums, nach dem Karstadt-Aus zu Wort und sagte, dass das Gebäude unbedingt dahingehend geprüft werden solle, ob es nicht auch für das Holbein-Gymnasium genutzt werden könne, um die "aktuelle und zukünftig weiter ansteigende, sehr bedenkliche Raumnot abzumildern". Die SPD würde ebenfalls eine schulische Nutzung in den oberen Stockwerken des Karstadt-Gebäudes favorisieren. "Anbauten oder gar Neubauten sind in der Innenstadt in naher Zukunft nicht umsetzbar", sagte Stadträtin Tatjana Dörfler. Sie würde das Bildungshaus als Chance sehen, die Schulen schnellstmöglich zu entlasten. Dafür müsse das Bildungsreferat mit "Hochdruck" dahinter sein. "Mit gutem Willen und ein bisschen Kreativität müsste dieses Konzept umgesetzt werden können", sagt Dörfler.
Sing- und Musikschule Mozartstadt könnte Teil eines Bildungs- und Kulturkonzepts sein
Die Stadt ist sich der Raumnot an manchen Schulen bewusst. "Öffentlich verfügbare Grundstücke sind rar, gleichzeitig werden dringend neue Schulräume benötigt", sagt Bürgermeisterin Wild. Zudem stünden mittelfristig größere Sanierungsmaßnahmen bei diversen Innenstadtschulen an. Neben dem Holbein-Gymnasium nennt die Stadt auch das Maria-Theresia-Gymnasium und das Peutinger-Gymnasium, die an die Grenzen ihrer Aufnahmekapazität stießen. Wild: "Hinzu kommen Bert-Brecht-Realschule, Grundschulen im Innenstadtbereich, die mit wachsender Schülerschaft und zugleich wachsendem Bedarf an Ganztagsbetreuung umgehen müssen." Das Karstadt-Gebäude könnte wie in Lübeck eine Möglichkeit sein, diesen Problemen zu begegnen, so Wild. In der Hansestadt hat die Stadt das ehemalige Warenhaus gekauft und will es bis 2028 bezugsfertig machen. Dort sollen künftig vier Schulen, die ebenfalls an ihre Kapazitätsgrenzen geraten, Räume beziehen. Daneben werden auch Teile der Universität, ein Radiosender und verschiedene Start-ups in das Gebäude einziehen.
In Augsburg wäre auch eine andere Variante möglich: Die Stadt könnte sich vorstellen, dass die Räumlichkeiten im Karstadt-Gebäude als Ausweichquartier bei Schulsanierungen dienen könnten. Des Weiteren besteht bei der Sing- und Musikschule Mozartstadt Augsburg (SuMMA), die derzeit im Zeughaus untergebracht ist, aufgrund der hohen Nachfrage der Wunsch nach einer Erweiterung der Angebote und der Räume. Wild: "Die SuMMA könnte mit entsprechenden Angeboten ein Bildungs- und Kulturkonzept ergänzen."
Bürgermeisterin Wild: "Gerade für den Bereich Schule gibt es Schulbaurichtlinien"
Wild ist klar, dass die Umnutzung eines Warenhauses zu Klassenzimmern und für weitere mögliche Nutzungen eine große Herausforderung darstellt. "Gerade für den Bereich Schule gibt es Schulbaurichtlinien, die einzuhalten sind." Deshalb bedürfe es einer guten Vorplanung, die auch andere bildungs-, wirtschafts- und kulturpolitische Bedarfe im Blick behalte. Für Gedankenspiele bleibt aber nicht viel Zeit. Sobald die Jahrgänge für das neunjährige Gymnasium 2025/26 komplett sind, werden allein am Holbein-Gymnasium vier weitere Klassenzimmer benötigt. In den kommenden zehn Jahren wird sich der Raumbedarf nochmals immens vergrößern: Das gymnasiale Schulgutachten mache deutlich, dass die Anzahl der Klassen (Jahrgangsstufen 5 – 10) in Augsburg von aktuell 160 auf 187 im Jahr 2035 steigen wird. Für die Q-Phase (derzeit Jahrgangsstufe 11 und 12) werde ein Anstieg von aktuell 70 Klassen auf 114 Klassen prognostiziert.
Nachdem diese Entwicklung kein städtisches Phänomen ist und auch vor den Landkreisen nicht haltmacht, wurden seitens der Politik 2022 Gespräche über ein mögliches neues Gymnasium aufgenommen. Auf die Frage, was aus den Plänen geworden ist, antwortet Wild wenig konkret: "Insbesondere mit dem Landkreis Augsburg finden konstruktive Gespräche über eine gemeinsame Lösung der zunehmenden Schülerinnen- und Schülerschaft im gymnasialen Bereich statt."